Berlin. Einen Trend auf der Elektronik- und Hausgerätemesse IFA stellen sprach- oder gestengesteuerte Fernseher da. Der Medienexperte Siegfried Zielinski sieht das allerdings kritisch, dies würde zu Missverständnissen zwischen Nutzern und Geräten führen.

Der Medienexperte Siegfried Zielinski will auch in Zukunft nicht mit seinem Fernseher sprechen. "Ich bin ein großer Anhänger der klassischen Fernbedienung", sagte der Wissenschaftler von der Berliner Universität der Künste kurz vor Beginn der Elektronik- und Hausgerätemesse IFA. Neue Bedienungsarten wie Sprach- und Gestensteuerung sieht Zielinski skeptisch: Die sogenannte intuitiven Interfaces würden zur Erzeugung von Missverständnissen in der Kommunikation mit der Maschine neigen.

"Das größte Missverständnis ist, dass die Hersteller die Geräte so vorstellen, als würden sie zu uns gehören", sagte Zielinski. Die Fernbedienung dagegen helfe dabei, "das Bewusstsein wach zu halten, dass unser televisuelles Gegenüber ein Apparat und kein lebendiger Dialogpartner aus Fleisch und Blut ist". Er plädiere deshalb "für eine dramatische Schnittstelle, bei der ich noch erfahren kann, dass mein Gegenüber ein technisches Ding ist".

Medien als audiovisueller Supermarkt

Die durch Smart-TVs ermöglichte Programmvielfalt sieht der Wissenschaftler ebenfalls kritisch. Die aktuelle Medienlandschaft sei wie ein audiovisueller Supermarkt. "Alle haben die Möglichkeit, allen alles zu sagen und zu zeigen. Die allermeisten wissen nur nicht, was sie sagen oder zeigen sollen."

Beim Fernsehprogramm erkennt Zielinski zwei gegenläufige Trends. Riesige televisuelle Ereignisse aus Sport und Politik mit Hunderten Millionen Zuschauern stünden Spartenprogrammen gegenüber, an denen kleinere Gruppen und lose Gemeinschaften teilhätten. Die zunehmende Durchsetzung des TV-Programms mit Werbung sieht Zielinski dabei als Gefahr an. "Schon jetzt überbietet die Realität jegliche Vorstellung. Ich benutze in letzter Zeit manchmal den klassischen Begriff auch für kommerzielle Werbung: Propaganda", sagte Zielinski. (dapd)