Peking. Mehr als 600 Millionen Internetnutzer lassen in China das Online-Geschäft boomen. Keiner profitiert davon mehr als die Handelsplattform Alibaba, die im vergangenen Jahr mehr Verkäufe verzeichnete, als eBay und Amazon zusammen. Jetzt soll ein Börsengang Milliarden in die Kassen spülen.
Alibaba ist der größte Marktplatz der Welt. Der chinesische Internetgigant wickelt über seine Handelsplattformen vier Fünftel des Online-Geschäfts in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt ab. Über Taobao (Schatzsuche) hilft Alibaba kleinen Firmen, ihre Waren ans Milliardenvolk zu bringen. Und über sein virtuelles Einkaufszentrum Tmall verkaufen auch Weltunternehmen wie Walt Disney, Apple oder Nike ihre Produkte online direkt an Chinas Verbraucher.
Im vergangenen Jahr gab es bei Alibaba Verkäufe für umgerechnet 248 Milliarden Dollar und damit deutlich mehr als bei den amerikanischen Internetunternehmen eBay und Amazon zusammen. Ein typischer Kunde von Alibaba ist Hai Ying. "Ich tätige rund 90 Prozent meiner Einkäufe im Internet", sagt die viel beschäftigte Sekretärin. Von Mineralwasser über Hausgeräte oder die Atemschutzmaske gegen den Smog in Peking bis hin zu Konserven oder sogar frischen Lebensmitteln kauft die 27-Jährige online.
Gewinne sprudeln
"Es spart eine Menge Zeit - auch sind die Sachen billiger als im Laden", sagt Hai Ying, die sich bei Taobao oder Tmall zu Hause fühlt. Geliefert wird direkt in ihr Büro. "Ich kann wirklich alles online kaufen." Hai Ying ist damit nicht allein. "Meine Freunde machen es genauso - einige sind noch verrückter." Mit mehr als 600 Millionen Internetnutzern und einer wachsenden Mittelklasse in China boomt der Umsatz und sprudeln die Gewinne. Seit 2003 legte das Online-Geschäft um 120 Prozent jährlich zu, berichten McKinsey-Berater.
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Der Börsengang könnte den Wert von Alibaba nach Schätzungen auf 130 bis 240 Milliarden Dollar bringen. Das obere Ende der Spanne würde Platz vier auf der Liste der globalen Internetriesen hinter Apple, Google und Microsoft bedeuten. Läuft es nicht so gut, wäre Alibaba zumindest unter den zehn weltgrößten Tech-Firmen. In China selbst ist Alibaba nicht nur größer als der Rivale Tencent mit seinem populären WeChat-Dienst oder die Suchmaschine Baidu, sondern auch profitabler.
Bezahldienst Alipay
Die Kosten sind niedrig. Alibaba verkauft keine eigene Ware, sondern kassiert für Zugang zur Plattform und Werbung. Das Transaktionsvolumen stieg im vierten Quartal um 53 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Mobile Käufe machen schon ein Fünftel aus und legten um 7,4 Prozent zu. Nach eigenen Angaben hat Alibaba 136 Millionen aktive mobile Nutzer im Monat.
Der Bezahldienst Alipay ist zwar seit 2011 von der Gruppe und damit auch vom Börsengang ausgeklammert, doch laufen angeblich Gespräche über eine neuen Einstieg, was Alibaba für Anleger langfristig noch attraktiver machen könnte. Heute wird Alipay von einer Firma kontrolliert, in der Alibaba-Gründer Jack Ma 46 Prozent hält. Ihr gehört auch der mit 87 Milliarden Dollar größte chinesische Geldmarktfonds Yu'E Bao, der zu den fünf gewichtigsten der Welt zählt.
Expansion in viele Richtungen
Über das Smartphone lässt sich hier einfach Geld anlegen. Auch ist Yu'E Bao mit seinen Verzinsungen von 5 bis 8 Prozent eine ernste Herausforderung für die Staatsbanken geworden, die den Sparern nur magere 3 Prozent bieten. Chinas Zentralbank erwägt aber eine strengere Kontrolle solch neuer Finanzdienstleister und denkt über mögliche Mindestanforderungen für deren Kapitalreserven nach.
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Auch enthüllt der Börsenprospekt, dass Chinas Notenbank sogar eventuelle Beschränkungen für die Höhe einzelner und jährlicher Transaktionen über Alipay in Erwägung zieht. Das wäre ein ernstes Problem, weil der Bezahldienst nicht nur Geschäfte über die Handelsplattformen, sondern auch andere Überweisungen abwickelt - insgesamt 519 Milliarden Dollar im vergangenen Jahr.
Noch bevor der Börsengang die Milliarden bringt, wird heute schon kräftig in viele Richtungen expandiert. Alibaba stieg bei dem twitterähnlichen größten chinesischen Mitteilungsdienst Weibo ein, ist bei Cloud-Diensten (Aliyun) aktiv oder kaufte gerade für 1,22 Milliarden Dollar einen Anteil an der größten Videoplattform Youku Tudou. Chinesische Anbieter florieren auch deshalb, weil westliche soziale Netzwerke wie Twitter, Facebook oder YouTube in China von der Zensur gesperrt und damit vom Geschäft ausgeschlossen sind. (dpa)