Mülheim/San Francisco. Mit per Photoshop manipulierten Fotos von sich mit US-Stars und erfundenden Arbeitserfolgen hat sich eine junge Frau aus Mülheim in die IT-Szene des kalifornischen Silicon Valley geschummelt. Ein US-Blog enttarnte Shirley Hornstein, jetzt entschuldigt sie sich öffentlich. “So lange ich denken kann, habe ich gelogen.“ Die verblüffende Geschichte einer Hochstaplerin.
Auf dem einen Bild strahlt sie neben Justin Timberlake in die Kamera, auf dem anderen umarmt sie einen US-Comedian. Bis zum Sommer des vergangenen Jahres schien es für Shirley Hornstein nur einen Weg zu geben: nach oben. Geboren in Mülheim an der Ruhr - so schreibt sie es auf ihrem Facebook-Profil -, tummelt sich die junge Frau nach ihrem Uni-Abschluss in den USA auf Partys im Silicon Valley, macht sich einen Namen als "Unternehmerin". Allein: Die Bilder mit den Stars, die sie von sich bei Facebook und Instagram hochlädt, sind genauso unecht wie viele Geschichten, die Hornstein von sich verbreitet. Es ist Ende August 2012, da fliegt sie als Hochstaplerin auf.
Ein Autor des US-Blogs TechChrunch war misstrauisch geworden, hatte nachgeforscht - und enttarnte Shirley Hornstein als Lügnerin. "Die talentierte Miss Hornstein" nennt er sie in seinem Artikel, angelehnt an die Romanfigur des "talentierten Mr. Ripley", der mit einer gestohlenen Identität ein Luxusleben führt.
Angeblich an der Gründung von Dropbox beteiligt
Und tatsächlich dokumentiert der Blogger ausführlich, wie Hornstein die IT- und Technologie-Szene in Kalifornien an der Nase herumführte. Zeigt die vermeintlichen Schnappschüsse mit den berühmten Kumpels - und die echten Originalbilder ohne Shirley Bornstein. Mithilfe der vermeintlich guten Kontakte und erfundenen Berufs-Erfolgen habe die junge Frau neue Bande geknüpft.
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So soll Hornstein erzählt haben, sie sei an der Gründung des Web-Speicherdienstes Dropbox und anderen Internet-Startup-Unternehmen beteiligt gewesen. Eine Bemerkung hier, eine Lüge dort - das ganz spezielle Networking-System funktionierte offenbar zunächst. So gut, dass das Blog "Tech Cocktail" sie im Mai 2012 auf der Liste der 105 wichtigsten weiblichen Startup-Investorinnen auf Platz 33 packte - ohne genauer zu begründen, warum.
Alle belogen und manipuliert - auch sich selbst
Eine Lüge indes war offenbar zu groß: "Founders Fund", eine Risikokapitalfirma aus San Francisco, wehrte sich juristisch gegen Hornsteins Behauptung, sie arbeite für und mit dem Unternehmen.
"Kurz gesagt: Mein Kartenhaus ist zusammengefallen", sagt Hornstein jetzt, gute fünf Monate nach ihrer Enttarnung. Nachdem TechCrunch sie als Lügnerin geoutet habe, habe sie Demütigung und Verurteilungen erfahren. "Ich habe meinen Job verloren, meine Freunde. Mein Leben ist über mir zusammengebrochen."
"Eine aufrichtige Entschuldigung" hat die junge Frau ihren ausführlichen Blog-Eintrag Ende Januar genannt. "So lange ich denken kann, habe ich gelogen", schreibt sie da. Sie habe ihr ganzes Leben damit verbracht, "alle um mich herum zu belügen, zu betrügen und zu manipulieren - mich selbst eingeschlossen".
Irgendwann "geriet alles außer Kontrolle"
Was folgt, sind Erklärungsversuche - die Geschichte von einer, die dazugehören wollte. "Ich bin unglaublich unsicher", schreibt Hornstein. Lügen sei ihre Art gewesen, damit fertigzuwerden, "weil es mir erlaubte, all das zu verdecken, was ich an mir selbst hasste" - unter anderem die "Angst, unwichtig zu sein". Irgendwann hätte sich alles verselbständigt: Je größer die Lügen wurden, desto mehr habe sie ihr Verhalten daran angepasst. "Alles geriet außer Kontrolle."
Jetzt aber, beteuert Shirley Hornstein in ihrem Blog-Post, wolle sie ihr Leben wirklich ändern: Erstmals habe sie sich professionelle Hilfe gesucht und die vergangenen fünf Monate damit verbracht, ihre Unsicherheiten aufzuarbeiten. "Ich denke, es ist noch nicht zu spät, dass ich der Mensch werde, der ich gerne wäre." Zum Beispiel: Shirley Hornstein, die aus Mülheim an der Ruhr in die USA zog, um ihren Weg zu finden. Diesmal vielleicht ohne Photoshop.