Tokio. . Mit der Umstellung von Google Maps auf sein eigenes Kartensystem hat sich der US-Technologiekonzern Apple viel Häme bei Nutzern ausgesetzt. Die Karten haben reichlich Fehler. Im Konflikt um die Inseln im Ostchinesischen Meer zwischen Japan und China wiederum könnte Apple friedensstiftend wirken.

Schmelzende Brücken, falsch gesetzte Ortsmarken, große Städte vom Erdboden verschluckt: Der US-Technologiekonzern Apple blamiert sich mit seinem ersten eigenen Kartendienst, der im neuen Multimediahandy iPhone 5 die beliebte Anwendung Google Maps ablöst. Nutzer reagierten mit Galgenhumor auf die Pannen, Branchenkenner schüttelten den Kopf über die unprofessionelle Software.

Im Streit zwischen China und Japan um eine Handvoll unbewohnter Inseln könnte der US-Konzern mit seinem Kartendienst jedoch ungewollt eine diplomatische Lösung gefunden haben. Wie japanische Blogger am Samstag berichteten, erscheinen bei dem Kartendienst die umstrittenen Inseln im Ostchinesischen Meer einfach in zweifacher Ausführung nebeneinander: einmal mit dem japanischen Namen Senkaku und einmal mit der chinesischen Bezeichnung Diaoyu.

Inseln in doppelter Ausführung - für China und für Japan

"Die Karte bietet die Inseln für jedes Land in eigener Ausführung an. Ist das Apples Botschaft an uns Zivilisten, dass wir uns nicht in einen sinnlosen Streit hineinziehen lassen sollen?", schreibt ein japanischer Internaut. Der Territorialdisput eskalierte jüngst, nachdem die japanische Regierung drei der Inseln aus japanischem Privatbesitz aufgekauft hatte. Bei landesweiten Protesten in China kam es wiederholt zu Übergriffen auf japanische Autos, Geschäfte und Restaurants.

Unterdessen muss sich der Elektronikriese Apple derzeit zumeist mit Häme auseinandersetzen: Das Verkehrsministerium im US-Bundesstaat Washington versicherte den Menschen etwa über den Online-Kurznachrichtendienst Twitter, dass die Tacoma-Narrows-Brücke nicht geschmolzen sei - auch wenn es auf den verzerrten Satellitenfotos des Apple-Kartendienstes den Anschein habe. In England fehlt laut einem BBC-Bericht die Stadt Stratford-upon-Avon, der Geburtsort des Schriftstellers William Shakespeare. In Irland markiert das Programm eine Farm mit dem Namen Airfield als Flughafen.

Nürnberg nach Wien verlegt, Göteborg verschwunden

Mit teils bissigen Kommentaren tauschten Nutzer in sozialen Netzwerken ihre Erfahrungen mit dem neuen Kartendienst aus, der Teil von Apples neu aufgelegtem Mobilbetriebssystem iOS 6 ist. Auf dem Mikroblogging-Dienst Tumblr enstand eine Seite mit dem Namen "Diese erstaunlichen iOS 6-Karten". Auf einem Bild wird dort der Justizpalast in Wien mit der Ortsmarke Justizpalast Nürnberg versehen. Schwedens zweitgrößte Stadt Göteborg scheine sich in Luft aufgelöst zu haben, schrieb ein weiterer Nutzer und fügte ein Beweisfoto an.

"Apple hat ein neues Produkt gemacht, das schön aussieht, aber dumm ist", schrieb Anil Dash, Mitgründer der New Yorker Technologie-Beratungsfirma Activate, in seinem Blog. Noch schlimmer sei, dass Apple ungeachtet der schlechteren Qualität der eigenen Anwendung seine Position dazu nutze, um den Kartendienst der Konkurrenz auszubooten.

Der auf die Technologiebranche spezialisierte Marktforscher Greg Sterling erklärte, dass Apple "schmerzhafte Prügel" für sein neues Kartenprogramm einstecken müsse. "Es ist verwunderlich, dass das Produkt so voller Pannen ist. Man würde doch denken, dass das Unternehmen einige Hinweise auf die Probleme von den Entwicklern bekommen hätte, die das neue OS seit mehreren Monaten haben", sagte Sterling. Apple bat die Nutzer unterdessen um Geduld mit dem Kartenprogramm. "Wir verbessern es ständig", sagte Sprecherin Trudy Muller. (afp)