San Francisco. Missverständliche Juristensprache sorgt für einen Aufschrei in der Netzgemeinde. Die notwendigen Rechte für die Erbringung des Cloud-Dienstes Google Drive stehen im Verdacht, Urheberrechte zu verletzen.
Die Zeiten, in denen die Nutzer Google - dem Konzern mit dem inoffiziellen Motto "Don't
be evil" (Sei nicht böse) - blind vertraut haben, sind offenbar vorbei. Noch am
selben Tag, als Google am Dienstag seine
Online-Festplatte "Google Drive" für die Nutzer freigab, sorgten die
Nutzungsbedingungen im Internet für Aufregung. Technik-Blogs und Twitter-Nutzer
nahmen die Bestimmungen unter die Lupe und entdeckten Passagen, die danach
klangen, als würden alle auf "Google Drive" gespeicherten Daten automatisch zum geistigen
Eigentum des Suchmaschinenkonzerns. Wie sich herausstellte, waren diese Sorgen
wahrscheinlich unbegründet.
Die in den englischen Nutzungsbedingungen enthaltenen Bestimmungen
sind offenbar juristische Standardformulierungen, die Google die notwendigen Rechte einräumen, um die
angepriesenen Dienste auch durchführen zu können. Die Art und Weise, wie Google in seinen Datenzentren die von Nutzern
hochgeladenen Daten speichert und verarbeitet, erfordert die Rechte, die Dateien
zu "speichern, auf Servern zu hosten und zu reproduzieren". Wenn ein Kollege
eines dieser Dokumente öffnet und es in einer anderen Sprache lesen oder
Anmerkungen machen will, benötigt Google die
Rechte, es zu "übersetzen, anzupassen und andere Veränderungen
durchzuführen".
"Google is your Friend"
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Selbst für alltägliche Vorgänge wie das Anschauen eines Videos oder
das Herunterladen eines Textdokuments in einem Internetcafé benötigt Google die Rechte, die Inhalte "öffentlich aufzuführen"
und "öffentlich zugänglich zu machen". Das bedeutet allerdings nicht, dass Google die Arbeit eines Drehbuchautors, der ein Skript
bei "Google Drive"
hochgeladen hat, nimmt und daraus einen Film macht - selbst wenn die
juristischen Formulierungen den Anschein erwecken, als dürfte Google das.
Einräumung der umfangreichen Rechte ein notwendiges Übel
"Unsere Nutzungsbedingungen ermöglichen uns, Ihnen die Dienste
anzubieten, die Sie wollen - wenn Sie sich also dazu entscheiden, ein Dokument
mit anderen zu teilen oder es an einem anderen Gerät öffnen, können Sie dies
tun", teilte Google am Mittwoch mit.
10 Tipps für Google
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Doch selbst scharfsinnige Leser der Nutzungsbedingungen können von
den undurchsichtigen juristischen Formulierungen verwirrt werden. Die Konfusion
über die Nutzungsbedingungen Googles gingen vor allem von einer Textpassage aus,
in der steht, dass jeder, der Inhalte auf "Google
Drive" hochlädt, dem Konzern "eine weltweite
Lizenz zur Nutzung, Speicherung, Reproduktion, Modifikation, Herstellung davon
abgeleiteter Werke (wie sie aus Übersetzungen, Adaptionen und andern
Veränderungen resultieren, die wir machen, damit Ihre Inhalte besser mit unseren
Diensten zusammenarbeiten), Kommunikation, öffentliche Aufführung und
Verteilung" der Daten einräumt.
Für die "New York Times" war diese Passage Anlass zur Sorge genug, um
ihre rund 1.000 Mitarbeiter in den Redaktionen zu warnen. Sie sollten keine
Dateien auf dem "Google Drive" ablegen, bis man besser verstehe, was es mit den
juristischen Folgen der Nutzungsbedingungen auf sich habe, hieß es.
Google garantiert Unversehrtheit
der Eigentumsrechte
Die ganze Aufregung wäre aber wohl kaum entstanden, wäre der vor der
umstrittenen Passage stehende Absatz genauso aufmerksam gelesen worden. Dort
schreibt Google: "Sie bleiben im Besitz aller
intellektuellen Eigentumsrechte, die Sie an den Inhalten besitzen. Kurz: Was
Ihnen gehört, bleibt Ihres."
Ein weiterer Punkt, der in der Aufregung übersehen wurde, war, dass
ähnliche Bestimmungen bereits seit dem 1. März für andere Google-Dienste gelten, ohne dass sich jemand groß daran
gestört hätte. Auch andere Anbieter von Cloud-Diensten wie Microsofts "SkyDrive"
oder "Dropbox" haben ähnliche Passagen in ihren Nutzungsbedingungen. Die
Lizenzanforderungen sind "ein Produkt eines Urheberrechts, das in unserer
modernen Welt nicht länger funktioniert und keine bösen Absichten von Google", urteilt so auch die für die
Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation tätige und auf
Urheberrecht spezialisierte Anwältin Corynne McSherry.
In den deutschen Nutzungsbedingungen von Google ist die Formulierung deutlich weniger
missverständlich als im englischen Text. Dort steht, die Einräumung der Rechte
erfolge "ausschließlich zum Zweck der Erbringung des jeweiligen Dienstes und
lediglich in dem dafür nötigen Umfang".
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