Essen/Hilden. . Empfehlungen bei Facebook kommen von den Menschen, denen wir vertrauen. Eine neue Website will das nun ausnutzen: Über das soziale Netzwerk kann man seine Freunde auffordern, zur Vorsorgeuntersuchung beim Arzt zu gehen.

Mein Frauenarzt ist ein Nerd. Die Sorte Mensch, die Dinge sagt wie „Ach, Sie sind Onlinerin, mit was für einem CMS arbeiten Sie denn da?“ (Das CMS, die Druckmaschine des Onlinejournalisten, macht aus Texten eine Website.) Oder: „Ich hab’ da eine Idee, richtig gut funktioniert die nur mit Facebook.“ Natürlich soll man seinem Arzt immer zuhören. Spätestens bei „Facebook“ hab’ ich es getan.

Die Idee entpuppte sich als eine Internetseite, mit der Frauen ihre Mütter, Töchter, Freundinnen zur Krebsvorsorge einladen können. Per Mail, per Facebook, wie es passt. „Worauf hören Sie eher - auf ein Schreiben von ihrer Krankenkasse oder auf eine Bitte von jemandem, der Ihnen nahe steht?“ - die Argumentation spiegelt wider, was jeder Onlinejournalist predigt: Bei Facebook profitieren wir davon, dass Leser unsere Texte verbreiten - und so zu Fürsprechern werden. Netzwissen. Nerdwissen.

Beratung zur Brustkrebsvorsorge im Sankt-Anne-Hospital Wanne-Eickel  Foto: Ute Gabriel / WAZ FotoPool
Beratung zur Brustkrebsvorsorge im Sankt-Anne-Hospital Wanne-Eickel Foto: Ute Gabriel / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool

Zwar will www.vorsorge-ist-fuersorge.de weder ein Krebs- noch ein Frauenportal sein. Auch Männer können sie nutzen, auch für andere Vorsorgeuntersuchungen - und übrigens auch, um sich selbst per Mail an den Arztbesuch erinnern zu lassen. Auslöser für die Entstehung der Seite aber war die Geschichte einer Frau, die 20 Jahre nicht mehr zur Vorsorge beim Frauenarzt gegangen war. Nach Drängeln ihrer Tochter ging sie schließlich wieder hin, doch da war ihre Brustkrebs-Erkrankung bereits weit fortgeschritten. Die Frau ist inzwischen gestorben.

Die Patientenzahl bei Vorsorgeuntersuchungen ist rückläufig. Hinter der Aktion, die Seite ins Leben zu rufen, steckt also natürlich auch berufspolitisches Interesse, denn Ärzte brauchen Patienten. Für den Besuch einer bestimmten Praxis wird aber nicht geworben.

„Je nachdem, wer es sagt, kann Nerd eine Beleidigung oder eine Auszeichnung sein“, schrieb ein Kollege mal. In diesem Fall ist es wohl letzteres.