Essen. Freizügige Bilder werden von Facebook meist innerhalb kurzer Zeit gelöscht - rassistische Kommentare und Beiträge hingegen bleiben häufig sichtbar.

In den unendlichen, anonymen Weiten des Internets trauen sich Menschen Meinungen zu vertreten, die sie in einem direkten Gespräch so vermutlich nicht äußern würden. Online haben sie keine Scheu: Nazi-Seiten, Bürgerwehren und Initiativen gegen Flüchtlingsheime häufen sich in sozialen Netzwerken. Seit mehr Flüchtlinge nach Deutschland kommen, werden auch bei Facebook scheinbar immer mehr rechtsextreme Kommentare unter Beiträgen zu Asylbewerbern und der Flüchtlingssituation verfasst. Andere Nutzer sind fassungslos und melden die ausländerfeindlichen Äußerungen. Häufig aber ohne Erfolg.

Dabei ist in den Gemeinschaftsstandards des sozialen Netzwerks eindeutig festgehalten, dass sämtliche Hassbotschaften entfernt werden. Gemeint sind alle Inhalte, die Personen aufgrund von Rasse, Ethnie, religiöser Zugehörigkeit, sexueller Orientierung oder schweren Behinderungen direkt angreifen. Allerdings sind sich das Unternehmen und seine Nutzer nicht immer ganz einig, wenn es um die Umsetzung dieser Standards geht. In der vergangenen Woche hatte Twitter-User Martin Schmitt vergeblich versucht, einen rechtsextremen Beitrag auf Facebook löschen zu lassen. Zum Test meldete er dann auch das Bild eines halbnackten Mannes. Es wurde umgehend entfernt.

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Einheitliche Regelungen für 1,4 Milliarden Nutzer weltweit

Dass Facebook ein großes Problem mit nackter Haut hat, ist nichts Neues. Wie kann es aber sein, dass Bilder wie diese innerhalb weniger Stunden gelöscht werden, während Hetz-Kommentare sichtbar bleiben? Ein Grund dafür ist, dass das Unternehmen seinen Sitz in den USA hat. Hier gelten andere Gesetze und gesellschaftliche Normen.

So mag es für deutsche Nutzer manchmal nicht nachvollziehbar sein, wenn ein Bild, das ihnen harmlos erscheint, gelöscht wird. Mit dem Thema Sexualität gehen die Amerikaner im Vergleich zu deutschen Verhältnissen aber eher vorsichtig um: Selbst entblößte Brustwarzen sorgen dort immer noch für Unruhe. "Auch im Umgang mit Nationalsozialismus sind die amerikanischen Gesetze weiter gefasst", sagt Rechtsanwalt Michael Terhaag.

Facebooks Regelungen gelten aber einheitlich für alle Länder, in denen die 1,4 Milliarden Nutzer leben. "Dieses Problem besteht auch bei anderen Unternehmen mit Sitz in den USA, dessen Nutzungsbedingungen für alle Nutzer weltweit gültig sind", sagt der Düsseldorfer Rechtsanwalt Michael Terhaag.

Facebook setzt auf die Hilfe der Nutzer

"Wichtig ist, dass die Menschen jegliche Inhalte, die gegen die Richtlinien von Facebook verstoßen, melden können", sagt eine Facebook-Sprecherin. Daraufhin werde der entsprechende Beitrag von einem Team überprüft und anschließend eine passende Maßnahme ergriffen. Außerdem verweist sie auf einen ausführlichen Leitfaden zum Meldeverfahren, der auf Facebook Deutschland zur Verfügung steht.

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Dort heißt es: "Einige Facebook-Teams arbeiten rund um die Uhr an sieben Tagen pro Woche daran, die an Facebook gesendeten Berichte zu bearbeiten." Zuständig für die Überprüfung gemeldeter Beiträge ist demnach ein User Operations-Team (UO), das in vier einzelne Gruppen unterteilt ist. Diese Gruppen sind für bestimmte Berichtsarten zuständig: Sicherheit, Hass und Belästigung, Zugriff und das Team für missbräuchliche Inhalte. Wenn also jemand wie der Twitter-Nutzer Martin Schmitt einen Inhalt wegen Hassbotschaften und -symbolen meldet, prüft das Team für Hass und Beleidigung diesen Bericht und bewertet ihn.

Auf Anfrage erfährt man außerdem, dass Muttersprachler diese Beiträge überprüfen, um vermeintlich unpassende Aussagen richtig einordnen zu können. Klar, wo Menschen arbeiten, passieren auch Fehler. Aber kann es wirklich sein, dass ein Facebook-Mitarbeiter Aussagen wie die des oben abgebildeten Beitrags als tolerierbar einstuft? Facebook selbst gibt keine Auskünfte zu konkreten Fällen. Michael Terhaags Antwort auf diese Frage ist aber eindeutig: "Da kann es keine zweite Meinung geben." Man könne Beiträge wie diese zur Anzeige bringen - mit guten Aussichten auf Erfolg.

Auch bei Anfeindungen im Netz drohen Geldstrafen

Denn selbst wenn Facebook die rassistischen Beiträge einiger Nutzer nicht löscht - ein straffreier Raum ist das Internet schon lange nicht mehr. Als im November 2014 auf Facebook um Sachspenden für Asylbewerber gebeten wurde, hinterließ ein 25-Jähriger dazu einen rechtsextremen Kommentar. Am Dienstag verurteilte ihn das Amtsgericht Passau wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von 7500 Euro. Außerdem ist eine Anzeige gegen einen Kfz-Lehrling aus Österreich in Bearbeitung, weil er bei Facebook ein Foto der sechsjährigen Dunja aus Syrien rassistisch kommentierte. Seinen Job bei Porsche ist er damit los.