München/Berlin. Auf Wohnzimmertischen herrscht oft Chaos. Fernbedienungen für Fernseher, Set-Top-Boxen, Blu-ray-Player und andere Geräte stapeln sich dort. Kann eine einzige Universalfernbedienung Ordnung schaffen? Oder sind Apps für Smartphones und Tablet-Computer eine Alternative?
Heimkino-Fernbedienungen haben ein klares Freizeit-Defizit. Allein die «Schaltolette» für den Fernseher ist im bundesdeutschen Durchschnittshaushalt täglich 242 Minuten im Einsatz. Diese Sehdauer hat Media Control für alle Zuschauer ab 14 Jahren im ersten Halbjahr 2013 ermittelt. Jeder weiß aus Erfahrung: Vor dem TV nervt jeder Griff zu einer anderen Schalteinheit. Eine praktische Anschaffung ist deshalb die Universalfernbedienung.
«Bei den klassischen Infrarotfernbedienungen gibt es vorprogrammierte und lernfähige, solche mit und ohne LCD- beziehungsweise Touchscreen», erklärt Roland Seibt, stellvertretender Chefredakteur der Zeitschrift «Video». Weit verbreitet seien vorprogrammierte Fernbedienungen. Diese haben insgesamt mehrere Tausend Infrarotbefehle für eine Vielzahl unterschiedlicher Gerätetypen und Hersteller gespeichert. Die Programmierung erfolgt über einen Zahlencode, wobei die jeweilige Tastenbelegung fest vorgegeben ist.
Zukunftssicher sind Topmodelle mit USB-Buchse
«Bei einigen Modellen funktioniert die Suche nach dem Code sogar semiautomatisch», sagt der Experte. «Man drückt so lange die Powertaste der lernfähigen Fernbedienung, bis sich das Gerät einschaltet.» Die Lernfunktion arbeitet über einen Infrarotempfänger, der die Befehle der Originalfernbedienung auswertet. Vorteil: Auf diese Weise können einzelne Tasten individuell angelernt werden. Zukunftssicher sind Topmodelle mit USB-Buchse zum PC-Anschluss. So können diese auch später Befehle von Geräten erlernen, die es zum Zeitpunkt des Kaufs der Fernbedienung noch gar nicht gab.
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Seibt rät, sich vor dem Kauf eines universellen Steuerstabs einmal genau anzuschauen, welche Tasten welcher Fernbedienung man wirklich regelmäßig braucht. Das erleichtere die Auswahl. Selbst bei den preiswerten vorprogrammierten Modellen stehen oft die Handbücher im Internet. Hier sollte man nachschauen, ob Codes für die gewünschten Geräte vorhanden sind. Die Preisspanne ist riesig: Ganz einfache Universalfernbedienungen sind bereits ab 5 Euro erhältlich, für voll programmierbare Luxusvarianten sind bis zu 500 Euro fällig. Wie viel man ausgeben will, ist eine Frage der persönlichen Ansprüche. Vernünftige Modelle mit farbigem Touchscreen gibt es ab etwa 60 Euro.
Geräte schalten sich gegenseitig ein, aus oder um
Einzelne Hersteller erhöhen auch den Bedienkomfort, indem man mit einer Fernbedienung mehrere Geräte kontrollieren kann. Hierbei spielt der Standard HDMI-CEC (Consumer Electronics Control) eine wichtige Rolle. Dabei handelt es sich um ein in der HDMI-Anschlussnorm berücksichtigtes Steuersystem, das bei jedem Hersteller anders heißt, meist aber gut zusammenarbeitet, erklärt Seibt. Durch diese Technik schalten sich Geräte vollautomatisch gegenseitig ein, aus oder um. So reicht das Einlegen einer Blu-ray, um den AV-Receiver und das TV-Gerät einzuschalten, woraufhin die richtigen Quelleingänge gewählt werden. Im besten Fall erkennt das TV-Gerät, dass es seinen Ton abschalten kann, weil der AV-Receiver aktiv ist.
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Durch den Smartphone- und Tablet-Boom hat die klassische Fernbedienung Konkurrenz bekommen. Einer repräsentativen Umfrage des Branchenverbands Bitkom zufolge setzt bereits jeder Zehnte seinen Tablet-Computer als Fernbedienung für Fernseher oder Musikanlage ein. In der Regel müssen die Apps des jeweiligen Herstellers verwendet werden. «Die sind deutlich komplexer, als für eine simple Bedienung nötig wäre», nennt Seibt eine der Schwächen der noch jungen Steuermethode. Weiterer Nachteil: Die Apps funktionieren über WLAN, was zusammen mit dem aktiven Display arg am Akku des Tablets zehrt. Wer viel umschaltet, elektronisch Programmführer nutzt und Inhalte streamt, muss die Tablet-Fernbedienung schnell ans Netz hängen.
Apps fehlt Komfort
Außerdem bemängelt Seibt den fehlenden Komfort: «Es ist sehr anstrengend für die Augen, alle paar Sekunden auf das nahe Smartphone und den weit entfernten Fernseher zu fokussieren.» Im Vergleich dazu sei das Handling von bis zu vier Fernbedienungen oder einer Universalfernbedienung deutlich schneller und bequemer. Erst bei weiterführenden Anwendungen wie der Eingabe von Text oder der Steuerung eines Mauszeigers auf dem TV-Bildschirm seien Smartphone und Tablet dem klassischen Steuerstab überlegen.
Auf der anderen Seite integrieren aber auch immer mehr Hersteller zu Fernbedienungszwecken Infrarotsender in Tablets und Smartphones. Und es gibt sogar neue DECT-Schnurlos-Telefone mit Android-Betriebssystem und WLAN. Wird die passende App installiert, kann man etwa während des Gesprächs die TV-Lautstärke regeln oder eine Blu-ray starten. (dpa)