Berlin. Ein Autounfall - und dann will die Versicherung noch nicht einmal zahlen. In solchen Fällen hilft oft nur ein Gericht. Preiswerter allerdings ist der Gang zum Ombudsmann. Die Versicherungsunternehmen halten sich häufig an die Schlichtersprüche.
Weswegen der Mann in der Dusche fiel, ist bis heute unklar. Sicher ist, dass er durch die Glastür stürzte und dabei ums Leben kam. Er hinterließ eine Frau und Kinder. Und ein großes Problem: Da es sich nicht mehr feststellen ließ, ob er auf nassen Fliesen ausrutschte - also einen Unfall hatte - oder vorher einen Schwächeanfall erlitt, weigerte sich die Unfallversicherung zu zahlen. Die Witwe wandte sich an den Versicherungsombudsmann. Denn wenn Verbraucher eine Entscheidung ihrer Versicherung anzweifeln, sind Schlichter oft die letzte Instanz vor einem Gerichtsverfahren.
Hat eine Versicherung einen Anspruch abgelehnt, gibt es ehrenamtliche Instanzen, an die sich Versicherte wenden können. Der Versicherungsombudsmann in Berlin kann bei Beschwerden zu Hausrat-, Gebäude-, Haftpflicht- und Rechtsschutzversicherungen helfen, genauso wie bei Unfall-, Lebens-, Renten- und Berufsunfähigkeitsversicherungen. Die Verfahren sind für Verbraucher gebührenfrei, abgesehen von eigenen Kosten, zum Beispiel für Porto und Telefongespräche.
Richter folgen häufig dem Rat des Ombudsmanns
Die Privaten Kranken- und Pflegeversicherungen haben ihren eigenen Ombudsmann, ebenfalls mit Sitz in Berlin. Auch hier ist das Verfahren gebührenfrei. Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherungen verweist auf das Beschwerdemanagement der einzelnen Kassen. «Außerdem kann durch die Satzung der einzelnen Krankenkasse die Wahl von Versicherungsältesten vorgeschrieben werden, möglich ist auch die Wahl von Vertrauenspersonen der Arbeitgeber», sagt Ann Marini vom GKV-Spitzenverband in Berlin.
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«Wir haben gute Erfahrungen mit dem Versicherungsombudsmann gemacht», sagt Erk Schaarschmidt von der Verbraucherzentrale Brandenburg in Potsdam. Der Ombudsmann sei zwar letztlich eine von den Unternehmen initiierte Instanz. Doch er wahre seine Unabhängigkeit. Akzeptiere der Versicherte den Schlichterspruch nicht, könne er nur noch vor Gericht ziehen. Allerdings folgten die Richter häufig dem Rat des Ombudsmanns.
Schaden so schnell wie möglich anzeigen
Schaarschmidt rät dazu, sich vor einem Gerichtsverfahren zunächst einmal von einem Fachanwalt über die Erfolgsaussichten beraten zu lassen. Da allerdings selbst eine anwaltliche Erstberatung nicht preiswert sei, müsse sich der Versicherungsnehmer überlegen, ob der Streitwert diesen Aufwand rechtfertige.
17.263 Beschwerden sind beim amtierenden Versicherungsombudsmann Günter Hirsch 2012 eingegangen. Etwa 3,5 Monate dauerte es im Schnitt, bis er alle Unterlagen geprüft hatte und zu einem Schlichterspruch kam. Um Streit mit der Versicherung zu vermeiden, rät Hirsch - ehemals Präsident des Bundesgerichtshofs - Verbrauchern unter anderem, einen Schaden so schnell wie möglich anzuzeigen. «Eine Ursache für Querelen ist immer wieder, dass Versicherungsnehmer nicht sofort die Kommunikation mit dem Unternehmen suchen.» Bei einem Autounfall müsse der Besitzer oft klären, ob er sein Fahrzeug in die nächste Werkstatt bringen dürfe oder ob die Versicherung eine bestimmte Werkstatt vorgebe. Auch müsse vielleicht ein Gutachter den Schaden beurteilen, bevor er beseitigt werde.
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Auch der Ombudsmann der Privaten Krankenversicherungen, Helmut Müller in Berlin, rät dazu, rechtzeitig mit der Versicherung Kontakt aufzunehmen. Unternehmen und Kunden stritten zum Beispiel häufig darüber, wer die Kosten für medizinische Hilfsmittel oder Nahrungsergänzungsmittel tragen muss. Konflikte gebe es auch, wenn Versicherungen bestimmte Behandlungen nicht zahlen wollten, weil sie sie nicht für medizinisch notwendig halten. «Ich empfehle, sich vorher einen Kostenvoranschlag geben zu lassen und die Versicherung zu fragen: «Zahlt ihr das?», sagt Müller.
Genau hinsehen
«Wir erleben häufig, dass der Kunde meint, er hat einen Anspruch», sagt Stephan Schweda vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in Berlin. Bei genauerem Hinsehen stelle sich aber heraus, dass der Schaden gar nicht mitversichert sei oder zumindest nicht in diesem Umfang. Wenn etwa eine Hausratversicherung zusichere, im Falle eines Einbruchs gestohlene Geräte «in gleicher Art und Güte» zu ersetzen, heiße das nicht, dass der Kunde automatisch den Kaufpreis erhalte. Es bedeute lediglich, dass der Versicherungsnehmer so viel Geld erhalte, dass er beispielsweise einen Laptop kaufen könne, der genauso leistungsstark sei wie der, der ihm gestohlen wurde.
Im Fall des in der Dusche verstorbenen Mannes konnte Hirsch der Witwe helfen. Er habe dem Versicherer deutlich gemacht, dass es der Frau unmöglich sei, die Ursache für den Sturz nachzuweisen und sie auf das Geld angewiesen sei. «Der Versicherer verzichtete letztlich auf die Beweisführung und zahlte», erzählt Hirsch. (dpa)