In der Nachkriegszeit landeten Kaninchen als Sattmacher auf dem Tisch. Heute wird das helle Fleisch auf mediterrane Art gegart und zum Genuss.
Kaninchenfleisch ist kein einfaches Thema – zu niedlich sehen die Langohren aus, zu oft werden sie als Haustier gehalten. „Bei uns hat es früher nie Kaninchen gegeben,“ sagt Lukas Großmann, gelernter Koch und Foodstylist, und erzählt die Geschichte seines Vaters, die wohl ganze Generationen so ähnlich erzählen können. Vater Großmann hielt als Kind Kaninchen.
An Ostern, nach dem Sonntagsbraten, war der Stall plötzlich leer. Als der Bub nach den Haustieren fragte, hörte er nur: „Haben wir gegessen!“ Der Schock saß so tief, dass sein eigener Sohn erst in der Kochausbildung mit Kaninchenfleisch in Berührung kommen sollte.
Der Geschmack von Kaninchen erinnert an Geflügel
Tatsächlich hielten viele Menschen gerade während und nach dem Krieg Kaninchen. Die Tiere fressen wenig und vermehren sich schnell. Für ein Kilo Fleisch bedarf es gerade mal drei Kilo Futter. Obendrein galt das Fleisch, das sehr mager ist, als Delikatesse. „Kaninchen schmeckt ganz eigen, mild, und ist wohl am ehesten mit Huhn zu vergleichen“, meint Großmann, der für Magazine Rezepte entwickelt und mehrere Kochbücher veröffentlicht hat.
„Es ist ein sehr schönes Fleisch, fettarm und zart; man kann es schmoren, braten oder auf den Grill legen, etwa als Kaninchenspieß“, schwärmt Hans-Georg Pestka, Inhaber der Genusshandwerker, einem auf regionale Produzenten spezialisierten Online-Versand in Düsseldorf. „Allerdings ist es schwierig, Kaninchen zu finden, die ein halbwegs glückliches Leben geführt haben.“
In der Corona-Krise start gefragt
Jetzt in der Corona-Krise sei sein Angebot stark nachgefragt, so Pestka. Das Kaninchenfleisch, das er verkauft, stammt von einem regionalen Züchter aus der Eifel. Dort werden die Kaninchen in großzügigen Boxen gehalten und mit Getreide und Heu gefüttert. Sie haben Möglichkeit zum Knabbern. Auf der Wiese herumgehoppelt sind aber auch diese Tiere nicht.
Trotzdem seien die Bedingungen weitaus besser als in mediterranen Ländern wie Italien oder Frankreich. Dort kommen Kaninchenleber, Ragouts oder mit Rosmarin und Thymian geschmorte Keulen häufig auf den Tisch. Das Fleisch stammt jedoch oft aus Massenzuchtbetrieben.
Geschmortes Fleisch bleibt schön zart
Welche Mengen es braucht, um satt zu werden? „Viel ist an einem Kaninchen nicht dran. Mit zwei Keulen pro Person muss man schon rechnen,“ sagt Koch Lukas Großmann. Immerhin zählt das Kaninchen zu jenen seltenen Säugetieren, die in der eigenen Küche im Ganzen verarbeitet werden können, also auch mit Innereien.
„Toll ist, Kaninchen wie Coq au Vin zuzubereiten. Dazu schmort man die Keulen in hellem Sud, aber kürzer als Huhn“, sagt Großmann. Er selbst würde es dieses Ostern mal orientalisch in der Tajine versuchen, „schön frisch und würzig, mit Rosinen, Mandeln, Ras el Hanout und Tomaten. “ Dazu ein Glas Grüner Veltliner. Vielleicht überzeugt das sogar den traumatisierten Vater.
Tipps zum Einkauf:
Kaninchen gibt es im Ganzen, mit Kopf und Innereien. Man bekommt aber auch Teilstücke, etwa Keulen oder Rücken. Als feinstes Stück gilt der ausgelöste Rücken, das Filet.
Im Supermarkt gibt es Kaninchenfleisch tiefgefroren in der Kühltheke. Oft stammt es aus Osteuropa, wo die Aufzuchtbedingungen ähnlich zweifelhaft sind wie bei Hühnern in einer Legebatterie.
Besser, man kauft beim Händler oder Metzger seines Vertrauens ein, der Auskunft über die Herkunft geben kann. Kaninchen sind um die Osterzeit begehrt, es empfiehlt sich, sie vorzubestellen. Auch Bioverbände haben tierfreundlichere Standards.
In Deutschland gibt es seit dem Jahr 2014 Mindestanforderungen an die
Kaninchenmast.
Die Tiere müssen Beschäftigungs- und Rückzugsmöglichkeiten haben und ihnen steht mehr Platz zur Verfügung. Käfighaltung bleibt aber weiterhin erlaubt.
Auch Rassekaninchenzüchter geben regelmäßig Kaninchen zum Verzehr ab, denn der Züchter wählt aus einem Wurf nur die besten Tiere aus, um sie weiter zu verpaaren. Adressen gibt es auf der Seite des Zentralverbandes www.zdrk.de.