Essen. Die Saison ist bereits eingeläutet, nur von den Pilzen fehlt weit und breit jede Spur. Die Schwammerl müssen die Dürre des Sommers überwinden.

Verborgen unter unseren Füßen schlummern Pilze den ganzen Sommer über in der Erde. Sobald es über einen längeren Zeitraum im Herbst feucht ist, sprießen die Fruchtkörper dann aus dem Boden. Und genau hier liegt in diesem Jahr das Problem. Feucht wurde es bisher nur selten. Die ungewöhnliche Dürre des Sommers sorgt dafür, dass viele Pilze nun Startschwierigkeiten haben.

Nur sporadisch lässt sich das ein oder andere Schwammerl blicken. „Eigentlich startet die Pilzsaison im August. Aber der ist mittlerweile viel zu trocken. Die Zeiten haben sich sowieso schon nach hinten verschoben und jetzt ist der Boden auch noch komplett ausgetrocknet“, weiß Bernhard Demel, Pilzsachverständiger der Deutschen Gesellschaft für Mykologie in Essen. Selbst in rund 1,80 Meter Tiefe, erzählte ihm ein Förster kürzlich, gäbe es keine Feuchtigkeit.

Nur der Fruchtkörper wächst über der Erde

Um zu verstehen, warum diese so wichtig für die Pilze ist, muss man wissen, wie sie wachsen. Die Fruchtkörper, die bei Sammlern in der Pfanne landen, sind nämlich nur die Spitze des Eisbergs. „Der gepflückte Apfel eines Apfelbaums so zu sagen.“ Im Boden sitzt das Pilzmyzel: Feine Fäden, die einem Spinnennetz gleichen – der Baum, wenn man das Beispiel von Bernhard Demel aufgreift. In diesem Geflecht sind die Fruchtkörper schon als Anlage vorhanden.

Allerdings müssen sie erst zum Wachsen animiert werden. Und genau hier kommt der Regen ins Spiel. „Pilze werden nicht umsonst Schwämme genannt. Wenn sie eine große Menge Wasser aufsaugen, wachsen sie. Die Fruchtkörper bestehen zu über 90 Prozent aus Wasser“, erklärt der Naturpädagoge.

Ein kleiner Regenschauer ist "nur ein Tropfen auf den heißen Stein"

Solange also kein Wasser von oben kommt und bis zum Myzel in die Tiefe dringt, können sich die Fruchtkörper auch nicht damit vollsaugen. Deshalb zieren sich jetzt noch viele Pilze ihre Früchte preiszugeben. Ob die Pilzgeflechte im Boden von der Dürre beschädigt wurden, lasse sich noch nicht abschätzen. „Grundsätzlich kann jeder Organismus absterben. Aber ob die Pilze Schaden genommen haben, vermag ich nicht zu sagen. Eigentlich sind sie sehr robust. Ich denke, wenn es jetzt längere Zeit feucht ist, könnten die Sammler Ende September noch auf ihre Kosten kommen.“

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Ein kleiner Regenschauer reiche aber nicht bei allen Pilzarten aus. „Je kleiner der Pilz, desto schneller wächst er auch. Manchmal innerhalb eines Tages. Diese Pilze sind aber meist nicht interessant für die Sammler“, weiß Bernhard Demel. Begehrte Speisepilze wie Pfifferlinge, Röhrlinge und Co. brauchen hingegen rund eine Woche, um nach ergiebigem Regen aus dem Boden zu sprießen. Auch feuchte Nächte beschleunigen das Wachstum. „Alles andere ist ein Tropfen auf dem heißen Stein“, erklärt Demel.

Sammler müssen sich beim Pflücken beeilen

Recken sich die Fruchtkörper einmal in die Höhe, ist Eile gefragt. Die meisten Pilze verschwinden schnell wieder, sobald das Wetter erneut trocken wird. „Wenn die Pilze labberig und schlaff werden oder sich der Hut nach oben wellt, sind es Anzeichen dafür, dass sie nicht mehr gut sind. Sie sollten dann auch nicht mehr gepflückt werden“, rät Demel. Bei Steinpilzen haben Sammler zum Beispiel rund eine Woche Zeit, bevor sie langsam wieder verschrumpeln.

Wie oft ein Pilz neue Früchte bildet, hänge von der Art ab. Der Hallimasch wachse oft in einem Schub. Gleichzeitig schießen alle aus dem Boden und sind dann für den Rest der Saison verschwunden. „Röhrlinge und Champignons wachsen versetzt. Solange noch Fruchtkörper da sind, können immer wieder neue aus dem Boden wachsen.“

Die Pilzsaison könnte doch noch Fahrt aufnehmen

Mit etwas Glück könnte sich die Pilzsaison nach dem durchwachsenen Start in diesem Jahr aber wieder verlängern. „Aufgrund vom milden Winter haben wir auf Exkursionen selbst noch im Dezember und Januar Pilze gesammelt“, erinnert sich der Pilzsachverständige. Nur frieren darf es nicht. Sammlern rät er, sich die Körbchen nicht zu voll zu machen. Sonst drohen Strafen. „Es heißt man dürfe nur für den Eigengebrauch pflücken. Rund ein Kilo Pilze ist im Rahmen. So ein Steinpilz kann aber durchaus 800 Gramm wiegen, da ist das erlaubte Gewicht schnell erreicht.“

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Solange Sammler die Fruchtkörper abschneiden oder herausdrehen, nimmt das Pilzgeflecht im Boden keinen Schaden. Nur aus dem Boden reißen sollten Feinschmecker sie nicht. „Das Problem ist auch nicht die Menge der gepflückten Pilze, sondern die Größe der Sammlergruppen. Ziehen 20 Leute gleichzeitig durch den Wald trampeln sie den Boden kaputt und dann wächst dort nichts mehr“, zeigt sich Demel besorgt. Also zu zweit auf die Suche machen und nur so viel sammeln, wie auch in die heimische Pfanne passt.