Weltweit gibt es fünf Millionen verschiedene Pilze. Allein in NRW sind es 4400. Selbst im Ruhrgebiet wird fündig, wer danach sucht – meistens.

Sie sind nicht Tier und nicht Pflanze, aber: jede Menge. Fünf Millionen (!) verschiedene Pilzarten soll es weltweit geben. Dabei reichten den meisten Sammlern doch diese drei: Pfifferling, Marone und Steinpilz.

„Diese drei sind die beliebtesten“, gibt Thomas Kalveram zu, Pilzexperte des Naturschutzbundes Ruhr (Nabu) und Mitglied im „Arbeitskreis Pilzkunde Ruhr“. Und ja, tatsächlich ließen sich diese drei auch nicht einfach züchten wie Champignons. Er aber schwärmt von mehr: vom Erdstern, der aussieht wie ein Mini-Vulkan und „Sporenwolken versprüht, wenn man drauf drückt“. Oder vom Zwergenfeuer, dem leuchtend gelben (Klebrigen Hörnling). Und diesen winzigen, nur wenige Millimeter kleinen Kügelchen, „die andere vermutlich gar nicht Pilz nennen würden“ – und er lässig: Pyrenomyceten.

Man sieht nur den kleinsten Teil, den oberirdischen

Tatsächlich ist es die enorme Formen- und Artenvielfalt der Pilze, die den 52-Jährigen am meisten fasziniert. Neben dem Glücksmoment, das es braucht, sie zu entdecken! „Buchen zu finden ist leicht. Die sind ja immer da“, erklärt er. „Aber den Fruchtkörper der Pilze, den sieht man doch nur wenige Tage im Jahr.“

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Pilze, erzählt man schließlich auch den Kindern, wachsen über Nacht; sie schießen aus dem Boden, sagt der Volksmund. Das allerdings stimmt nur bedingt, weiß Kalveram. Man sehe nur ihren kleinsten Teil, den oberirdischen Fruchtkörper; angelegt ist der Pilz aber tief im Boden. Weswegen der Nabu-Pilz­experte im Übrigen wenig Hoffnung hat, „dass sich in diesem Jahr noch vor Oktober wirklich was tut“. Für Pilze war der Sommer 2018 schlicht zu heiß. Sie mögen es zwar warm – aber auch feuchte Böden. „Pilze bestehen zu einem großen Teil aus Wasser“, erklärt Kalveram, „die brauchen viel Feuchtigkeit. Und normalerweise ist das bei uns auch kein Problem.“

Beute ins Körbchen packen – nie in eine Plastiktüte

Dann kann, wer „in die Pilze gehen“ mag, durchaus im Ruhrgebiet fündig werden: „an den Ruhrhängen mit ihren alten Buchen im Süden, auf den begrünten Halden im Norden oder im Restgrün der Bachtäler“. Zudem gebe es viel Laubwald hier, da finde man oft interessantere Pilze als unter den Fichten des Sauerlands. „Leider“, ergänzt Kalveram, „sind die Böden im Ruhrgebiet oft belastet.“ Pilzsammlern, die auf Nummer sicher gehen wollen, empfiehlt er: Haard oder Hohe Mark. „Leicht zu erreichen, sandige Böden, ideal!“

Ein Körbchen („bloß keine Plastiktüte“) und ein kleines, scharfes Messer – mehr braucht es für den Anfang nicht. Allerdings gilt es auf der Suche nach Pilzen für die eigene Pfanne ein paar Dinge zu beachten, betont Kalveram. Seine „Regel Nr. 1“: Nur sammeln, was man gut kennt! Anfängern hilft ein Pilzbestimmungsbuch oder eine zuvor besuchte, geführte Pilzexkursion. Fast ebenso wichtig: „Keine zu jungen und keine zu alten Pilze mitnehmen!“ Bei den jungen sind noch nicht alle Merkmale ausgebildet, die Verwechslungsgefahr ist zu groß; die alten könnten verdorben sein. Dass man „nicht den halben Wald umgräbt“, dass Pilzsammler schonend und maßvoll vorgehen, versteht sich von selbst. Der Pilz braucht den Wald“, erklärt Kalveram. „Aber der Wald braucht den Pilz eben auch.“ Aus ökologischer Sicht sind Pilze dessen „Recycler“, unverzichtbar im Stoffkreislauf des Waldes.

Sachgerechtes Sammeln gefährdet den Wald nicht

Übrigens: Allein in NRW gibt es 4400 verschiedene Großpilzarten. Ein Drittel von ihnen steht auf der Roten Liste, droht zu verschwinden. „Sachgerechtes Sammeln“ von Pilzen, betont das Bundesamt für Naturschutz, sei dabei aber eine „Gefährdungsursache von nur untergeordneter Bedeutung“.

Nicht alle sind ungefährlich: Drei Todesfälle pro Jahr

Der Grüne Knollenblätterpilz zählt zu den gefährlichsten: Er ist für die meisten Todesfälle verantwortlich.
Der Grüne Knollenblätterpilz zählt zu den gefährlichsten: Er ist für die meisten Todesfälle verantwortlich. © Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/pa

Satanspilze sind nicht die ärgsten. Sie sind giftig, ja, verursachen ernste Beschwerden, aber: dass sie je jemanden getötet hätten, ist nicht bekannt. Auf einer Top-Ten-Liste der gefährlichsten Pilze des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) landen sie auf dem letzten Platz. Die wohlduftende, harmlos klingende Frühlingslorchel ist da ein ganz anderes Kaliber: Wer sie verspeist, dem drohen u.a. Nieren- und Gehirnschäden. Und der Genuss eines Weißen oder Grünen Knollenblätterpilzes kann – selbst in kleinsten Probiermengen – mit einem tödlichen Leberkoma enden. Er ist der gefährlichste von allen, zeichnet für die meisten Todesfälle verantwortlich. Drei Menschen, schätzen BfR und Deutsche Gesellschaft für Mykologie (DGfM), sterben jährlich in Deutschland an einer Pilzvergiftung.

Die ersten Symptome: vermehrter Speichelfluss, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Schwindel, Schweißausbrüche, Verwirrtheit, Luftnot oder Herzrasen. Sie treten meist innerhalb von 15 Minuten bis zu vier Stunden nach dem Verzehr der Pilze auf – es sei denn, es handelt sich um eine lebensbedrohliche Vergiftung: (Amanitin-, Gyromitrin- oder Orellanus-Syndrom etwa). Da kommen die Beschwerden häufig auch noch nach sechs bis acht Stunden, oder sogar erst ein, zwei Tage später.

Wichtigste Sofortmaßnahme: Arzt oder Krankenhaus aufsuchen. Noch nicht verspeiste Pilze, eventuell Erbrochenes sicherstellen und zur Identifizierung mitnehmen. Hilfe bieten zudem die Pilzsachverständigen der DGfM und die Giftnotrufzentrale in Bonn an. Milch zu trinken, ein vermeintlich bewährtes Hausmittel, „ist immer falsch“, betont die DGfM.

Die meisten „Pilzvergiftungen“, erklärt der Experte des Naturschutzbunds Ruhr, Thomas Kalveram, seien allerdings „unechte Pilzvergiftungen“. Pilze sind grundsätzlich nicht leicht verdaulich, zu alte, falsch oder zu lange gelagerte, verdorbene wirklich riskant. Pilze wie der Hallimasch sind zudem nur gut durchgegart genießbar. Thomas Kalveram würde prinzipiell vom Verzehr roher Pilze abraten.