Essen. . Attacke auf die Kaffeetafel: Wespen im Anflug! Wer sich an ein paar Regeln hält, wird mit den Insekten in friedlicher Nachbarschaft leben können.

Im Sommer ist diese Situation alltäglich: Kaum ist die Kaffeetafel auf Balkon oder Terrasse eröffnet, eilen sie in Scharen herbei. Gäste, die nicht eingeladen waren. Die sich aber gefräßig auf den Pflaumenkuchen stürzen, genüsslich probieren und anderen Anwesenden bedrohlich um den Kopf schwirren. Bsssssssssss ... Bis sie das Opfer einer überstürzten Vernichtungsaktion werden. Wespen!

Ist 2015 ein gutes Wespenjahr?

Wegen des warmen und trockenen Wetters sind zurzeit besonders viele Wespen in Deutschland unterwegs - Experten zufolge nehmen sie noch bis zum Herbst Anflug auf Kuchen oder Eis. "Man kann durchaus sagen, dass wir überall in Deutschland sehr viele Wespen haben", sagte Julian Heiermann vom Naturschutzbund Nabu in Berlin. Grund sei nicht nur die August-Hitze, sondern auch das warme Frühjahr und der kurze Winter. "Aus Sicht der Wespen ist ein gutes Jahr."

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Wenn sie ihre Brut füttern müssen, brauchen die Tiere dem Experten zufolge vor allem eiweißreiches Futter. Das sei nun aber weitgehend vorbei. "Aktuell müssen sie keine Brut mehr großziehen, brauchen aber für sich selbst Treibstoff", erklärt Heiermann. "Die Wespen sind jetzt vor allem auf süße und energiereiche Nahrung aus." Mit Limonade, Obstkuchen oder Eis werde man daher besonders von ihnen geplagt.

Was sind Wespen eigentlich?

Schwarz-gelb, lästig, aggressiv – das werden jetzt viele denken. Aber sie sind noch viel mehr: Genau wie Bienen, Hummeln und Ameisen gehören sie zur Insektenordnung der Hautflügler. Gerne werden sie mit Bienen verwechselt, dabei sind sie schlanker, haarlos, beweglicher und kleiner. Und sie genießen den deutlich schlechteren Ruf: Können keinen Honig liefern, werden nicht mit Blümchen in Verbindung gebracht, spielen nicht den Sympathieträger im Trickfilm. Auch Maja würde es wohl als Beleidigung empfinden, wenn sie für eine Wespe gehalten würde. Dabei hat die Wespe auch etwas, was Frauen gerne hätten: ihre berühmte Taille.

Haben Wespen auch positive Eigenschaften?

Durchaus. Sie ernähren sich nicht nur von Kuchen, Bratwurst und Marmelade, sondern gelten in Fachkreisen auch als optimale Schädlingsbekämpfer. Zu ihrer Beute gehören Blattläuse, Fliegen- und Spinnenarten, Raupen oder Heuschrecken.

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Die Proteine aus den Insekten benötigen die Wespen zur Aufzucht ihrer Brut. Aber sie fliegen durchaus auch auf Blüten. Zu den typischen Wespenpflanzen zählen laut Nabu: Braunwurz, Zweiblatt, Doldengewächse, Thymian und Efeu.

Den Nektar nehmen die Tiere zur Kohlenhydratversorgung auf. Im Gegensatz zu Bienen können Wespen keinen Pollen sammeln, eine Nebenrolle in der Bestäubung bekommen sie trotzdem: Beim Besuch von Blüten bleibt etwas Pollen an ihrem Körper hängen und wird so transportiert.

Wie gefährlich sind Wespen wirklich?

Angst vor Stichen ist nach Angaben von Experten in vielen Fällen unbegründet. Wespen verfolgten immer eine Abwehr- und nie eine Angriffsstrategie. Hektik sei der größte Fehler. „Wenn man sich ruhig verhält, passiert gar nichts“, sagt Berthold Langenhorst vom Nabu. Und wichtig sei es, mindestens zwei Meter Abstand zu einem Nest zu halten.

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Die Stiche sind nach Aussagen von Fachleuten zwar schmerzhaft, in der Regel aber ungefährlich, falls keine Allergie vorliegt. Bleibt ein Stachel stecken, sollte dieser entfernt werden. Das ist aber deutlich häufiger beim Bienen- als beim Wespenstich der Fall. Nach Schätzungen reagieren knapp drei Millionen Deutsche allergisch auf das Gift von Wespe und Biene.

„Mit der Allergie-Impfung – Hyposensibilisierung genannt – wird die Insektengiftallergie an der Ursache bekämpft. In fast allen Fällen kann die Allergie damit wirksam behandelt werden“, sagt Allergologe Professor Tilo Biedermann. Außerdem sollten sich Allergiker ein Set mit Notfall-Medikamenten verschreiben lassen, das bei einem Stich sofort zum Einsatz kommen kann.

Auf eine friedliche Nachbarschaft!

Durch eine bessere Einschätzung und überlegtes Verhalten kann es zum Waffenstillstand an der Kaffeetafel kommen. Mensch und Wespe müssen ja nicht gleich dicke Freunde werden. Um den tierischen Nachbarn nicht zu oft direkt vor der Nase zu haben, rät der Nabu, Nahrungsmittel im Freien abzudecken und Reste wegzuräumen. Getränke sollten mit einem Strohhalm getrunken werden und nie direkt aus der Flasche.

Auch die Gerüche von Parfüm, Cremes oder Holzpolitur locken die Wespe an, genauso wie bunte Kleidung. Einige Menschen schwören darauf, ein paar überreife Weintrauben oder etwas Zuckerwasser in fünf bis zehn Meter Entfernung zu deponieren, um die Wespen abzulenken. Auch Nabu-Mann Karl-Heinz Jelinek hat das getestet: „Es funktioniert in einem gewissen Maße. Aber es kommt auch immer darauf an, was die Tiere zuerst entdecken.“ Womit wir wieder beim Pflaumenkuchen wären. (mit dpa)