Essen. Das Römermuseum in Haltern führt die Besucher zurück in jene Zeit, als Arminius die Legionen des Varus vernichtete

Nicht selten kommen bedeutende archäologische Fundstücke äußerlich recht schmucklos daher. So wie der Bleibarren, den man 1964 in Haltern ausgrub. Dass den 64 kg schweren Klotz die eingeritzten Buchstaben „L XIX“ zieren, ließ die Herzen der Archäologen aber schneller schlagen – bedeuten sie doch, dass der Barren einst der 19. Legion gehörte. Eine von jenen dreien, die in der berühmten Varusschlacht untergingen.

Bereits die zweite Wiedereröffnung in diesem Jahr

In Haltern lagerten die Legionäre vor 2000 Jahren wohl mindestens zeitweise, bevor sie in ihren Untergang marschierten. Heute steht an dieser Stelle das Römermuseum des LWL, das seit einigen Wochen wieder besucht werden kann. Schon um den Jahreswechsel hatte es zwei Monate wegen Umbau geschlossen. Doch nach der Wiedereröffnung konnten sich die Besucher nicht allzu lange am frisch renovierten Foyer erfreuen, bis das Corona-Virus für die nächste Pause sorgte.

Malen wie in der Antike

Seit Mai hat das Museum nun wieder geöffnet, und aktuell wird auch ein coronakompatibles Ferienprogramm angeboten: Unter dem Motto „Freskenmalerinnen und -maler gesucht“ können Kinder zwischen sieben und 12 Jahren mit Abstand antike Maltechniken erlernen (jew. Di-Do 10-12.30 Uhr). Freitags (14 Uhr) sind die Erwachsenen an der Reihe, und samstags (10 Uhr) können Familien gemeinsam pinseln.

Auch sonntägliche Führungen durch Dauerausstellung und Außenbereich werden wieder angeboten. Da die Teilnehmerzahl jeweils auf zehn begrenzt ist, empfiehlt sich eine Reservierung. Wer die Exponate individuell bestaunt, muss derzeit auf einen Audioguide verzichten. Dafür kann man Infos nun kostenlos mit seinem Smartphone abrufen.

Prunkvolles Totenbett

Gleich nach dem Eintreten begegnet den Besuchern neuerdings die Rekonstruktion eines prunkvollen römischen Totenbettes, dessen Fragmente man in Haltern fand. Bedeutende Verstorbene wurden darauf verbrannt, ihre Überreste in großen Grabhügeln, sogenannten Tumuli bestattet. In Haltern hat man mehrere davon nachgewiesen. Ein Hinweis auf die Anwesenheit hochrangiger Militärs und damit die Bedeutung des Lagers. Stimmen die Vermutungen der Archäologen, handelte es sich in Haltern um das in antiken Quellen erwähnte Lager Aliso. Es existierte zwar nur rund 30 Jahre, hat aber eine ereignisreiche Geschichte – schließlich befand man sich an der Lippe im noch wilden Teil Germaniens.

Dass sich die Römer hier trotz ihrer vermeintlich überlegenen Militärmacht nicht sicher fühlen konnten, erfuhr Statthalter Varus im Jahre 9 nach Christus am eigenen Leib. Neben ihm selbst ließen 15.000 Römer ihr Leben in der nach ihm benannten Schlacht. Im Anschluss überrannten die Germanen alle rechtsrheinischen Lager. Einzig in Aliso hielten die Verteidigungsanlagen, die im Außenbereich des Museums rekonstruiert wurden, der Belagerung stand.

Auch so manchen Germanen kosteten die Kämpfe in Haltern das Leben. Ihre Überreste entsorgten die Römer – um Seuchen vorzubeugen – in einem Tonofen vor den Toren des Lagers. Heute zeugt er im Museum von den mörderischen Ereignissen jener Tage. Und von den Fortschritten, die die Wissenschaft seitdem gemacht hat: Anhand einer Analyse des in den Zähnen der Toten eingelagerten Strontiums konnte man noch 2000 Jahre später feststellen, dass neben hiesigen Germanen in Haltern einst auch solche von Stämmen aus Böhmen und dem Schwarzwald kämpften.

Übrigens: Manchmal machen bedeutende archäologische Funde auch optisch ordentlich was her – so wie das einzigartig erhaltene römische Legionärsmesser, das ein Praktikant im vergangenen Jahr fand. Derzeit lagert es noch beim LWL in Münster, aber bald es soll es auch in Haltern zu sehen sein.

Römer an Rhein und Lippe

LWL-Römermuseum Haltern, Weseler Str. 100, geöffnet Di-Fr 9-17 Uhr, Sa+So 10-18 Uhr. Eintritt: 6 €, Ki./Jug. bis 17 J. frei. Info: www.lwl-roemermuseum-haltern.de Auf die Spuren der Römer kann man sich auch im niederrheinischen Xanten begeben. Archäologischer Park und Museum haben mit aktuell üblichen Einschränkungen wieder geöffnet. Infos auf: apx.lvr.de