Den Haag. Die neue Cirque-du-Soleil-Show „Totem“ kommt ab Mitte Dezember nach Düsseldorf. Wir wagten einen Blick vor und hinter die Kulissen.

Am Ufer eines Sees, von Schilf umgeben, ruht im Blau der Dämmerung eine riesige Schildkröte. Es ist ein friedvolles Bild. Das sich in Sekundenschnelle ändert. Unterm Panzer der Sumpfbewohnerin kommt ein Gerüst zum Vorschein, geformt wie Knochen oder Wurzeln. Für Frösche, Salamander und andere Amphibienwesen wird es zum Sport- und Tummelplatz. Sie springen, klettern und schwingen tollkühn um die eigene Achse. In ihren bunten, hautengen Körperhüllen fängt sich das Licht der Scheinwerfer und strahlt mit den Augen von 2 600 Zuschauern um die Wette.

„Totem“, die neue Show des kanadischen Cirque du Soleil, ab 18. Dezember in Düssseldorf-Gerresheim zu sehen, schlägt den Bogen vom Anbeginn des Lebens bis hin zu den kühnsten Träumen der Menschheit, die es den Vögeln gleichtaten und sich in die Lüfte erhoben. Für Illusion, Evolution und Innovation braucht es modernste Technik, speziell komponierte Musik und rund 120 Mitwirkende. Während 70 Techniker und Mitarbeiter dafür sorgen, dass hinter den Kulissen alles glatt geht, ist es für die 48 Artisten, Darsteller und Musiker jedes Mal ein Wechsel von einer Welt in die andere.

Cirque du Soleil: Es gibt langjährige Zusammenarbeiten

Sechs Stunden, bevor der Zirkus unterm weißen Zelt im Zentrum von Den Haag seinen Sternenzauber entfaltet, ist alles eng getaktet. Während die letzten im Küchen-Truck noch überlegen, ob sie lieber Chicken Karagee, Salat oder überbackenen Toast nehmen, beginnen die ersten bereits mit den Proben. Aliaksei Liubezny (34), Anatoli Baravikou (39) und Aliaksei Buiniakou (41) arbeiten seit Jahren zusammen, ihre Disziplin ist der „Russische Barren“.

Im Finale wird er durch ein biegsames Bambusrohr ersetzt, den Baravikou und Buiniakou auf den Schultern tragen, derweil Liubezny darauf seine waghalsigen Salti und Schrauben absolviert. „Man muss einander dabei absolut vertrauen“, sagen sie, „du musst deinen Körper dazu bringen, das Richtige zu tun, ohne dabei zu denken.“ Die drei Weißrussen kommen aus dem Sport, gehörten einst zur Nationalmannschaft: „Für uns war das anfangs eine ziemliche Umstellung, vom reinen Wettkampf dazu, perfekt in Rollen hineinzuschlüpfen.“

45 Minuten in der Maske

Was Oyun-Erdene Senge eher leicht fällt. „Ich bin mit dem Cirque du Soleil aufgewachsen“, erzählt die 26-jährige, während sie sich in der Garderobe schminkt, „zum ersten Mal war ich bei .Allegria` dabei, da war ich 15.“ Dafür, sich mit Spezialfarben in ein funkelndes Geschöpf der Fantasie zu verwandeln, braucht sie 45 Minuten.

In der Mongolei, wo sie herstammt, ist die Kontorsion – das sich so geschmeidig Verbiegen- und Verrenken-Können, als seien die Knochen aus Gummi – überaus beliebt: „Man schickt dort die Kinder zum Unterricht, so wie bei euch zum Ballett.“ Auch ihre Mutter entschied sich, ihre Tochter anzumelden. Eine Profi-Karriere war eigentlich nicht vorgesehen: „Ich bin in meiner Familie die erste Akrobatin.“

Vom Management zum Zirkus

Nicolas „Nico“ Pires ist ein Spätberufener:„Ich habe fünf Jahre Management studiert – und dann gemerkt, dass das doch nicht das Richtige für mich ist.“ Die wahre Liebe des 32-jährigen Franzosen gehört dem Diabolo. Wobei das, was er mit den Doppelhalbkugeln anstellt, die er auf einem an zwei Stöcken befestigten Seil in die Luft katapultiert, kaum etwas mit dem Spiel aus fernen Kindertagen zu tun hat. Dazu ist es zu atemberaubend, zu virtuos, zu flirrend. Begonnen hat Pires als Straßenkünstler in Barcelona, nun führt er als „Le Traqueur“ als eine der Hauptfiguren durch die Show: „Hier habe ich auch meine persönliche Balance für Leben gefunden.“

Derweil nebenan die Waschmaschinen rotieren und Janis Austin, die Assistentin der Kostümbildnerin, noch ein letztes Mal überprüft, ob jedes Glitzersteinchen, jedes Froschauge und jede Salamanderschuppe auch am richtigen Platz sitzt, freut sich Barrenflieger Aliaksei Liubezny jetzt schon auf Düsseldorf. „Ich lebe dort, wenn ich nicht auf Tournee bin“, verrät er. Beim kommenden Gastspiel hat er das seltene Glück, beides miteinander vereinen zu können.

Cirque du Soleil: Totem, 18.12.-26.1., Zelt, Heyestr.178, Düsseldorf. Karten ab 37 € gibt’s in unseren LeserLäden, unter und auf www.ruhrticket.de.