Oberhausen. . Nur „Toruk“ kann den Planeten Pandora retten. In Anlehnung an Camerons Filmerfolg „Avatar“ riskieren Artisten in Blau in der Köpi-Arena alles.
Und dann war noch die Verbindung von Natur und Smartphone: Als die beiden Freunde Entu und Ralu durch Pandoras Wälder streifen, ist Gefahr im Verzug: Natterwölfe lauern schier überall. Gefährlich blicken ein Dutzend gelber Augenpaare auf die beiden „Na’vi“ (das blaue Naturvolk auf Pandora). Die Wölfe heulen, doch „Eywa“ (der Mutter Natur) sei Dank: Die flackernden Augenpaare sind nur Smartphone-Displays in den Händen der Arena-Zuschauer.
Denn die beim Cirque du Soleil frei erhältliche App zaubert zum Artisten-Spektakel „Toruk – der erste Flug“ zwar ganz süß ein wenig mehr Gefahr ins Dunkel. Wirklich gelungen ist die Show des weltgrößten Zirkus in der König-Pilsener-Arena allerdings deshalb, weil wieder derart kunstvoll geturnt, gesungen und getrommelt wird, dass der Zuschauer sich selbst mit der exotischen Natur der blauen „Na’vi“ vereint fühlt.
Ohne Frage schlicht gestrickt
Trotzdem kurz zur wirklichen Welt, wo oft andere Dinge zählen: 2,788 Milliarden Dollar zum Beispiel. So viel hat der Film „Avatar – Aufbruch nach Pandora“ seit 2009 an den Kinokassen eingespielt. Heißt: Platz 1 weltweit. Klar, dass es zukünftig noch weitere Teile von Regisseur James Camerons („Titanic“, „Terminator“) Pentalogie geben soll. Klar ist somit ebenfalls, warum der kanadische Ausnahmezirkus seit 2015 mit einer Vorgeschichte zum Fantasy-Film auf weltweiter Tournee ist.
Am Mittwochabend ist die König-Pilsener-Arena zwar nicht ausverkauft, dennoch gut gefüllt. Die Story zum „Prequel“ ist ohne Frage schlicht gestrickt, das macht aber nichts, denn überzeugen kann die erste von sieben Aufführungen in Oberhausen dank Wagemut und Hingucker allemal.
Die Welt der „Na’vi“ ist dem Untergang geweiht
Zurück zur Geschichte – und zum besonders blauen Planeten Pandora. Dort begeben sich die Freunde Ralu und Entu auf die Suche nach fünf Talismanen, mit deren Hilfe sich der Drache Toruk zähmen lassen soll. Ohne den ist die Welt der „Na’vi“ laut Wahrsagerin dem Untergang geweiht. Bis die beiden Helden den Drachen finden, gilt es, allerlei Prüfungen zu bestehen. Auf diesem Weg hat der Zuschauer fast zwei Stunden einfach nur Spaß, weil bis ins kleinste Detail dabei pompös musikalisch und effektvoll untermalt wird, was Ralu und Entu akrobatisch auf der Bühne leisten, um Toruk zu finden, zu zähmen und Pandora zu retten.
Als Oberfläche des Planeten Pandora zeigt sich der Innenraum der Arena höchst wandelbar: Mal fließt dort Wasser, mal friert in Sekunden alles zu Eis und mal brodelt der Boden wie glühend heiße Lava. Projektionstechnik von der Decke macht’s möglich. Die Zuschauer trägt dieser Aufwand in die Fantasiewelt von „Avatar“. Bei afrikanisch angehauchten Stammestänzen der Urvölker von Pandora passt die Choreographie perfekt mit den wilden Seilschwüngen und Salti der Artisten zusammen.
Symbiose von Natur und Technik
Allein die Farbenpracht der segelgroßen Krokusblüten auf den Rücken der Akrobaten wirkt erstaunlich naturnah und sogar der im Kinofilm so gewichtige „Baum der Seelen“ wuchtet zum Ende hin seine Triebe von der haushohen Hallendecke bis auf den Boden.
Wer Camerons Film mehr als einmal gesehen hat, wird die Vorgeschichte und die Umsetzung des Cirque du Soleil für „Toruk“ lieben. Zum einen, weil die Fabelwelt und die Natur hier eindeutig im Vordergrund stehen. Zum anderen, weil die Artisten ihre Ausnahmestellung eindrucksvoll bestätigen. Da sind auch kleine Lücken in der Story leicht zu verschmerzen.
Für ein paar Tage bleibt der Zirkus noch in der Stadt: Wer also Lust hat auf perfekte Symbiose von Natur und Technik, der sollte sich den „ersten Flug des Toruk“ ruhig anschauen. Das Smartphone darf bei 90 Megabyte Download für die eher sinnlose App dann aber getrost in der Tasche bleiben.
>>>INFO: Fünf Vorstellungen von Freitag bis Sonntag
Der Cirque du Soleil nennt sich selbst größtes Show-Unternehmen der Welt. Der kanadische Zirkus kaufte im Vorjahr die „Blue Man Group“ und erzielt einen Milliarden-Umsatz. Vorstellungen von „Toruk“ in der Arena folgen am Freitag um 20 Uhr, Samstag um 16 und 20 Uhr, Sonntag um 13 und 17 Uhr. Karten gibt’s ab 50 Euro aufwärts im Leserladen dieser Zeitung, Helmholtzstraße 30.