Essen. Nach zahlreichen Schauspiel- und Sprecherjobs startete Jan van Weyde als Comedian durch. Aktuell tourt er mit zwei Programmen durch die Region.

Schauspieler, Autor, Moderator, Sprecher, Podcaster und seit 2015 zusätzlich Comedian: Jan van Weyde ist vielseitig aktiv. Der Vater zweier Töchter hatte durch Engagements als Sprecher der RTL-Datingshow „Temptation Island“ und als Parodist in der TV-Satire „Binge Reloaded“ auch während der Pandemie genug zu tun, freut sich jetzt aber auf seine Bühnenrückkehr. Live spielt er abwechselnd sein neues Comedy-Programm „Weyder geht’s!“ wie auch das Debüt „Große Klappe, die Erste!“. Über seine Aktivitäten sprach der 43-Jährige Wahl-Kölner mit Patrick Friedland.

„Weyder geht’s!“ – schon wieder so ein Namens-Wortspiel als Titel eines Comedyprogramms. Warum?

Jan van Weyde: Das ist mir irgendwann auf Tour beim Burgeressen eingefallen. Es ist so schwer, einen Programmtitel zu finden. Alle haben erwartet, dass es „Große Klappe, die Zweite“ heißt, aber das war mir zu plump. Aber nach der Pandemie geht’s jetzt endlich weiter mit Live-Auftritten. Da habe ich mir ein Wortspiel selber verziehen.

Ein zweites Programm schürt bei denen, die das erste gesehen haben, immer Erwartungen. Verspürten Sie Druck beim Schreiben?

Das Erstellen eines zweites Programms finde ich ein bisschen unfair. Weil man beim ersten so viel Zeit hat, wie man will, es erst spielt, wenn es fertig ist. Beim Zweitling, egal ob Comedy, Buch oder Musikalbum, gibt’s halt einfach ein Datum, ein Veröffentlichungs- oder Premierendatum. Dann arbeitest du auf den Termin hin. Aber der Druck tut auch ein bisschen gut, da lehnt man sich weniger zurück, muss fleißig sein. Das war eine ganz andere Erfahrung als beim ersten Mal, die auch wirklich Spaß gemacht hat.

Jan van Weyde: „Das neue Programm habe ich mir erspielt“

Wo liegen die größten Unterschiede zum ersten Programm?

Es ist nicht mehr ganz so Slapstick-lastig. Und beim ersten habe ich aus dem ganzen Leben geschöpft. Dinge erzählt, die ich damals in der Schulklasse gemacht habe oder Geschichten aus dem Beruf als Synchronsprecher. Das hat sich irgendwann zu einem Programm formiert. Das zweite hingegen habe ich mir erspielt. Ich war mit meinem Freund und Podcast-Kollegen David Kebekus zweimal eine Woche in Berlin und habe dabei teilweise drei, vier Shows am Abend gegeben, auf offenen Bühnen, auf denen du viel testen kannst.

Wo sahen Sie für sich Verbesserungspotenzial?

Ich glaube, dass viele Comedians am Anfang der Karriere zu viel darüber nachdenken, was dem Publikum gefallen könnte, anstatt zu tun, was ihnen gefällt. Manchmal packt man dann ein paar Klischee-Witze rein. Ich mag es aber gerne, wenn man wenig allgemein unterwegs ist, sondern eher spezifische Beobachtungen schildert. Das zweite Programm lebt vielmehr von Geschichten, zum Beispiel über Landhotels, in denen ich während der Tour zum ersten Mal war. Oder Elternabende, meine erste Tochter ist ja jetzt Schulkind. Und die Hündin ist dabei, sie war etwas knatschig, dass sie nach 15 Jahren Zusammenleben im ersten Programm nicht erwähnt wurde.

Es gibt zeitgleich noch viele Termine mit dem ersten Programm. Warum?

Ich fände es komisch, in vielen Städten mit dem zweiten Programm reinzukommen, wenn ich noch nicht mit dem ersten da war. Da musste viel verschoben werden. Und es macht mir noch viel Spaß, es zu spielen, die Inhalte sind ziemlich zeitlos.

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Warum haben Sie erst vergleichsweise spät, mit Mitte 30, mit der Comedy angefangen?

Ich hatte das mit der Comedy immer vor, hatte aber viel im TV zu tun und war auch sehr nervös, was Auftritte angeht. Ich war privat immer gut darin zu sagen, wie schlecht ich etwas finde (lacht). Meine Frau meinte dann: Mach’s doch besser -- und dann war ich auch schon wieder sehr still. Ich hatte auch keine Berührungspunkte mit der Comedy-Szene, kannte niemanden. Heute sieht das anders aus, es ist durch die vielen Open-Stage-Formate, auch hier in Köln, nun einfacher, da reinzukommen.

„Jetzt bin ich Herr meiner Arbeit“

Wann kam der entscheidende Impuls?

Mit der Geburt der ersten Tochter. Und: Beim TV und im Sprecher-Job ist man immer sehr weisungsgebunden, irgendwann wollte ich was Eigenes machen. Jetzt kann ich sagen, dass ich meinen authentischen Ton gefunden habe und Herr meiner Arbeit bin. Es gibt nichts Geileres, als das selbstständig machen zu dürfen.

Wie sind Sie heute vernetzt?

Schon recht gut, gerade in der Kölner Open-Stage-Szene. Wobei nun schon wieder eine neue Generation nachgerückt ist, bei der ich kaum wen kenne. Es ist aber auch interessant zu sehen, wer tatsächlich den Schritt wagt zum Soloprogramm und wer in der Zwischenzeit links und rechts weggebrochen ist. Es ist schon was anderes, einen Abend alleine zu bespielen, wenn die Leute Eintritt für dich bezahlen, als bei Mix-Shows immer nur 15 Minuten zu haben.

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Sie teilen sich dieses Jahr aber nochmal die Bühne für den Live-Podcast mit David Kebekus. Warum funktioniert Ihre Zusammenarbeit so gut?

Wir sind komplett gegensätzlich, das befruchtet sich gegenseitig. Er ist der sportliche Typ ohne Frau und Kinder, ich der gemütliche Typ, der es mit dem Sport nicht ganz genau nimmt und habe Familie. Wären wir Tiere, wäre er die Grumpy Cat und ich der gutmütige Bernhardiner. Die Live-Auftritte machen wir auch nicht als weitere Einnahmequelle. Wir haben auch darin gerade erst, nach über 200 Folgen, mit Werbung angefangen. Live ist es interessant zu sehen, dass Leute gerne dabei sind, wenn wir reden. Das hat nichts mit unseren Solos zu tun, aber es macht uns superviel Spaß, weil wir das Publikum einbauen und improvisieren können.

In der Pandemie gab es eine ganz besondere Livestream-Folge ohne Publikum…

Es war eine sehr schöne Übertragung aus dem Kölner Gloria, Torsten Sträter war unser Bar-Mann. Dann haben wir zusammen Davids und meinen ersten Auftritt angeguckt. Deswegen auch die Live-Auftritte – da kann man so etwas Visuelles wunderbar einbauen.

Wer hat lauter über den anderen gelacht?

Irgendwie beide. Ich bin bei dem Auftritt die ganze Zeit auf den Boden guckend hin und her getigert, mit totaler Angst und Fluchtreflex. Wir waren beide damals so nervös, ich habe mir erstmal fünf Kölsch reingekippt – was ich nie mache, vor einem Auftritt trinken ist sonst ein No-Go. Es war schlimm. Danach fragt man sich, warum man das jemals wieder tun sollte. Aber irgendwie hat es mir auch was gegeben. Heute geht man auf die Bühne und weiß, was man kann. Irgendwann hast du vom Blackout über „Niemand lacht“ bis hin zu „Nur alte Leute im Publikum“ halt auch alles durch und gewinnst Selbstvertrauen.

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Wie waren die Reaktionen im Publikum?

Die waren super. Das war bei „Kunst gegen Bares“ in Köln, ein Format, in dem jede Form von Kunst präsentiert werden kann. Alle Teilnehmenden haben ihr eigenes Sparschwein, in das das Publikum dann Geld reinschmeißen kann, wenn es ihnen gefallen hat. Wer gewinnt, ist die „Kapitalistensau des Abends“. Mir ging es gar nicht ums Sparschwein, ich wollte nur auftreten – aber da kam was zusammen.

Es gibt noch weitere Formate mit Ihnen – zum Beispiel die RTL-Datingshow „Temptation Island“, bei der Sie als Sprecher zu hören sind. Wann kommt da was Neues?

Bald, ich habe soeben die letzten Folgen abgeschlossen. Eine fünfte Staffel sowie eine „VIP“-Staffel mit einigen Kandidaten, die früher schon mal dabei waren.

Wie viele Freiheiten haben Sie, wenn Sie dort den Off-Sprecher machen?

Gar keine. Ich kriege eine Textvorlage und ändere ganz wenig ab, es sei denn, es würde so, wie es da steht, vom Timing her nicht mehr passen. Aber so muss ich da leider immer völlig unparteiisch meinen Senf blubbern. Aber es macht großen Spaß, ich schaue solche Formate auch privat gerne, da ist das eigentlich gar keine richtige Arbeit.

„Temptation Island ist schon auch sehr gemein geschnitten“

Was ist das Faszinierende an so einem Format?

Es ist das Voyeuristische aus sicherer Entfernung. Man hat selbst nichts damit zu tun und schaut, wie Leute im besten Fall fremdgehen und ist einfach gespannt, wie ein Kandidat verführt wird und die Freundin dann ausrastet. Es ist schon auch sehr gemein geschnitten, die jeweiligen Partner bekommen ja immer nur das Schlimmste gezeigt. Aber man muss sagen: Wir sind bei Staffel fünf, die Leute, die sich da anmelden, wissen heute, was sie erwartet. Bei der ersten Staffel war es manchmal schon zu brav. Und wenn da nichts passiert, ist es auch saulangweilig.

Dann gab es das Parodien-Format „Binge Reloaded“.

Eine tolle Erfahrung, die Drehs haben irre viel Spaß gemacht. Ich wollte schon früher immer mal bei „Switch“ rein. Ich hatte meine Nase dran durch Max Giermann, mit dem ich befreundet bin und der mir ein Casting empfahl, das klappte dann aber nicht.

Die Kritiken in Bezug auf die Gagdichte waren durchwachsen – wie gingen Sie damit um?

Konnte ich teilweise nachvollziehen. Schade, dass wir das auch mit der zweiten Staffel nicht rausreißen konnten. Manchmal hatte ich schon beim Lesen der Drehbücher den Eindruck, dass einige Gags nicht stark genug, vielleicht zu „90er“ waren. Aber ich denke auch, dass so ein Parodie-Format nichts ist, was man „wegbingt“, da hatte das alte „Switch“ im TV eben den Vorteil der wöchentlichen Ausstrahlung. Die parodierten Formate wiederholen sich natürlich und wenn du das hintereinander weg guckst, denkst du irgendwann auch, dass du immer das Gleiche siehst. Die Parodien sind aber wirklich gelungen, mit meiner Arbeit bin ich zufrieden.

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Gibt es noch weitere Shows, für die Sie gerne arbeiten würden?

Bei „LOL“ bin ich ab April in Staffel vier dabei, das hat schon mal geklappt. Ich dachte niemals, dass ich da jemals stattfinden würde, weil da so große A-Kaliber rumlaufen. Aber es hat geklappt. Und bei „Frei Schnauze“ mit Max Giermann durfte ich mitmachen. Auch ein großer Traum, es passieren gute Sachen. Wo ich gerne noch dabei wäre, ist „Wer wird Millionär?“. Beim Promi-Special war ich schon mal Begleitperson von Max Mutzke, einen Fuß habe ich also in der Tür (lacht).

Letzte Frage: Gibt es ein Comeback ihrer Figur Xaver Steindle bei „Sturm der Liebe“?

Nicht geplant. Einen Gastauftritt würde ich aber immer mal hinlegen.

>>> INFO: Jan van Weyde live

Termine: Weyder geht’s!: 27.1. Essen (Zeche Carl), weitere Termine folgen. Große Klappe die Erste!: 17.3. Wuppertal (Börse), 10.5. Herne (Flottmann-Hallen). Karten ca. 20 €. Lass hör’n Live-Podcast mit David Kebekus: 30.10. Köln (Gloria). Karten ca. 22 €.