Essen. Jan van Weyde hat sich als Schauspieler und Synchronsprecher einen Namen gemacht. Erfolgreich ist er außerdem als Comedian und Podcaster.

Wer Jan van Weyde sieht, meint sofort: „Irgendwoher kenn’ ich den doch!“ Aus dem Fernsehen vielleicht. Der 41-Jährige verkörperte Xaver Steindle in der Telenovela „Sturm der Liebe“. Oder von der Kinoleinwand? Ganz bestimmt aus der omnipräsenten Congstar-Werbung! Und wenn es nicht sein Gesicht ist, dann aber seine Stimme. Warum es den Schauspieler und Synchronsprecher dann auch noch auf die Comedy-Bühne zog und wieso er ins Podcast-Business eingestiegen ist, erzählte der Familienvater Maxi Strauch im Interview.

Synchronsprecher, Schauspieler, Autor und dann auch noch als Comedian unterwegs. Wird Ihnen schnell langweilig?

Jan van Weyde: Nein, absolut nicht. Das wollte ich schon lange machen. Das hatte ich irgendwie immer im Blut, ich nenne es mal „funny bones“. Aber ich hatte immer großen Respekt, alleine auf der Bühne zu stehen und auf Ansage lustig zu sein. Ob man jetzt im Film lustig ist oder lustige Stimmen macht, das ist eine ganz andere Nummer, als mit selbst geschriebenem Material auf die Bühne zu gehen.

Und wie kam es dann dazu?

Eine sehr gute Freundin, die schon im Comedy-Management gearbeitet hat, hat mich auf einer offenen Bühne angemeldet. Ich sollte dann einfach mal gucken, ob das überhaupt etwas für mich ist. Ich bin dabei nicht gestorben, das war so das Hauptziel.

Sie waren sehr aufgeregt?

Ja, richtig richtig schlimm. Einfach, weil man nichts zum Festhalten hat. Man hat das Mikrofon und alle glotzen einen erst einmal an. Ich habe es mal recherchiert: Es ist vor dem Tod die größte Angst des Menschen, vor vielen Leuten zu sprechen. Aber ich hatte da so Lust zu, und es hat sich dann weiterentwickelt. Und dann wurde ich auch gebucht. Durch das ständige sich der Bühne aussetzen, wurde das zu einer großen Liebe.

Haben Sie die Schauspielerei dann an den Nagel gehangen?

Die hängt sich ja bei den meisten Schauspielern alleine an den Nagel (lacht). Es gibt wahnsinnig viele Schauspieler und wenige Rollen. Bei mir fing das mit der Geburt meiner Tochter an. Ich weiß nicht, ob das einen Urinstinkt ausgelöst hat, von wegen: „Ich will was machen, wo ich selber Herr drüber bin.“ Denn das ist das Problem an der Schauspielerei, man kann nur warten und hoffen. Guckt sich jemand dein Material an und wird aufmerksam auf mich? Und durch die Comedy kann man das wesentlich besser steuern.

Was ist nun Ihr Hauptberuf?

Die Comedy, absolut. 2020 ist da natürlich das schlimmste Jahr dafür. Es fing super an: Ich hatte den Hamburger Comedy Pokal gewonnen. Ich bin jetzt natürlich sehr froh über meine weiteren Standbeine, weil das parallel läuft. Der Spieß hat sich etwas gedreht durch die Comedy. Vorher hat man immer gewartet und gehofft. Und durch meine Comedy werden Produktionsfirmen wieder auf mich aufmerksam. Für Red Seven habe ich jetzt „Binge Reloaded“ gedreht, was im Dezember startet. (auf Prime Video, Anm. d. Red.)

Sie sind coronabedingt vor halbbesetzten Zuschauerrängen und einem Publikum, das Mundschutz trägt, aufgetreten. Wie war das?

Es ist gewissermaßen befremdlich. Es herrscht eine andere Atmosphäre. Wenn ich in einem voll besetzten Theater sitze, da kocht die Stimmung. Das ist was ganz anderes, wenn ich in einem 600-Leute-Raum mit 50 Mann sitze. Alle verteilt an großen Tischen, mit Mundschutz – schlimmer geht’s eigentlich nicht. Obwohl ... auftreten im Autokino ist wesentlich schlimmer. Das funktioniert mit Comedy nicht. Man bekommt keine Reaktion. Man hat überhaupt kein Gespür für Timing mehr.

Macht Auftreten unter den Bedingungen überhaupt noch Spaß?

Es macht total Spaß. Es hat etwas sehr Anrührendes, zu sehen, dass da Leute trotzdem hinkommen. Wir sind dann wie ein Team. Ihr seid da, ich bin da, dann machen wir uns einen schönen Abend. Es ist ein bisschen Zusammenhalt zu spüren.

Bis Ende November ist aber selbst das nicht möglich. Gerechtfertigt?

Es ist absolut falsch. Das Problem ist, dass wir in solchen Krisen nicht ernst genommen, nicht als relevant angesehen werden. Und da rede ich nicht nur von Künstlern, es gibt so viele Berufe in der Branche. Es macht sich eine wahnsinnige Enttäuschung breit. Das größte Problem ist die Gleichstellung der Veranstaltungen. Dass man eine Messe oder eine Party gleichstellt mit einer Veranstaltung im Theater. Es ist im Theater regelbar. Das hat super funktioniert.

Hat das Auswirkungen auf Ihr kulturelles Schaffen?

Ich mache das, was ich machen kann. Ich beschränke mich weiter auf meinen Podcast „Lass hör’n“. Den mache ich mit David Kebekus seit Anfang 2019. Da werden wir vielleicht wieder zwei Folgen die Woche statt einer produzieren, so haben wir das auch beim letzten Mal gemacht. Und uns da vielleicht weiterentwickeln. Ist natürlich schade, dass unsere Live-Podcasts davon betroffen sind, die im November hätten stattfinden sollen. Ich versuche es so positiv wie möglich zu sehen. Ich lasse mich nicht unterkriegen.

Es gibt mittlerweile so viele Podcasts. Warum sollte ich mir Ihren anhören?

Unser häufigstes Feedback ist, die Leute würden sich so gerne mal mit einem Bierchen dazusetzen. Man hat das Gefühl, man sitzt mit uns an der Theke und hört einfach nur zu. Zwei Menschen, die sich über alles Mögliche unterhalten. Wir sind thematisch überhaupt nicht festgefahren. Es geht natürlich aufgrund unserer Jobs viel um Comedy oder um Auftritte, tauschen Erfahrungen aus. Ich glaube, ein großer unterhaltsamer Faktor ist, das David und ich unglaublich unterschiedlich sind. Es gibt da eine große Fallhöhe.

Gegensätze ziehen sich an?

Wenn wir Tiere wären, wäre David die grummelige Katze und ich der naive Bernhardiner. David sagt viele schlaue Dinge, ist auf der Bühne im positivsten Sinne niedertourig, keiner der wie ein Kasper auf die Bühne springt. Er holt sich das Publikum, wie eine langsam startende Kurve. Und ich plappere gerne. Ich habe grundsätzlich ziemlich gute Laune. Und eine gute Energie. Die Komik ergibt sich aus den verschiedenen Perspektiven, die wir auf Dinge haben. Aber humortechnisch verstehen wir uns absolut. Wir lachen über dieselben Dinge. Ein sehr spannendes Pingpong-Spiel.

Und wann stehen Sie wieder auf der Bühne. Optimist oder Pessimist?

Ich bin Optimist, weil nur Optimismus dich weiterbringt. Klar sagt der Pessimist auch gerne: Dann werde ich ja nicht enttäuscht, aber wenn ich sowieso vom Schlimmsten ausgehe, dann fühle ich mich ja die ganze Zeit furchtbar. Ich hoffe auf den Fortschritt, dass da irgendwas passiert. Wenn es so weitergeht, wird das Land bald ohne Kultur dastehen. Aber wir bleiben optimistisch.

>>>Info: Termine „Große Klappe die Erste“: 2021/2022 Oberhausen (Ebertbad, verschoben vom 13.11.), 10.11.21 Witten (Werkstadt, verschoben vom 22.11.), 11.11.21 Dortmund (Fritz-Henßler-Haus, verschoben vom 18.11.), 25.11.21 Hamm (Maximilianpark/-halle, verschoben v. 19.11.), 18.12. Münster (Kap. 8), 7.1. Köln (Gloria, verschoben v. 27.8.), 22.4.21 Attendorn (Stadthalle, verschoben v. 28.3.),

Termin „Lass Hör’n – Live“: 1.4.22 Mülheim (Ringlokschuppen, verschoben vom 27.11.).

Weitere Termine und Infos: www.janvanweyde.de

Den Podcast „Lass hör’n“ gibt’s u.a. bei Apple, Spotify und Youtube.