Essen. Im Interview verrät Alexander Ludwig wie er die Liebe zur Country-Musik entdeckt hat und welcher Co-Star seiner Musik lauscht.
Viele Fans von guter Couch-Unterhaltung dürften Alexander Ludwig axtschwingend vor Augen haben. In der Rolle von Bjorn Eisenseite mauserte sich der kanadische Schauspieler zu einem der wichtigsten Charaktere in der Serie „Vikings“. Weniger barbarisch mag es der 30-Jährige, wenn es um Musik geht: Alexander Ludwig veröffentlichte jüngst sein Country-Debüt-Album „Highway 99“ und kommt mit diesem im Gepäck für ein Konzert nach Köln. Mit Kirsten Gnoth sprach er über die Songs, die er lieber in seiner Schublade schlummern lässt und die wichtige Frage nach dem Cowboyhut.
Für uns alle jenseits von Kanada – was ist der „Highway 99“?
Alexander Ludwig: Der Highway 99 ist eine zweispurige Straße von Vancouver zum Whistler Mountain. Ich bin in Vancouver aufgewachsen und meine Familie hatte eine Hütte in Whistler. Wenn wir dort hingefahren sind, haben wir immer Country-Musik gehört. Irgendwann habe ich dann als Kind auch angefangen, dort meine ersten Songs zu schreiben. Es ist also nur passend, dass wir das Album so genannt haben.
Wie viele von diesen Liedern schlummern noch in Ihrer Schublade?
Hunderte – und sie sind alle grottenschlecht (lacht). Ich habe einen ganzen Ordner voll von den Sachen, die ich mit zwölf Jahren geschrieben habe. Aus sentimentalen Gründen habe ich den nie weggeworfen und wer weiß, vielleicht nehme ich mir irgendwann doch mal einen Song daraus vor.
Wie wurde aus dem Musikhören ein Musikmachen?
Ich habe jahrelang meine Mutter angebettelt, mir eine Gitarre zum Geburtstag zu schenken. Sie ist dann in den Tom Lee Music Store im Norden Vancouvers gegangen und hat da einen Typen namens Jesse Tucker getroffen. Bei ihm hat sie nicht nur eine Gitarre gekauft, sondern ihn auch überzeugt, mir Stunden zu geben – er kam jedes Wochenende für zehn Jahre. Wir sind enge Freunde geworden und ich habe ihm gesagt, wenn ich mal einen Plattenvertrag bekomme, rufe ich ihn an und er ist dabei. Nun spielt Jesse die Shows mit mir.
Sind Ihre Songs autobiografisch?
Ich ziehe viel aus persönlichen Erfahrungen und ich liebe es, meine eigenen Songs zu schreiben. Aber als ich für das Album nach Nashville kam, ist mir aufgefallen, wie viele großartige Songschreiber es dort gibt. Sie leben davon und ich bin in der glücklichen Lage, nicht von der Musik leben zu müssen. Deshalb habe ich auch kein Problem damit, die Songs von anderen zu spielen – natürlich nur, wenn es auch der richtige Song für mich ist. Auf „Highway 99“ habe ich die Hälfte der Songs aus eigenen Erfahrungen selbst geschrieben und die andere Hälfte stammt von anderen Menschen. Aber ich liebe das Schreiben so sehr, dass ich mich in Zukunft noch mehr einbringen möchte.
Hat die Tatsache, dass Sie nicht von der Musik leben müssen, den Druck aus dem ersten Album genommen?
Aus finanzieller Sicht ja. Allerdings macht man sich immer irgendwie Druck – weil es etwas ist, dass ich so sehr liebe. Aber ich kenne viele Musiker, bei denen das Geld knapp ist und die selbst mit Plattenvertrag in der Tasche nichts verdienen. Sie arbeiten nebenbei als Kellner oder mähen irgendwo den Rasen.
Okay, finanziell gibt es keinen Stress. Aber wie klappt es, die Schauspielerei und die Musik unter einen Hut zu bekommen?
Da wird es interessant (lacht). Momentan schaffe ich es noch, diese Dinge hunterprozentig zu trennen. Diesen Monat bin ich beispielsweise auf Tour und fokussiere mich nur auf die Musik, einen anderen Monat drehe ich dann und kann mich darauf konzentrieren. Es ist irgendwie eine seltsame Balance, aber ich möchte nichts davon aufgeben.
Hat jemand von Ihren Ex-„Vikings“-Kollegen Sie eigentlich jemals live spielen sehen?
Vor Covid habe ich eine Zeit lang mit Travis (Fimmel, spielt in „Vikings“ die Rolle des Ragnar Lothbrok, Anm. d. Red.) auf seiner Ranch zusammen gewohnt. Wir haben tagsüber Zäune gebaut und abends zusammen Country-Songs geschrieben. Er ist seit Ewigkeiten ein Teil dieser Reise und ich habe ihm natürlich die Songs auch vorgespielt. Er ist einer meiner engsten Freunde und kommt vermutlich zu einer der Shows in Deutschland, weil wir vorher gemeinsam zusammen auf einer „Vikings“-Convention sind.
Leben auf einer Ranch und Country-Musik, das klingt ein bisschen nach Cowboy-Romantik. Allerdings sehen wir Sie auf dem Cover des Debüt-Albums ohne Hut und Cowboystiefel. Wieso?
Es ist total lustig, dass Ihnen das aufgefallen ist. Das war eine der ersten Fragen, die mir in Nashville gestellt wurde: „Mit Hut oder ohne?“ Denn wenn man sich einmal so einen Cowboyhut aufsetzt, setzt man ihn nie wieder ab. Ich bin aber ohne Cowboystiefel aufgewachsen und trage so einen Hut höchsten beim Reiten. Ich wollte authentisch sein und habe mich deshalb dagegen entschieden. Das bin einfach nicht ich. Es hätte sich angefühlt, als würde ich eine Rolle spielen.
Live werden wir also auch auf so einen Hut verzichten müssen. Sie spielen hierzulande als Musiker in vergleichsweise kleinen Clubs, sind aber als Schauspieler ein Star. Stört Sie das?
Nein, überhaupt nicht. Ich mag es, in kleinen Venues zu spielen, weil sich alles natürlicher anfühlt. Aber natürlich würde ich mich auch über größere Clubs freuen, weil man immer möchte, dass die eigene Musik von möglichst vielen Leuten gehört wird. Allerdings muss ich auch sagen, dass das einem wieder Bescheidenheit gelehrt hat.
Inwiefern?
Hier muss ich meine Worte sehr sorgfältig wählen. Einige Schauspieler, die ins Musikgeschäft wechseln und andersherum Musiker, die nun schauspielern, denken, sie könnten ihren Ruhm einfach mitnehmen. Aber das ist nicht der Fall. Man muss sich immer wieder aufs Neue einen Namen machen. Und wenn es zehn Jahre dauert mich als Musiker zu etablieren, dann ist das eben so.
Sie müssen nun ganz von vorne starten.
Ja. Wenn ich zum Beispiel auf einer Comic Con in Portugal bin, sitzen da 4000 Leute. Ich kann aber nicht einfach erwarten, dass so viele Leute auch Country-Musik lieben und zu meinen Konzerten kommen. Viele meiner Fans wissen zum Beispiel gar nicht, dass ich auch Musik mache (lacht).
Sie sind der Country-Musik vor kurzem auch mal fremdgegangen und haben eine Rolle in Nicki Minajs Video gespielt. Wie kam das?
Nicki suchte jemanden für das Video und ich vermute, dass jemand in ihrem Team ein Fan von den Dingen ist, die ich gemacht habe. Ich habe schon öfter Angebote für Musikvideos bekommen und abgelehnt, aber das klang einfach nach einer Menge Spaß. Ich bin ein Fan ihrer Musik und sie hatte coole Ideen für das Video.
Das Video ist ziemlich zweideutig, haben Sie es doch noch bereut?
Nein. Ich bin jemand, der sich selbst nicht zu ernst nimmt. Ich dachte auch, dass viele Leute gar nicht wahrnehmen, dass ich überhaupt darin mitspiele. Und dann haben plötzlich 20 Millionen Menschen das Video gesehen und ich dachte mir nur: „verrückt“.
Auch wenn es durch die Decke gegangen ist und viele Sie dann doch erkannt haben, zeigt man so ein Video nicht unbedingt seiner Familie, oder?
Oh nein, nein, nein. Selbst als ich es zum ersten Mal gesehen habe, war ich überrascht, wie eindeutig manche Szenen sind (lacht). Aber ich mag es auch mal Dinge zu tun, die man mir nicht unbedingt zutraut.
Vielleicht gab es ja auch die eine oder andere Inspiration für das eigene Musikvideo?
Ich glaube, das geht dann doch in einer komplett andere Richtung. Aber es hat jedenfalls riesigen Spaß gemacht.
Sound of Nashville präsentiert: Alexander Ludwig, 2.11., Helios 37, Heliosstraße 35-37, Köln. Karten ca. 22 €.
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