Milwaukee/Essen. Accept-Gitarrist Wolf Hoffmann verrät, welche Band ihn am meisten beeindruckt hat – und wieso drei Gitarren besser sind als zwei.
Mit Songs wie „Balls To The Wall“ und „Fast As A Shark“ eroberten Accept vor 40 Jahren von Solingen aus weltweit die Herzen der Headbanger und begründeten den guten Ruf des deutschen Heavy Metals. Die Ära mit Kultsänger Udo Dirkschneider ist zwar seit langem Geschichte und die Band besteht heute zur Hälfte aus Amerikanern – dennoch sind Accept erfolgreich wie nie. Auch das aktuelle Album „Too Mean Too Die“ wird von Fans wie Fachpresse gefeiert und stieg bis auf Platz zwei der Charts. Ab Januar tourt die Band durch Deutschland und Europa, aktuell ist sie in Amerika unterwegs. Stefan Moutty erwischte Gitarrist Wolf Hoffmann dabei telefonisch im Tourbus, als der gerade in Milwaukee parkte.
Wie läuft die US-Tour?
Wolf Hoffmann: Super. Ich bin total überrascht, wie viele Leute kommen und wie begeistert die sind. Ich bin echt platt.
Was macht man denn so in Milwaukee – oder auch in Peekskill oder Patchogue – vor dem Auftritt?
Früher bin ich oft losgezogen, habe mir die Städte angeguckt und auch mal einen Leihwagen genommen und bin durch die Gegend gefahren. Mittlerweile kenne ich Amerika so gut, dass ich das kaum noch mache. Ich persönlich sitze tagsüber meistens im Hotelzimmer und erledige Geschäftliches, mache ein bisschen Musik, mache ein bisschen Sport. Manchmal, wenn ich müde bin, schlafe ich auch mal eine Runde.
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Klingt so gar nicht nach Sex, Drugs and Rock’n’Roll ...
Überhaupt nicht, nein. (lacht) Das war bei mir aber immer so – ich bin nie ein Partylöwe gewesen.
Von Solingen nach New York
New York steht ebenfalls auf dem Tourplan. Wie oft haben Sie da schon gespielt?
Bestimmt schon Dutzende Male im Laufe der Jahre. New York ist aber immer etwas Besonderes, weil es völlig anders ist als der Rest von Amerika. New York ist einfach eine irrsinnig vibrierende Metropole, wo es nur so kribbelt.
Wenn Sie aktuell auf die Bühne gehen, was ist der größte Unterschied zu den ersten Accept-Gigs im Solinger Jugendzentrum?
Dass die Leute heute alle unsere Songs kennen. Wenn ich einen Song anfange, dann steigen die Leute sofort ein und freuen sich. Ansonsten hat sich eigentlich nicht viel verändert, das Grundprinzip eines Auftrittes ist genau das gleiche wie früher. Anders sieht das bei der Aufnahmetechnik im Studio aus und bei der Art, wie wir unsere Musik verkaufen – da hat sich eigentlich alles geändert.
Und was machen Ihre Ohren nach 46 Jahren Metal?
Denen geht’s noch relativ gut, ich bin ganz gut über die Runden gekommen. Heute habe ich ja Ohrstöpsel drin und ich mache mir darauf meinen eigenen Mix, so laut oder leise wie ich will. Ganz leise ist das dann immer noch nicht. Aber früher war es schon brutal auf der Bühne, das war einfach unerträglich laut.
Sie haben in Ihrer Karriere mit Metal- und Hardrock-Ikonen von AC/DC bis Van Halen zusammengespielt. Wer hat Sie am meisten beeindruckt?
Eine Band, die man vielleicht nicht erwarten würde: Golden Earring. Jeder kennt ja „Radar Love“. Mit denen haben wir in den 80ern mal in Kanada gespielt. Wir haben sie total bewundert, weil sie mit ganz wenigen Mitteln eine unheimliche Dynamik entwickeln konnten. Das war ganz anders als die Metal Bands, die man sonst so kannte und die – wie wir ja auch – gerne einfach die ganze Zeit Vollgas gegeben haben. Golden Earring haben unheimlich gegroovt, das hat uns sehr beeindruckt. Aber Judas Priest zum Beispiel haben uns natürlich auch sehr beeinflusst.
Ein Song für Accept - statt AC/DC
Wie kam es dazu, dass Ihnen AC/DC damals den Song „I‘m A Rebel“ überlassen haben?
Der Song war nicht von AC/DC selbst. Einer der Brüder von Angus und Malcolm Young hatte ihn für die Band geschrieben, ich meine, er hieß Alex Young. AC/DC hatten davon auch ein Demo mit Bon Scott aufgenommen, aber ihn letztlich nicht veröffentlicht. Unser damaliger Verleger hat mit Alex Young zusammengearbeitet und meinte, das wäre doch ein Song für Accept, und so haben wir ihn dann aufgenommen.
Sie waren in den 80ern auch mit Mötley Crüe auf Tour. War das so exzessiv, wie man immer hört?
Da wird natürlich auch viel aufgebauscht. Wir waren aber wahrscheinlich für Mötley Crüe auch nicht so interessant, dass sie mit uns ständig rumgehangen hätten – weil wir nicht an dem ganzen Drogenkram interessiert waren. Wir haben zusammen getourt und uns auch öfters gesehen, aber die Orgien und Exzesse haben wir nicht miterlebt.
Sie spielen eine Gitarre in Pfeilform, eine „Flying V“. Ist das die ultimative Heavy-Metal-Gitarre?
Absolut. Deswegen haben wir die damals ja gewählt und mehr oder minder zum Aushängeschild von Accept gemacht. Das war eben eine Show-Gitarre. Und als wir damit angefangen haben, war das auch eine sehr ungewöhnliche Form, die viel Aufsehen erregt hat. Mittlerweile ist sie so verbreitet, dass sie beinahe als Standardausrüstung beim Heavy Metal gelten kann.
Deutsch-amerikanische Freundschaft
Sie haben mittlerweile drei Gitarristen in der Band. Sieht das nur gut aus oder was hat das für Vorteile?
Es macht tierischen Spaß, weil man dadurch musikalisch noch mehr Sachen machen kann als mit zwei Gitarren. Es ist beinahe wie ein kleines Gitarrenorchester. Wir können zum Beispiel zweistimmige Soli spielen und noch die Rhythmus-Gitarre dabei haben. Man kann verschiedene Parts spielen, wie man es sonst im Studio macht.
Bei Accept spielen inzwischen drei Amerikaner. Nimmt man Accept in den USA eigentlich noch als deutsche Band wahr?
Ja, unbedingt. Das ist total auf dem Radar der Leute, dass wir ursprünglich aus Deutschland kommen. Viele Leute wissen auch gar nicht, dass ich in Amerika lebe. Wir gelten immer noch als deutsche Band, weil wir halt von da kommen und angefangen haben.
Wohnen Sie noch in Nashville?
Ich bin mit einem Bein in Florida, mit dem anderen Bein in Nashville. Ich habe ein Haus in Nashville, und dort proben wir auch immer mit der Band und nehmen auf. Ich denke aber auch darüber nach, ob ich nochmal wieder nach Europa zurückkomme. Ich bin ja auch häufig in Deutschland, 2021 war ich bestimmt ein halbes Jahr dort.
Accept live: 14.1. Oberhausen (Turbinenhalle). Karten gibt’s hier.