Essen. Die Komikerin will keine Shows ihres neuen Solos „Dirty Talk“ absagen. Im Interview geht es zudem um TV-Talkshows, Cocktails und Gerburg Jahnke.
Jetzt ist es raus: Lisa Feller ist der „unfassbar schlauste Mensch der Welt“. Zumindest wenn es nach der gleichnamigen RTL-Spielshow geht, in der sich die in Münster lebende Komikerin gegen prominente Konkurrenz wie David Garrett und Oliver Kalkofe durchsetzte. „Ein kleiner Hoffnungssieg“, scherzt die 46-Jährige in sympathisch-bescheidener Manier. Nun tourt sie mit ihrem neuen Soloprogramm „Dirty Talk“ durchs Land. Im hygienisch einwandfreien Telefon-Interview mit Patrick Friedland sprach Feller über Inspirationsquellen, ihren Podcast mit Oberhausens Kabarett-Ikone Gerburg Jahnke und ihren ersten eigenen Cocktail.
Der Programmtitel „Dirty Talk“ lässt verschiedene Assoziationen zu. Eine davon ist Sauberkeit – wie steht es denn um diese bei Ihnen zuhause?
Lisa Feller: Och, es geht. Vor einem Besuch von „Schöner Wohnen“ müsste ich wohl nochmal durchgehen, aber es gibt keine Untermieter oder Nester in der Wohnung. (lacht)
Generell kommen die Inspirationen für „Dirty Talk“ ja sicher aus verschiedenen Bereichen.
Ja. Also keine Sorge: Ich muss mir jetzt nicht noch anderweitig was dazu verdienen – soweit geht’s nicht. Aber ein Programmtitel muss eben knackig sein. Dieser hier lässt natürlich Spielraum zu, mit Absicht. Noch ein Beispiel: Gerade zur harten Corona-Zeit war ich deutlich öfter in den Sozialen Medien unterwegs und mich hat es erschüttert, wie die Sprache da den Bach runtergeht. Auch im Alltag habe ich zunehmend das Gefühl, dass vor allem die schimpfenden, lauten Menschen gehört werden. Es wäre gut, mal wieder mehr auf diejenigen mit leisen Tönen zu achten. Da kommen meist schlauere Sachen.
Wie in früheren Programmen bei Ihnen geht es aber auch in „Dirty Talk“ sicher um erotischere Geschichten. Würden Sie Eltern mit pubertierenden Kindern den Besuch empfehlen?
Definitiv. Die sitzen auch sonst bei mir und gehen nicht mit rot angelaufenen Backen nach Hause, höchstens vor Lachen. Ich finde es wichtig, Themen reinzunehmen, die Menschen bewegen und – ich formuliere es mal politisch korrekt – „die Waagerechte“ gehört eben dazu. Ich mache das ja auch nie auf Stammtisch-Niveau und klopfe keine Plattitüden.
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Wo wir gerade bei Pubertät sind: Einer Ihrer Söhne ist da jetzt mittendrin – wie findet er das, was Mama auf der Bühne erzählt?
Total ok. Ich glaube, wenn man Kinder frühzeitig an die Themen des Lebens heranführt, kommen die damit klar. Aber wenn ich anfangen würde, Schlüpfriges über das Leben meiner Kinder zu erzählen, würde es schwierig werden. Solche Privatsphärenverletzungen würde ich aber nicht machen, fände ich ganz schlimm. So, wie es jetzt ist, können die Kinder aber eher noch was lernen von der Mutti. (lacht)
Andere „Dirty Talk“-Bereiche sind seit den 90er-Jahren gewisse TV-Sendungen. Plakativ gefragt: Markus Lanz oder Arabella Kiesbauer?
Markus Lanz.
Also lieber Substanz statt Krawall.
Ja. Ich habe diese alten Talkshows nie geguckt, interessierte mich schon damals nicht. Das ganze Geschimpfe finden wir jetzt eher in anderen Kanälen, das, was man früher bei „Vera am Mittag“ rauslassen konnte. Vielleicht können wir diese ganzen Talkshows mal wiederbeleben, damit der Ton im Alltag wieder besser wird. Andererseits: „Britt“ soll ja zurückkommen, wie ich hörte, ich schaue also optimistisch in die Zukunft. (lacht)
„Ich habe keine Lust mehr, über Corona zu reden“
Könnten Sie sich generell eine eigene TV-Talkshow vorstellen?
Ich moderiere ja schon die „Ladies Night“, das genügt mir aktuell. Und da die Show nur sechs Mal im Jahr erscheint und ich mir die Moderation mit der wunderbaren Daphne de Luxe und Meltem Kaptan teile, passt das auch gut zu meinem Alltag, in dem ich ja noch zwei Kinder großziehen muss. Wenn die irgendwann mal weg sind … schauen wir mal.
Kulturhäuser blicken mit Sorge auf den dritten Corona-Herbst -und Winter. Inwiefern spielt das Thema bei Ihnen eine Rolle im Programm?
Ich habe wirklich überhaupt keine Lust mehr, über Corona zu reden. Ich glaube, das Publikum auch. Es gibt für jeden die Möglichkeit, sich jeden Tag eine persönliche Dosis Corona-News abzuholen, da muss ich das nicht noch auf der Bühne tun.
Gibt’s denn ein paar erheiternde Homeschooling-Geschichten?
Homeschooling ist fast schon wieder so lange her, das kriegt keinen eigenen Fokus. Es kann hier und da aber was vorkommen, zu Corona. Ich kann die aktuelle Lage ja nicht ganz ausblenden, die beeinflusst den Alltag eben seit über zwei Jahren.
Haben Sie in all den Monaten mit Veranstaltungsverboten vielleicht ein neues Hobby für sich entdeckt?
Nee. Ich durfte zum Glück öfter auftreten, aber das Publikum sah anders aus, mit ausreichend Abstand, Plastikscheiben zwischen den Menschen oder Masken. In letzter Zeit beginnt es aber wieder zunehmend, Spaß zu machen.
„Ich kann nur appellieren: Leute, kauft Karten!“
Inwiefern haben sich die Auftritte für Sie im Vergleich zu Prä-Corona-Zeiten verändert?
Naja, ein Lachen durch eine Maske ist eben dumpfer. Und wenn die Leute nicht lachen, sehe ich dadurch nicht mal, ob sie wenigstens grinsen. Auf der anderen Seite habe ich nach den Shows gemerkt, dass die Leute sich beispielsweise lange angestellt haben für Autogramme, den Kontakt gesucht haben. Da bekam ich oft den Eindruck, dass man für den Abend ein echtes Team gebildet hat.
Aktuell werden wieder regelmäßig Live-Auftritte verschiedenster Kunstschaffender abgesagt – nicht mehr wegen Corona, sondern wegen zu schwachen Vorverkäufen. Wie sieht es bei Ihnen aus?
Die Vorpremieren waren bisher alle ausverkauft, das waren aber kleinere Häuser. Im Moment läuft es ganz gut, wenngleich bei weitem nicht so wie früher. Das geht aber vielen so, wir stehen da alle etwas ratlos davor. Ob es das Überangebot ist oder die Tatsache, dass sich die Leute ans Sofa gewöhnt haben? Die, die kommen, sagen danach immer: ‚Schön, dass ich da war‘. Ich kann nur appellieren: Leute, kauft Karten, es tut der Kultur gut! Die Tour werde ich aber so oder so komplett spielen. Ich will klar das Signal setzen: Wenn Ihr Karten habt, dann trete ich auch auf. Es sei denn, es kommt wieder etwas Behördliches, dann kann ich eh nichts machen.
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Präsent sind Sie seit Herbst 2020 auch durch den „Frau Feller & Frau Jahnke“-Podcast mit Gerburg Jahnke. Sie scheinen Freundinnen fürs Leben zu sein – wie kommt das?
Wir sind durch ihre „Frau Jahnke hat eingeladen“-Veranstaltungen schon seit zwölf Jahren immer wieder gemeinsam unterwegs, haben uns immer super unterhalten. Die Bühne und die Liebe zur Kunst verbinden uns. Unser Altersunterschied und unsere ganz verschiedenen Lebensumstände führten zudem zu sehr spannenden Gesprächen. Irgendwann dachten wir, dass wir nicht immer nur backstage quatschen sollten, trafen uns öfter und in dieser Pandemiezeit kamen wir auf diese Podcast-Idee. Es macht Riesenspaß und uns hören echt viele Leute zu.
Sie verbindet sicher auch der Kampf für mehr weibliche Präsenz auf den Bühnen des Landes.
Gerburg hat ja immer schon unglaublich viel dafür gemacht, wahrscheinlich mehr als alle anderen, wie sie auch immer wieder jüngere Talente mit auf Tour nimmt. Natürlich gibt’s in dieser Hinsicht noch viel zu tun. Aber man muss das nicht immer kämpferisch machen, mit Humor kommt man auch weit.
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Eine ganz andere Sache noch zum Schluss: In der Bar des Atlantic Hotel Münster gibt’s seit ein paar Wochen einen „Lisa Feller-Cocktail“. Was ist drin und gibt es diesen auch woanders?
Nee, im Moment leider nur da. Mal gucken, wie erfolgreich der wird. Vielleicht trinken den ein paar und dann schwappt die Riesen-Cocktailwelle übers Land. Drin ist Gin, natürlich als Gruß an meine liebe Gerburg, die totaler Fan davon ist, Limette, Cranberry. Er schmeckt süßlich-säuerlich und sehr lecker.
Die unvermeidliche Anschlussfrage: Kommt nach den zahlreichen Rapper-Eistees von Capital Bra, Shirin David, Haftbefehl und Bushido bald auch „Lisas Cocktail“ in die Supermärkte?
(lacht) Hm, gute Idee. Stay tuned (zu deutsch etwa: „Seid gespannt“, Anm. d. Red.), sage ich mal!
>>> INFO: Lisa Feller mit „Dirty Talk“ auf Tour
23.9. Soest (Alter Schlachthof, Vorpremiere), 23.10. Duisburg (Steinhof), 26.10. Weeze (Bürgerhaus),
29.10. Geldern (Lisa-Meidner-Gymnasium), 30.10 Siegen (Leonhard-Gläser-Saal), 6.11. Gelsenkirchen (Kulturkirche), 15.11. Solingen (Cobra), 18.11. Monheim (Aula am Ring), 1.12. Witten (Werkstadt), 10.12. Menden (Wilhelmshöhe), 16.12. Leverkusen (Scala). Karten ab ca. 30 €.