Köln. Weil bekannte Festivals kaum Frauen auf die Bühne holen, hat Carolin Kebekus ein Musikfest mit rein weiblichem Line-up auf die Beine gestellt.

So zuverlässig wie Regenwetter an Pfingsten ist auch die Tatsache, dass auf Festivalplakaten vor allem eines fehlt: Künstlerinnen oder Bands mit weiblicher Beteiligung – das monierte im vergangenen Jahr Carolin Kebekus in ihrer selbstbetiteln Show im Ersten.

Aber bekanntermaßen belässt es die Comedian nicht beim Rumstänkern – sie tut auch etwas gegen Umstände, die Kebekus, Kolleginnen und Kollegen als ungerecht empfinden.

DCKS-Festival in Köln am Tanzbrunnen

Deshalb hat die 42-Jährige ein Musikevent auf die Beine gestellt, auf dem man „den Frauenanteil nicht mit der Lupe suchen muss“: Das DCKS-Festival (Abkürzung „Die Carolin Kebekus Show“) am Pfingstmontag findet – natürlich mit angesagten Regenwolken – in Köln statt und versammelt nur Künstlerinnen im Line-up.

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Auf der Bühne stehen Sängerin Lea, die No Angels, Singer/Songwriterin Mine, Rapperin Ebow, Newcomerin Luna, Musikerin Annie Chops und viele weitere Künstlerinnen, die bisher wenig bis gar nicht die Möglichkeit hatten, ihr Talent vor der breiten Öffentlichkeit unter Beweis zu stellen.

Hazel Brugger, Laura Larsson und Maren Kroymann

Auf einer Bühne nebenan wird zur Diskussion geladen: Unter anderem tauschen sich Comedian Hazel Brugger, Radiomoderatorin Laura Larsson, Ex-„Wir sind Helden“-Frontfrau Judith Holofernes und Schauspielerin Maren Kroymann darüber aus, wie man mehr Sichtbarkeit für Frauen in der Entertainmentbranche schaffen kann, sie wollen Ursachenforschung betreiben und nach Lösungen suchen.

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Zugesagt hat außerdem Aktivistin Auma Obama, Halbschwester des ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama.

Sexismus in der Musikindustrie

Die Idee zum Festival kam der Moderatorin bei der Vorbereitung zu einer ihrer Sendungen. In der Ausstrahlung am 15. Juli 2021 prangerte Kebekus den Sexismus in der Musikindustrie an – und führte das diesjährige Line-up des bekannten „Rock am Ring“-Festivals, das an diesem Wochenende am Nürburgring stattfindet, ins Feld.

Mittlerweile haben die Veranstalter zwar nachgerüstet, trotzdem liege der prozentuale Anteil weiblicher Künstlerinnen bei vier Prozent. „Kein Rock am Ring also“, resümiert die Comedian. „Da hat das Bier mehr Prozente als die Frauen.“

“Wir sind Helden“ bei „Rock am Ring“

Noch erschreckender: Die letzte Frau im Headliner-Programm liegt 17 Jahre zurück – 2005 wurden „Wir sind Helden“ mit Frontfrau Judith Holofernes fett aufs Plakat gedruckt. Aber selbst da gab es einen herben Wermutstropfen.

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„Wir waren gar nicht angefragt“, erklärt die Sängerin im Einspieler. Der Grund für ihren Auftritt: Die US-Rocker Limp Bizkit hatten abgesagt – das wurde auch so auf dem entsprechenden Werbeplakat angekündigt: „WIR SIND HELDEN (Limp Bizkit haben abgesagt!)“.

Typische Zahlen in der Branche

Wer sich nun beschwert, es ginge eben um Rockmusik und es handle sich ja nur um eines von vielen Festivals, diejenigen weist Kebekus zurecht: Auch im Rockgenre gäbe es genügend Musikerinnen, die es wert sind, auf der Bühne zu stehen.

Und leider sei der Frauenanteil beim Ring typisch für die Musikbranche. Die Kölnerin belegt das mit eindeutigen Zahlen. Als Erklärung höre sie vermeintliche Entschuldigungen wie: „Wir würden ja gerne, aber es gibt kaum Frauen.“

„Genre Frau“ ist schon belegt

Auch das Problem weiß Kebekus zu benennen: Frauen werden wesentlich weniger Chancen eingeräumt auf der Bühne zu stehen als Männern. Ihnen werde kaum Sichtbarkeit geboten.

Sie selber fungiere da als bestes Beispiel. „Es ist ein Problem, das in den Köpfen ist. Dann heißt es: Eine Frau haben wir eingeladen, das reicht. Als ich angefangen habe im Comedybereich, habe ich auch lange gedacht: Klar, man kann nur eine Frau pro Auftritt nehmen. Das habe ich so gelernt, das ist auch so“, erklärt sie im Interview mit dem Deutschlandfunk.

Sichtbarkeit und eine Plattform schaffen

In ihrer Sendung lässt die Moderatorin auch andere Künstlerinnen zu Wort kommen: Stefanie Heinzmann erzählt, wie sie wieder ausgeladen wurde, weil schon zu viele Frauen im Programm vertreten waren. „Die wollten keinen Zickenkrieg“, erklärt sie.

Kerstin Ott prangert Sexismus und Diskriminierung an. Jeanette Biedermann habe in 20 Jahren Karriere kaum eine Frau in der Geschäftsführung sogenannter Major Labels getroffen. Sichtbarkeit schaffen, eine Plattform für Frauen – das müsse man jetzt angehen, resümiert Leslie Clio.

Finger in die Wunde legen

Es gibt keine Frauen in der Branche? „Das stimmt nicht, es gibt ganz viele. Und das wollen wir zeigen.“ Carolin Kebekus legt also mit ihrem Festival den Finger in die Wunde, wühlt in der Testosteron durchzogenen Entertainmentindustrie.

Man wolle niemanden anprangern, aber die eindeutigen „Rock am Ring“-Zahlen hätten sie und ihre Redaktion schockiert: „Das ist doch absurd, darüber haben wir dann ein Stück gemacht. So kam das Wortspiel auf, dass wir mal „Ring am Rock“ veranstalten sollten, ein Festival nur mit Frauenbands. Und aus dem Witz wurde dann Wirklichkeit“, sagte sie dem Rolling Stone.

Männer sind herzlich willkommen

Männer seien am Tanzbrunnen im Übrigen natürlich ebenso gerne gesehen wie Frauen. „Wir waren ja auch lange genug auf Festivals mit rein männlichem Line-up“, so Kebekus kürzlich auf ihrem Instagram-Kanal.

Aus „Ring am Rock“ wurde das DCKS-Festival, aus dem angekündigten 9. Mai – Kebekus’ Geburtstag – der 6. Juni. Und wer weiß, die Wahl-Kölnerin habe nichts dagegen, aus dem (noch) außergewöhnlichen Musikfest ein jährliches Event zu machen – genug weibliche Künstlerinnen hätte sie in jedem Fall in petto.

>>> Info: DCKS-Festival, 6.6., 14-22 Uhr, Tanzbrunnen, Rheinparkweg 1, Köln. Karten: 79,50 € auf koelnticket.de