Essen. Beth Hart veröffentlicht am 25. Februar ein neues Album. Für „A Tribute to Led Zeppelin“ brauchte die Sängerin nur die nötige Portion Wut im Buch.

Es begann mit mehr oder minder leisen Tönen aus dem Nachbarhaus. Von dort drang der Klang von Led Zeppelins „Black Dog“ in die gespitzten Ohren der kleinen Beth Hart. Neugierig bat sie den großen Bruder, ihr noch mehr von den britischen Rock-Legenden vorzuspielen. Selbst mit dem Beginn der eigenen Musikkarriere ging die Liebe zu Led Zeppelin nicht verloren. Immer mal wieder bedient sich Beth Hart auf ihren eigenen Konzerten am Repertoire von Robert Plant & Co. Der Schritt zu einem Tribute-Album war also kein großer – dürfte man jedenfalls meinen.

Und doch hat die Blues-Rockerin lange mit sich gerungen, als Produzent Rob Cavallo ihr vorschlug, eine Platte mit Led-Zeppelin-Songs zu machen. Cavallo war bereits für Beth Harts letztes Album „War In My Mind“ (2019) verantwortlich und hat sie bei den Aufnahmen dazu auch „Whole Lotta Love“ im Kontrollraum singen hören. „Um Zeppelin zu machen, muss man wütend sein, um die Noten richtig zu treffen. Ich kann das nicht. Ich habe jahrelang daran gearbeitet, meine Wut unter Kontrolle zu bringen“, entgegnete Beth Hart und schob das Projekt erstmal beiseite.

„Die Narben werden bleiben“

Seit Kindestagen leidet die heute 50-Jährige an einer Form von bipolarer Störung, die sich in manischen und depressiven Stimmungsschwankungen äußert. Dazu kamen Drogen- und Alkoholprobleme. Mit Therapeuten arbeitet die Sängerin an ihrer mentalen Gesundheit. „Doch egal, wie viele Therapiestunden ich gemacht und wie viel ich gebetet habe, die Narben und Wunden werden bleiben“, erzählte sie in einem Interview auf dieser Seite.

Jung und wild: Bei einem Konzert 1975 in Los Angeles ließen es Robert Plant und Jimmy Page krachen.
Jung und wild: Bei einem Konzert 1975 in Los Angeles ließen es Robert Plant und Jimmy Page krachen. © Warner Music | Warner Music

Die Zeit verging und ein Thema fachte schließlich doch die Wut der Sängerin wieder an. „Dann kam die Pandemie und alles was damit zusammenhängt. Und jetzt bin ich stinksauer. Ich rief meinen Manager an und sagte, Rob und Doug sollen mir die ganze Musik schicken, denn jetzt bin ich bereit, die Songs einzusingen.“ Das Warten hat sich gelohnt. Wenn Beth Hart das erste „Wanna whole lotta love“ begleitet von kreischenden Gitarrenklängen ins Mirko schreit, ist klar, diese Platte füllt die großen Fußstapfen voll aus.

„Whole Lotta Love“ ist gleich der erste Song auf „A Tribute To Led Zeppelin“ und gibt die Richtung vor. Von Zurückhaltung oder einem seichten Einstieg fehlt jede Spur. Wenn Beth Hart schon in die Rolle von Robert Plant schlüpft, dann auch mit voller Hingabe. Die ist besonders im Klassiker „Kashmir“ zu spüren – der trotz achtminütiger Länge übrigens wie im Flug vergeht. Im zweiten Song auf dem Album zeigt sich Harts ganze stimmliche Bandbreite. Mal klingt die Kalifornierin seidig-weich, mal wird sie dem so gern verwendeten Titel „Rockröhre“ vollkommen gerecht.

George Harrison fehlten die Balladen

Und wenn es für viele Beth Harts Stimme ist, die im Ohr bleibt, überzeugen auch die Sessionmusiker auf ganzer Linie. Sie sind es schließlich, die das atemberaubende Organ der Sängerin mit voller Wucht durch das so exotisch anmutende „Kashmir“ und im Anschluss durch „Stairway To Heaven“ tragen. Zu den Instrumenten griffen Gitarrist Tim Pierce (u.a. Bon Jovi), Bassist Chris Chaney (u.a. Rob Zombie), Keyboarder Jamie Muhoberac (u.a. Bob Dylan) und die Schlagzeuger Dorian Crozier (u.a. Joe Cocker) und Matt Laug (u.a. Alanis Morissette). Die orchestralen Arrangements übernahm David Campbell, der bereits für Aerosmith und Beyoncé arbeitete.

Die hochkarätige Besetzung macht sich bezahlt. Die Truppe fängt gemeinsam mit Beth Hart den Vibe von Led Zeppelin ein und gibt auch weniger bekannten Songs Platz, um zu strahlen – dem kurzweiligen „Good Times Bad Times“ vom Debütalbum „Led Zeppelin“ etwa und der Ballade „The Rain Song“, mit der Jimmy Page damals George Harrison eins auswischen wollte. Der Beatle bemängelte die fehlenden Balladen im Repertoire von Led Zeppelin und Page servierte ihm eine, die es in sich hat. Genau hinhören lohnt sich: Der Anfang von „The Rain Song“ ähnelt verdächtig dem Anfang von „Something“, das George Harrison 1969 für die Beatles schrieb.

Plattencover an „Celebration Day“ angelehnt

Auf das Tribute-Album hat es natürlich auch das Lied geschafft, was die Liebe zu Zeppelin einst bei Beth Hart entfachte: „Black Dog“. Mit knapp fünf Minuten ist es eines der kürzesten auf der Platte, deren Cover selbst ein Schmankerl für eingefleischte Fans sein dürfte. Dort zu sehen ist die dunkle Silhouette von Beth Hart vor einer städtischen Kulisse.

Das Ganze ist umgeben von einem Kreis und in warme Farben wie Gelb und Orange gehüllt – ähnlich wie ein Sonnenuntergang. Na, wer weiß, welches Led-Zeppelin-Cover die Inspiration dafür geliefert haben könnte? Richtig, das Live-Album „Celebration Day“ und der passende Konzert-Film aus dem Jahr 2012. Und ein Tag zum Feiern ist die Veröffentlichung von Beth Harts neuestem Werk allemal.

Beth Hart live

Beth Hart kommt auf ihrer „Thankful“-Tour auch in die Region. Sie gastiert am 8.11. in der Düsseldorfer Mitsubishi-Electric-Halle.

Karten gibt es ab 70 €.