Bottrop. Eine Gruppe von Jugendfreunden hat sich in Bottrop den Traum von der eigenen Brauerei erfüllt.

Es war im Jahr 1977, als Jürgen von Manger alias Adolf Tegt­meier dem „Bottroper Bier“ ein musikalisches Denkmal setzte. Seine Umdichtung des Udo-Jürgens-Gassenhauers „Griechischer Wein“ erfreute sich fortan (nicht nur) in Bottroper Partykellern großer Beliebtheit, fußte lyrisch allerdings im Fiktiven: Ein Bottroper Bier gab es nach Schließung der örtlichen Westfalia Brauerei längst nicht mehr. Vier Dekaden später haben zehn Bottroper die Tegtmeier-Weise nun endlich wahr gemacht: Im vergangenen Jahr gingen sie mit ihrer Kleinbrauerei an den Start – und die konnte nur einen Namen tragen, wie Geschäftsführer Markus Gehring erzählt: „Der Song von Tegt­meier hat uns in unser Jugend begleitet und wurde auf Partys auch später immer mal wieder aufgelegt. Deshalb war klar: Wenn wir das mit der Brauerei wirklich machen, muss sie Bottroper Bier heißen.“

Es geschah beim Männerwochenende ...

„Wir“, das meint zehn Jugend- und Bierfreunde in ihren 40ern und 50ern, die sich – wie das so ist bei alten Freunden – nur noch selten trafen. Aber dafür dann richtig. Etwa, wenn mal wieder einer heiratete – oder beim jährlichen Männerwochenende. Dass einer der zehn gelernter Braumeister, ja Biersommelier ist, darf man für den Fortgang der Geschichte wohl als entscheidend betrachten. Dass er auch noch Arthur heißt, so wie jener „Attur“, der in Tegtmeiers Trinklied „bein Jupp inne Kneipe“ geht – ein Wink der Vorsehung, mindestens. Arthur Riedel jedenfalls arbeitete nicht nur bei Krombacher, sondern lud die ganze Bande an einem jener Männerwochenenden im Jahr 2018 schließlich zur Brauereibesichtigung ins Siegerland ein (das Leben kann so schön sein ...). Tja, den Rest kann man sich eigentlich denken – und heute ist er Geschichte.

Lange Schlangen vor dem Kiosk

Eine Erfolgsgeschichte, wie etwa einmal im Monat auf der Sterk­rader Straße im Bottroper Stadtteil Fuhlenbrock zu beobachten ist. Hier bildet sich nämlich stets eine lange Schlange, wenn es wieder frisch abgefülltes „Bottroper Bier“ gibt. Verkauft wird es stilecht aus dem Fenster eines typischen Ruhrgebietsbüdchens, wie es Tegt­meier nicht schöner hätte besingen können.

Prost! Markus Gehring präsentiert das Bottroper Kellerpils, unlängst mit einer Gold-Medaille ausgezeichnet.
Prost! Markus Gehring präsentiert das Bottroper Kellerpils, unlängst mit einer Gold-Medaille ausgezeichnet. © FUNKE Foto Services | Bernd Thissen

Die Brauanlage für das Bottroper Bier– zwei Sorten gibt es, „Helles“ und „Dunkles“ – befindet sich im hinteren Teil des 130 Jahre alten Gebäudes. Dass die Jungbrauer ausgerechnet hier eine Heimat fanden, riecht auch schon wieder stark nach schicksalhafter Fügung. „Wir haben lange nach einer passenden Immobilie gesucht, aber der Markt ist schwierig“, erzählt Markus Gehring. „Irgendwann fiel unser Blick auf das alte Haus mit der Bude.“ Zehn Jahre lang stand es zuvor leer, aber die Freunde und angehenden Brauereibetreiber kannten es noch aus ihrer Kindheit: „Wir haben hier früher unsere Süßigkeiten und Fußballbilder gekauft“, erinnert sich der 49-Jährige, „und später auch die ersten Flaschen Bier und Zigaretten – Fairplay für Zweimarkfünfzig die Packung.“

Feiern mit Currywurst und Bottroper Bier vom Fass

Seit Anfang letzten Jahres braut Arthur Riedel – zurückgekehrt in seine Heimatstadt – nun Bottroper Bier im alten Bau. Zuvor musste er freilich von der ganzen Truppe in gemeinsamer Anstrengung renoviert werden. Neben dem Büdchen beherbergte er auch noch ein winziges Ladenlokal. Vorbesitzer Theo Kuchheida saß hinterm Büdchenfenster, seine Frau Ursula verkaufte nebenan Blumen. Dort steht jetzt eine Theke, und wenn Corona es zulässt, finden hier auch wieder Bierverkostungen statt. Wer mag, kann das kleine Lokal sogar mieten – für Feiern mit Currywurst und Bottroper Bier vom Fass.

Gold beim renommierten „European Beer Star“-Award

In die Flaschen kommt der feine Stoff aus Fuhlenbrock dank gemeinsamer Anstrengung aller Beteiligten. Denn trotz maschineller Unterstützung läuft noch vieles manuell: „Wir nehmen jede Flasche 15 Mal in die Hand, bis sie verkauft wird“, weiß Markus Gehring. Flaschen spülen, abfüllen, etikettieren … die Liste ist lang. Und wurde jüngst noch länger: Neuerdings muss per Hand nämlich auch noch eine Auszeichnung auf die Pulle geklebt werden. Denn im letzten November wurde der jungen Erfolgsgeschichte ein weiteres Kapitel hinzugefügt: Das „Helle“ aus dem Hause Bottroper Bier gewann beim renommierten „European Beer Star“-Award die Gold-Auszeichnung. Nun war Bottrop endgültig zurück auf der Bierlandkarte.

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Dabei hatten die Juroren im Bierland Bayern, wo der „Beer Star“ gewissermaßen „ausgekostet“ wird, zunächst gestutzt. „Helles“ kennt man dort schließlich als eigene Sorte. Das „Helle“ aus Bottrop dagegen heißt nur so, ist aber tatsächlich ein „Kellerpils“. Und in dieser Kategorie (eine von 71!) setzte man sich völlig überraschend gegen die Konkurrenz durch.

Hopfiges fürs Ruhrgebiet

Dass man in Bottrop eben keins der derzeit so angesagten Hellen nach bayrischem Vorbild braut, war ein Frage des Geschmacks – und ein bisschen der Tradition: „Für uns musste es Pils sein, weil wir den Hopfenanteil schätzen“, erklärt Geschäftsführer Gehring. „Bayrisches Helles trinkst du, und dann kommt nichts mehr. Wir wollen das Hopfige – so wie man das im Ruhrgebiet auch kennt und liebt.“

Event mit Jürgen von Mangers Nichte

Sieben Wochen muss das Bottroper Kellerpils lagern, dann kommt es ungefiltert und naturtrüb in die klassische Halbliter-Pulle – so wie man sie auch schon in den 70ern entkorkte, als Tegtmeier den „Saft für’t Leben“ besang. Ob Adolf von Manger das neue Bottroper Bier geschmeckt hätte, muss unbeantwortet bleiben. Doch die Nichte des 1994 verstorbenen Kult-Komikers, steht dem Getränk und seinen Machern ausgesprochen positiv gegenüber.

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Nach früher Kontaktaufnahme seitens der Fuhlenbrocker Brauertruppe, plant man inzwischen sogar ein gemeinsames Event mit Schauspieler und Tegt­meier-Imitator Carsten Bülow. Geplant war dafür eigentlich der 99. Geburtstag Jürgen von Mangers im März. Falls Corona dazwischenfunkt, könnte es auch der 100. werden. Dann wäre noch etwas Geduld gefragt – aber bis in Bottrop endlich wieder Bier gebraut wurde, hat’s ja auch etwas gedauert.

>>> Hier gibt’s Bottroper Bier

Bottroper Bier gibt’s in den Sorten „Helles“ und „Dunkles“ – für 2,50 € pro 0,5 Liter (zzgl. 50 Cent Pfand). Da die Menge begrenzt ist, erhält jeder Kunde jeweils nur 5 Liter. Im Laufe des Jahres sollen die Produktionskapazitäten erweitert werden. Wann der Bottroper-Bier-Kiosk auf der Sterkrader Str. 177 in Bottrop zum Bierverkauf öffnet, wird über die Instagram- und Facebook-Seiten sowie die Homepage bekannt gegeben: www.bottroper-bier.com