Essen. Dave Davis tourt mit „Ruhig, Brauner! Demokratie ist nichts für Lappen“ in der Region. Ein Interview über Zufriedenheit, Partyhits und Rassismus.

Von der Versicherungsbranche über Auftritte als Musiker auf die Kabarett-Bühne: Dave Davis (48) wurde als Toilettenmann Motombo bekannt, nun ist er mit seinem neuen Programm „Ruhig, Brauner! Demokratie ist nichts für Lappen“ auf Tournee. Warum der Comedian nur noch im Karneval als Motombo auftritt, was er über die Rassismus-Debatte denkt und wieso er mit einem Ballermann-Star zusammenarbeitete, hat er uns im Interview verraten.

„Ruhig Brauner! – Demokratie ist nichts für Lappen“: Was verbirgt sich hinter dem Titel Ihres neuen Programms?

Dave Davis: Der Name hat gleich zwei Bedeutungen. Zum einen bezieht sich der Titel „Ruhig Brauner“ auf die rechten Parteien oder Rechtsexkremente, wie ich immer sage. Diese Gruppen teilen immer aus wie King Kong, sobald es aber gegen sie geht, heulen sie wie eine Sissi.

Und die andere Bedeutung?

„Ruhig Brauner“ passt offensichtlich zu meiner herrlich braunen Hautfarbe. Aber primär ermutigt es mich und jeden anderen Staatsbürger in unserem tollen, aber auch verrückten Germany nicht gleich auszuflippen. Meine Devise lautet: Pell dir erstmal ein Ei! Und dass Demokratie nichts für Lappen ist, erklärt sich ja von selbst.

„In Krisensituationen sollte man sich eine kurze Zeit des Ärgerns gönnen“

Sie wollen ein „Plädoyer für Lebensfreude und Zufriedenheit“ halten. Wie schafft man es als Künstler, der in die Corona-Zwangspause geschickt wurde, glücklich zu sein?

In Krisensituationen sollte man sich eine kurze Zeit des Ärgerns gönnen, aber sich dann zuversichtlich den neuen Herausforderungen stellen. Ich habe mit 14 Jahren autodidaktisch Klavier spielen gelernt und habe jetzt statt Frust Akkorde hin- und hergeschoben.

Wieso stehen Sie dann noch als Comedian und nicht als Musiker auf der Bühne?

Beides macht mir unheimlich Spaß und beides braucht eine Bühne. Ich wusste schon immer diffus, dass die Bühne Teil meiner Profession sein würde. Deshalb habe ich dann logischerweise eine Ausbildung zum Versicherungskaufmann gemacht (lacht). Danach habe ich mit meiner Ausbildung zum Audio-Engineer die Weichen Richtung Musik gestellt.

„Meine humoristische Speisekarte reicht von Fastfood bis Drei-Sterne-Menü“

Wie sind Sie zum Kabarett gekommen?

Ich konnte stets allem und jedem etwas Witziges abgewinnen. Wenn ich zum Beispiel meine Musikstücke an Plattenfirmen geschickt habe, dann musste ein kurzes witziges Intro her. Ich schreibe auch weiterhin noch Songs für mich und für andere.

Zum Beispiel den Refrain für den neuen Song „Ich schwanke noch“ des Ballermann-Stars Ikke Hüftgold.

Das war eigentlich ein Zufall. Man muss wissen: Meine humoristische Speisekarte reicht von Fastfood bis Drei-Sterne-Menü. Irgendwann habe ich spontan eine Melodie geschrieben zu den Zeilen „Ich überlege, mit dem Saufen aufzuhören, aber ich schwanke noch“ und das Video dazu bei Instagram hochgeladen. Das hat Ikke Hüftgold gesehen und mich gefragt, ob er es für seinen Song benutzen kann.

„Ich bin mal im Bierkönig aufgetreten“

Schlager-Hits und Party-Songs: Entspricht das Ihrem Musikgeschmack?

Sagen wir es mal so: Es gehört nicht zu meiner primären Welt. Aber ich bin in den 90ern sogar mal im Bierkönig aufgetreten. Einem befreundeten Produzenten war der Sänger eines damals durchstartenden Black-Music-Duos ausgefallen und ich bin als Ersatz eingesprungen. Wir sind in einem kleineren Club dort aufgetreten. In der Haupt-Räumlichkeit stand Micky Krause auf den Tischen und rockte die Massen.

Mit welchem Musiker oder welcher Musikerin würden Sie gerne mal zusammenarbeiten?

Chris Martin, ganz klar. Mein Traum ist es beim Song „Viva La Vida“ die Glocke zu spielen.

Schreiben Sie neben eigenen Songs auch Ihre Witze und Programme selbst?

Ja. Ich habe mal versucht, das in Auftrag zu geben. Aber das funktionierte nicht. Ich habe niemanden gefunden, der meinen Ton trifft. Da kamen oft einfach grenzwertige Schwarzen-Witze.

„Ich will den Leuten den Spiegel vorhalten“

Einige finden auch Ihre Kunstfigur – den schwarzen Toilettenmann Motombo Umbokko – nicht lustig und sagen, dass Sie so Klischees verfestigen. Was sagen Sie zu diesem Vorwurf?

Wenn Sie zu der Zeit, in der ich die Figur entwickelt habe, zehn Fast-Food-Restaurant besucht hätten, hätten Sie festgestellt, dass in jeder dieser zehn Filialen ein Schwarzer die Toiletten sauber macht. Ich habe die Realität abgebildet. Außerdem wollte ich einen Underdog und einen Narren spielen, der trotz seiner bissigen Wahrheiten nicht geköpft wird.

Heute treten Sie allerdings kaum noch als Motombo auf – außer im Karneval.

Ich will den Leuten den Spiegel vorhalten und ihnen humoristisch aufzeigen, was schiefläuft. Und noch vielmehr, was gut läuft. Als ich noch nicht so bekannt war, habe ich auf der Bühne erstmal zehn Minuten lang mit starkem Akzent gesprochen, um dann ins tiefste Bayerisch zu verfallen. Die Zuschauenden konnten eine Erfahrung machen, die ich „Schubladen-Inkongruenz“ nenne. Mittlerweile wissen meine Zuschauer, was sie erwartet und es kommen eher Menschen, die zum Beispiel zum Thema Rassismus keinen Widerspruch erwarten. Deshalb habe ich mich irgendwann gefragt, ob ich – abgesehen vom reinen Humor – mit meinen Darbietungen noch zum Nachdenken anrege.

Und im Karneval könn

Auftritte in der Region

Termine: 5.8. Castrop-Rauxel (Parkbad), 25.+26.8. Dortmund (Schalthaus 101), 10.9. Wesel (Luthersaal), 15.9. Düsseldorf (Savoy Theater), 24.10. Wetter (Lichtburg), 19.12. Kaarst (Albert-Einstein-Forum).

Tickets: Karten und weitere Infos gibt’s unter anderem auf www.dave-davis.de.

„Rassismus ist, wenn die Verpackung mehr zählt als der Inhalt“

Und im Karneval können Sie mit Motombo noch etwas bewirken?

Da kommen die Menschen ja nicht meinetwegen. Ich war zum Beispiel bei einer Kölner Karnevalssitzung für Polizisten. Das Erste, das ich gesagt habe, war: „Achtung: Ich bin schwarz. Bitte nicht aus Reflex schießen!“ Da ging erstmal ein großes Raunen durch den Raum. Das hat mir gezeigt, dass ich damit einen Punkt getroffen habe. Und einige Monate später wurde dann George Floyd von Polizisten getötet.

Nach George Floyds Tod ist auch in Deutschland eine Debatte über Rassismus entflammt. Wie stehen Sie zu der Diskussion?

Was mir fehlt, ist die Differenziertheit. Es gibt Dinge, die völlig okay sind und Dinge, die Grenzen überschreiten. Rassismus ist, wenn die Verpackung mehr zählt als der Inhalt. Jemand sieht jemanden und aufgrund der Hautfarbe spricht er Menschen etwas zu oder ab. Wenn mich aber jemand in einer Menschenmasse kenntlich machen möchte und sagt: „Der Schwarze dort rechts“, dann ist das ein Hilfsmittel der Bezeichnung. Rassistisch wäre es aber, wenn er dafür das N-Wort benutzt. Ohne differenziertes Denken und Empathie kochen Debatten über. Und somit kommen wir auch wieder zum Punkt: Pell dir erstmal ein Ei!

„Die Politik muss dringend mehr für den Klimaschutz tun“

Sie wohnen in Bonn, dessen umliegende Regionen stark von dem Hochwasser betroffen waren. Wie haben Sie das Unwetter erlebt?

Ich war in Papierkram versunken und dachte zuerst, es wäre ein ganz normales Hochwasser. Dann habe ich die Pressebilder gesehen und war sehr, sehr geschockt. Die Politik muss dringend mehr für den Klimaschutz tun, damit solche Katastrophen sich nicht häufen.

Sie sprechen in Ihrem neuen Programm auch über Verschwörungserzählungen. Was ist die absurdeste Theorie, die Sie gehört haben?

Das ist keine konkrete Theorie, aber es hat mich wirklich verwundert, wie Menschen auf die Straße gehen können und sagen, dass sie in einer Meinungsdiktatur und ohne Meinungsfreiheit leben. Die Tatsache, dass sie gerade demonstrieren, bestätigt ja das genaue Gegenteil. Ich war echt verwundert, wie viele Menschen in meinem Umfeld dieser Denke verfallen sind. Die Pandemie hat mir das angebliche Zitat von Albert Einstein noch einmal sehr plastisch veranschaulicht: „Zwei Dinge sind unendlich: Das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.“