Essen. Suzi Quatro rockt noch mit 70 wie in alten Tagen. Im Interview spricht sie über ihr neues Album und Angus Young von AC/DC.

Suzi Quatro war erst 14, als sie in der Band ihrer Schwestern einstieg und in den Clubs von Detroit auftrat. Mit 20 ging sie mutterseelenallein nach London – und wurde mit Hits wie „Can The Can“ bald zum ersten weiblichen Rockstar. Inzwischen ist die zweimalige Mutter 70 und kreativ wie lange nicht mehr. Am 26.3. erscheint bereits das zweite Album innerhalb von zwei Jahren, das sie gemeinsam mit ihrem Sohn Richard aufgenommen hat. Der Titelsong wurde bereits vorab veröffentlicht, und danach fragte Stefan Moutty eine frisch geimpfte Suzi Quatro im Interview als erstes.

In Ihrem neuen Song „The Devil in Me“ singen Sie über den Teufel in sich. Wie teuflisch sind Sie denn?

Suzi Quatro: Der Song ist von meiner Mutter inspiriert. Sie hat immer zu mir gesagt, dass ich ein Engel bin – so lange, bis mein Heiligenschein runterrutscht und zur Schlinge wird. Ich war aber nie ein wirklich böser Teufel, eher ein kleiner, spitzbübischer Teufel. Allerdings nennt mein Mann mich noch heute „Trouble“ (lacht).

Mit „Motor City Riders“ haben Sie eine Hommage an Ihre Heimatstadt Detroit für Ihr kommendes Album aufgenommen. Wer sind diese „Motor City Riders“?

Es ist eine Metapher. Das ist der Text, an dem ich am längsten gefeilt habe. Es geht um meine Heimatstadt, und wie es war, dort aufzuwachsen. Ich wollte, dass jedes einzelne Wort genau das richtige ist – weil es meine Hymne an meine Heimat ist. Denn auch wenn ich seit langem in England lebe, werde ich immer das Mädchen aus Detroit bleiben.

Alice Cooper hat gerade ein ganzes Album über Detroit gemacht ...

Ja, und er wollte meinen Song „Your Momma Won’t Like Me“ als Duett mit mir aufnehmen. Ich sagte o.k. und hab ihm meine Gesangs- und Bass-Aufnahmen dafür geschickt. Als ich dann den Produzenten nach dem fertigen Mix fragte, um ihn freizugeben, sagte er, das ginge nicht. Ich meinte, „Wieso denn nicht? Da ist mein Gesang drauf und es steht mein Name drunter!“ Dann rückte er damit heraus, er könne mir auch nicht garantieren, dass es ein gleichberechtigtes Duett werde. Ich sagte, „Aha, deshalb also“, und hab die Sache abgelehnt. Ich gebe meinen Namen nicht für ein Duett, wenn es dann doch kein richtiges ist. Es gab deshalb aber keinen Ärger zwischen Alice und mir, wir sind gute Freunde und haben letztens noch telefoniert.

1975 waren Sie und Alice Cooper gemeinsam auf großer US-Tour. Welche Erinnerungen haben Sie daran?

85 Konzerte am Stück waren das, Wahnsinn! Der Titel „Welcome to my Nightmare“ passte wirklich. (lacht) Jeden Tag ein oder zwei Flüge, jeden Abend ein Gig, wir hatten einige Kämpfe, haben viel gepokert – Alice liebt pokern!

Stimmt es eigentlich, dass Sie lieber Schlagzeug als Bass gespielt hätten, als Sie in Ihrer ersten Band angefangen haben?

Nein. Mein erstes Instrument waren die Bongos. Da war ich sieben und bin mit meinem Vater aufgetreten. Danach hab ich Klavierunterricht bekommen und schließlich Percussion in der Schulband gespielt. Als ich in der Band angefangen habe, hieß es einfach, „Du übernimmst den Bass“, die anderen Instrumente waren auch schon vergeben. Von meinem Vater hab ich einen Fender-Bass bekommen, und als ich mir den zum ersten Mal umhängte, wusste ich sofort: Das ist mein Instrument. Das Spielen hab ich mir selbst beigebracht. Ich hätte auch niemals hinter einem Schlagzeug sitzen wollen, ich bin eine Frontfrau. (lacht)

Ihren Bass haben Sie auch schon mal als Waffe eingesetzt, wie ich las ...

Ja, da muss ich so 15 oder 16 gewesen sein. Ein Kerl vor der Bühne machte ein paar sehr obszöne Gesten zu mir, das war gar nicht nett. Da hab ich ihm einfach eins mit meinem Bass rübergezogen und so getan, als ob es zur Show gehört. Er ist umgefallen wie ein Sack Zement.

Als Sie in den 70ern groß herauskamen, sind Sie in Ihren berühmten Leder-Overalls aufgetreten. Was ist aus denen geworden?

Die sind über die ganze Welt verteilt. Ich habe welche für Charity-Auktionen gespendet, manche hängen in „Hardrock Cafes“, einer hängt im British Museum for Music – und eine Menge habe ich in meinem Ego-Zimmer bei mir zuhause. Ich trage heute noch Leder-Overalls, aber sie halten nicht so lange. Zwei Jahren sind das Limit für einen Overall auf der Bühne.

Auf einem „Bravo“-Poster trugen Sie sogar mal einen Leder-Bikini. Waren Sie damit mal schwimmen?

(lacht) Nein, den hab ich nur fürs Foto angezogen. Das war ein Shooting für eine australische Zeitung. Sie kamen mit dem Teil an und fragten, ob ich ihn anziehen könnte. Ich hab’s gemacht, das war eben so eine typische Publicity-Aktion.


Die Leder-Overalls sollen von Elvis inspiriert gewesen sein.

Das Leder, ja. Ich war begeistert von dem Leder-Outfitt, das Elvis 1968 bei seinem Comeback-Special getragen hatte. Mein Produzent Mickie Most schlug dann einen Overall vor, und ich dachte, „Gute Idee, ich spring auf der Bühne ziemlich herum, das ist so ein Overall praktisch, weil nichts verrutscht.“


Stimmt es, dass Elvis Sie sogar mal nach Graceland eingeladen hat?

Ja, das war 1974. Meine Version von „All Shook Up“ war in die US-Charts eingestiegen und ich war auf Tournee in Memphis. Im Hotel rief einer seiner Angestellten an und sagte, Elvis wolle mich sprechen – und dann ging er ran. Da wurde ich schon fast ohnmächtig. Er sagte, dass ihm meine Version von „All Shook Up“ gut gefiele und er mich nach Graceland einladen wolle. Ich antwortete ihm, dass ich ziemlich viel zu tun hätte – ich war irgendwie noch nicht bereit, ihn zu treffen. Und ich wusste schließlich nicht, dass er bald darauf sterben würde.


Im September 1976 waren Sie Top-Act bei der „Bravo Super Disco“ in der Duisburger Rhein-Ruhr-Halle. Im Programm waren auch AC/DC auf ihrer ersten Europa-Tour – Angus Young war damals gerade 19 Jahre alt. Haben Sie daran noch Erinnerungen?


Klar, ich habe ein gutes Gedächtnis. Wir sind damals eine Treppe hinaufgegangen, AC/DC waren hinter mir – und Angus Young hat mir in den Hintern gekniffen. Ich hab mich umgedreht und ihm mit der der Faust gedroht, bereit ihm eine zu knallen. Da hat er sich geduckt und meinte, „Sorry, ich konnte mich nicht beherrschen.“ Ich hab’s ihm durchgehen lassen, aber gesagt, „Das passiert nicht noch einmal!“ Und er: „Nein, nie wieder!“ (lacht).


2021 stehen noch Konzerte von Ihnen in Deutschland an. Meinen Sie, das wird was?


Ich habe keine Ahnung, niemand weiß das. Ich habe auf jeden Fall schon eine Impfung, Ende April bekomme ich die zweite. Und das Virus hatte ich ja auch schon …

Und wir war bei Ihnen der Verlauf?

Schön war es nicht. Aber ich war hauptsächlich sehr, sehr müde. Mein Geschmackssinn war ein bisschen weg, aber ich hatte gar kein Fieber. Egal, ich hab’s überstanden.

Suzi Quatro live:

Derzeit geplante Termine: 12.5. Wuppertal (Hist. Stadthalle), 14.5. Mönchengladbach (Red Box), 22.5. Siegen/Hilchenbach (KulturPur-Festival), 14.8. Mülheim (Ruhrbühne).

Karten ab ca. 32 € gibt’s u.a. auf www.ruhrticket.de.