München..

Der Münchner Tatort „Nie wieder frei sein“ fängt da an, wo die meisten anderen TV-Krimis aufhören. Die Kommissare Leitmayr und Batic haben den Mörder gefasst – und ringen Sonntagabend in der ARD mit der Justiz.

Eigentlich ist sich jeder Teilnehmer an dem Prozess sicher, dass Markus Rapp (Shenja Lacher) ein Vergewaltiger und Mörder ist. Die Kommissare Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Batic (Miroslav Nemec), die junge Melanie Bauer (Anna Maria Sturm), die den Angriff Im Gegensatz zu einer anderen Frau überlebt hat, die Prozessbeobachter. Nur das Gericht will ich ihn nicht verurteilen. Wegen eines banalen Formfehlers, wie Leitmayr und Batic es sehen. Wegen einer rechtswidrigen Maßnahme, wie Rapps Anwältin es sieht. Die Ermittler haben Rapp ohne Gerichtsbeschluss überwacht. Dass Recht nicht immer gleich Gerechtigkeit ist - diese und andere Einsichten liefert am Sonntag der „Tatort“ aus München.

Rechtsanwältin Regina Zimmer (Lisa Wagner) ist die Person, die dem Täter zu dem Freispruch verhilft. Sie ist - anfangs etwas schablonenhaft dargestellt - eine junge, ehrgeizige Frau, die mit juristischen Plattitüden um sich wirft und mit den anpackenden Praktikern Leitmayr und Batic kaum etwas gemeinsam hat.

40 Jahre TatortKommissare in der Grauzone

So müssen Leitmayr und Batic denn auch weitgehend alleine versuchen, weitere Straftaten Rapps zu verhindern. Denn offensichtlich hat der unscheinbare, junge Mann nicht vor, aufzuhören und überrascht die nach dem Überfall selbstmordgefährdete Melanie zu Hause - ohne ihr allerdings etwas zu tun.

Melanies Eltern und Freunde schlagen Alarm und werfen der Polizei Untätigkeit vor. Auch zwischen Leitmayr und Batic besteht Dissens darüber, in welchen Fällen der offizielle Dienstweg besser nicht eingehalten werden sollte. „Es gibt Gesetze, da gibt es keine Grauzone“, sagt Leitmayr. „Ja, und wir sind dann die Arschlöcher, weil wir nichts machen können“, befindet Batic.

Spannendes Finale nach zähem Mittelteil

Rapps Vater (Tilo Prückner) ist ebenfalls wütend auf die Polizisten, weil sie seinen Sohn vor den seiner Einschätzung nach völlig ungerechtfertigten Schmähungen durch die anderen Dorfbewohner nicht beschützen können. Eine weitere Betreuung durch die Anwältin gibt es nämlich nicht. Sie will sich nach ihrem erfolgreichen Auftritt bei Gericht weitgehend aus der Sache heraushalten, zumal auch sie Opfer der Wut von Melanies Bekannten wird.

Als Melanie schließlich abermals verschwindet, befürchten die Kommissare das Schlimmste. Dann wird eine Leiche gefunden, und es beginnt die packende Endphase dieses von Christian Zübert („Lammbock“) inszenierten „Tatorts“, der nach einem fesselnden Anfang die Spannung im Mittelteil nicht wirklich aufrechterhalten kann. Am Ende gewinnt die von Dinah Marte Golch geschriebene Geschichte aber wieder an Reiz, vor allem weil einige Figuren plötzlich eine unvermutete Tiefe bekommen. „Nie wieder frei sein“ - das gilt plötzlich nicht mehr nur für die Opfer. (dapd)