Der Leipziger Tatort „Schön ist anders“ verliert sich in verzweigten Beziehungsgeflechten. Neben der Suche nach dem Mörder geht es um das Schicksal einer alkoholkranken Frau und ihrer Familie – aber beides bleibt oberflächlich.
Beim aktuellen Leipziger Tatort „Schön ist anders“ mit dem Ermittler-Duo Saalfeld und Keppler, zu sehen am Sonntag, 12. Dezember um 20.15 Uhr in der ARD, wäre eine kleine stetige Wer-ist-wer-Einblendung am Bildrand wohl das Richtige. Es gibt viele Personen und zu viele Verbindungen, und der „dringend Tatverdächtige“ liegt im Koma. Das ist nicht nur für geübte Tatort-Zuschauer, sondern auch für die Leipziger Kommissare Eva Saalfeld (Simone Thomalla) und Andreas Keppler (Martin Wuttke) eine Herausforderung, für letztere auch aus privaten Gründen. Nach und nach decken die beiden Ermittler neben einem Mord auch das Schicksal einer vom Alkohol zerfressenen Ehe auf, wobei sie Parallelen zu ihrer eigenen gescheiterten Ehe sehen. Unter die Haut geht dieser neunte Leipziger Tatort deshalb aber nicht.
Der Chef und seine Straßenbahnfahrerin
Die Leiche liegt, erschlagen, im Kofferraum. Es ist Jörg Korsack (Christian Maria Goebel), erst seit ein paar Monaten Chef der städtischen Verkehrsbetriebe. Seine Frau Sabine (Corinna Harfouch) weiß von seiner Affäre mit der jungen Straßenbahnfahrerin Mandy, aber auch von den vielen anderen zuvor. Mord aus Eifersucht also? Sie kommt auf die Liste der möglichen Verdächtigen.
Darauf steht bald auch der 17-jährige Tobias Fischer (Philipp Gerstner), der als Azubi bei den Verkehrsbetrieben anfangen soll. Ihm ist die Liaison zwischen Mandy und ihrem Chef ein Dorn im Auge. Nachdem Mandy ihn auf dem Betriebsfest abgewiesen hat, geht er auf Korsack los, der ein paar Stunden später tot im Auto liegt. Schnell stellt sich heraus, dass der Wagen Tobias Vater, Uwe Fischer (Martin Brambach), gehört. Von ihm erfahren die Kommissare, dass Tobias seit der Tatnacht wegen einer Alkoholvergiftung auf der Intensivstation liegt. Was sie zunächst nicht erfahren, ist die Tatsache, dass das Opfer auch der Chef von Uwes Ehefrau Moni (Jule Böwe) ist. Moni stand bei ihrem toten Chef wegen Alkoholproblemen auf der Abschussliste. Er drohte ihr mit Kündigung. Hat sie ihn umgebracht, um ihren Job zu behalten? Oder wollte ihr Sohn sie am Ende rächen? Und dann ist da noch der gutmütige und stellvertretende Chef, Siggi Mertens (Peter Kurth), der sich bei dem toten Korsack für Moni und ihre Weiterbeschäftigung eingesetzt hatte. War sein sozialer Antrieb so stark, dass er deswegen seinen Chef erschlagen hat?
Zwischen Midlife Crisis und Ermittlungen
40 Jahre Tatort
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Die Handlung plätschert zwischen der Torschlusspanik der Midlife-Crisis-geplagten Kommissare und den Ermittlungen dahin. Weil die Liste der Verdächtigen lang ist, bleibt wenig Zeit, um sich in mögliche Motive der Figuren einzufühlen.
Tatort-Ausstellung
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Natürlich geht es darum, einen Mord aufzuklären. Das große Thema in diesem Tatort ist aber auch die Alkoholsucht: Eine Frau wird von ihrer Familien, Freunden und Arbeitskollegen, den sogenannten Co-Abhängigen, oft aus falscher Rücksichtnahme gedeckt. Ein wenig zu spät rückt dieser auch für die Ermittlungen wichtige Aspekt in den Vordergrund. Ein gut gemeinter Tatort, der seinem Anspruch, gesellschaftlich relevante Themen aufzugreifen, gerecht werden möchte, dabei aber vergisst, gleichzeitig ein spannender Krimi sein zu wollen. Die Suche nach dem Mörder, das Schicksal einer alkoholkranken Frau und ihrer Familie – beides bleibt oberflächlich.
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