Essen.
Das eingespielte Ensemble um den rechthaberischen Rechtsmediziner Professor Börne überzeugt mit fein dosiertem Humor im neuen Tatort „Fluch der Mumie“. Beleuchtet wird die Puppenstube Westfalen diesmal aus ungewöhnlichen Blickwinkeln.
Er wähnt sich elegant und wirkt doch linkisch. Er will bei allen glänzen und kommt bei niemandem richtig an. Er ist ein Meister des falschen Tons, und dennoch hat er am Ende recht. Im “Tatort” „Fluch der Mumie“ (Sonntag, ARD, 20.15 Uhr) in Münster dreht sich wieder alles, um den rechthaberischen Rechtsmediziner Professor Börne. Und das ist gut so.
Das Autorenteam Stefan Cantz und Jan Hinter spielen souverän mit bewährten Motiven der gutbürgerlichen Universitätsstadt, die bei weniger geschickten Schreibern zu langweiligen Klischees verkommen wären, fein dosierter Humor inklusive. Krimi-Handlung und das in Münster unvermeidliche Menscheln des großen Ensembles sind geschickt miteinander verwoben. Mehr noch: Vor allem zwischenmenschliche Reibungen treiben die Geschichte.
Beinahe von selbst versteht sich, dass der gerade aus der Haft entlassene Knacki (Tobias Schenke) unmöglich ein Mörder sein kann - zumal er von der sympathischen Börne-Gegenspielerin Alberich rührend betreut wird. ChrisTine Urspruch hilft dem langen Elend bemerkenswert unsentimental. Unsentimental geht die großartige kleinwüchsige Schauspielerin auch mit ihrem Körpermaß um: Allein diese Szenen sind den Film wert.
Aber nicht nur sie. Heidelbach und sein Team schaffen viele lohnenswerte Miniaturen, die sich um Hoffnung und Enttäuschung drehen. Und das von Anfang an: Der Vater von Kommissar Thiel findet beim Entrümpeln im Keller einer Archäologen-Witwe eine Mumie. Der taxifahrende Lebenskünstler wähnt sich in der Hoffnung auf fetten Finderlohn am Ende seiner ewigen Geldsorgen. In den Augen des Dortmunder Schauspielers Claus-Dieter Clausnitzer blitzen sprichwörtlich Euro-Zeichen. Am Ende steht er, wie Donald Duck, als sympathischer Verlierer da.
Dieses Schicksal teilt er mit Dr. Wilfried Kastner da. Der Archäologe lässt sich auf einen Konkurrenzkampf mit Rechtsmediziner Börne ein. Spät, zu spät erkennt er, dass er diesen Kampf nicht gewinnen kann. Episoden-Star Justus von Dohnányi lässt das Selbstvertrauen des Wissenschaftlers nach und nach zu Staub verfallen. Damit lässt er Jan Josef Liefers den Vortritt, der die Rolle des selbstgefälligen Rechtsmediziners inzwischen bis an die Grenze der Selbstparodie perfektioniert hat.
Dauer-Scharmützel
So erfolgreich Börne im Beruf daherkommt, so tölpelhaft erscheint er auf der menschelnden Ebene des Krimis. Sicher, seine dienstlichen Dauer-Scharmützel gegen Fahnder Thiel, wie immer hemdsärmlig verkörpert von Axel Prahl, enden unentschieden. Auf privater Ebene jedoch scheitert Rechtsmediziner Börne an seinen beiden linken Händen. Mieter Thiel triumphiert im Streit um fließendes Wasser, Running Gag des Films, letztlich über Vermieter Börne. Das Duo Prahl und Börne harmoniert in herzlicher Hassliebe inzwischen so eingespielt wie die „Männerwirtschaft“ von Jack Lemmon und Walter Matthau.
Was das Sehvergnügen steigert: Regisseur Kaspar Heidelbach findet zum Mumien-Fall Bilder, die alles andere als verstaubt sind. Dass er sich dabei von Kino-Hits wie „Nachts im Museum” anregen ließ, stört nicht. Vielmehr gelingt dem Regie-Routinier das Kunststück, die dauerpräsente Kulisse der Puppenstube Westfalens aus ungewohnten Blickwinkeln zu zeigen - und den Fall mit einer überraschenden Wendung aufzulösen.