München. Mit 200 km/h durch München, Koksen in der Disco, Lakaien in der Villa: Der Münchner “Tatort“ zeigt einen vermögenden “Wüstensohn“ (Episoden-Titel) so, wie es klischeehafter kaum ginge. Und dennoch hat die Story von Batic und Leitmayr mehr zu bieten als nur das.

So stellt man sich den Großkotz aus dem Morgenland vor. Braust im weißen Lamborghini mit 200 Sachen nächtens durch die Münchner City, kokst in der Disco mit ein paar jugendlichen Speichelleckern herum, lässt sie im Garten mit scharfen Waffen auf Flaschen ballern und scheucht die Lakaien durch seine Villa. Der Prinz mit Diplomatenstatus, der wohl nicht zufällig an Gaddafis Sohn und dessen einstiges Protzgehabe in der bayerischen Landeshauptstadt erinnert, hat allerdings eine Leiche auf dem Beifahrersitz, und das bringt ihn unfreiwillig mit dem Duo Leitmayr und Batic zusammen.

Das riecht doch nach einem munteren Duell mit den beiden alten Jungs von der Münchner Kripo. Aber so unterhaltsam der neue „Tatort: Der Wüstensohn“ (Sonntag, ARD, 20.15 Uhr) zuweilen auch daherkommt, so prallvoll ist er doch mit Plattitüden und vollgestopft mit Themen obendrein.

Teppichhandel und Waffengeschäfte

Es ist ja nie ganz ohne Risiko, wenn der „Tatort“ sich in die internationale politische Gemengelage einmischt. Ganz so schlimm wie der Münsteraner Ausflug zu den Uiguren in „Die chinesische Prinzessin“ vor einem knappen Jahr missglückt das hier allerdings nicht. Aber der Fall des toten Prinzenfreundes führt über einen Teppichladen plötzlich tief in verbotene Waffengeschäfte mit einem Emirat, zu bestechlichen Staatssekretären, dubiosen Firmenfritzen und einem besonders unsympathischen Konsul, dem man leider schon beim ersten Auftritt anmerkt, dass er mindestens weiß, wer der Täter ist.

Mit dickem Pinselstrich ist Regisseur Rainer Kaufmann hier unterwegs, die quälend auf Orient getrimmte Musik ist schon eine Herausforderung für die Ohren, und so wenig der Humor eigentlich hier hinpasst, so sehr rettet er dann doch noch den Abend. Udo Wachtveitl (Leitmayr) und Miroslav Nemec (Batic) wirken so, als könnten sie das alles nicht ganz ernst nehmen und spielen sich endlich mal wieder wie in alten Zeiten die Bälle zu. Die Dialoge sitzen, die Zoten sind politisch herrlich unkorrekt. Und wenn Leitmayr den ihn minutenlang umschwirrenden Spielzeug-Hubschrauber eines ungezogenen Saudi-Bengels im Schuhgeschäft kommentarlos aus der Luft fischt und zerrupft, ertappt man sich beim Applaus auf dem heimischen Sofa.

Batic als väterlicher Freund des Prinzen

Sobald das Duo auf diesen undurchsichtigen Prinzen Nasir prallt, ist natürlich auch Musik drin. Zumal der verwöhnte Bursche nach allerlei Frechheiten gegen die Ermittler in dem harten Batic irgendwann so etwas wie einen väterlichen Freund entdeckt, und ihm nicht nur einen sündhaft teuren Teppich aufs Revier schickt, sondern auch noch einen Top-Job bei der Polizei im Emirat anbietet.

Der unbekannte Schauspieler Yasin el Harrouk liefert da mit grimmigem Blick und sprachlichem Befehlsstakkato eine großartige Vorstellung ab, auch wenn mancher Auftritt ein bisserl überdreht wirkt – aber wieviele arabische Prinzen kennen wir schon zum Abgleich?

Und siehe da, hinter der Fassade des Ich-kann-mir-alles-Erlaubenden sucht ein junger Mann seinen Platz zwischen Tradition und Moderne, droht selbst zum Spielball der Mächte zu werden. Es wäre ja auch zu billig, wäre der „Tatort“ am Ende nicht mehr als nur eine platte Kulturkritik am arabischen Geldadel und dessen schlechtem Benimm.

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