Wacken. .

Scorpions, die erfolgreichste deutsche Rockband, spielt also 2012 auf dem weltweit größten Metal-Festival. Das ist ein schönes Beispiel dafür, welche Bedeutung das Wacken Open Air sowohl bei Musikern als auch bei Zuschauern genießt. Vor 22 Jahren mit ein paar Hundert Besuchern auf einer Kuhweide gestartet, zieht das dreitägige Festival im hohen Norden mittlerweile rund 80 000 Zuschauer in das 1800-Seelen-Dorf Wacken.

Immer noch auf einer Kuhweide, doch die in Anspruch genommene Fläche erstreckt sich nun über 200 Hektar. Die größten mobilen Bühnen Europas werden in Wacken aufgebaut, mit 120 Dezibel gibt’s drei Tage Heavy-Metal-Dauerbeschallung.

Dieses Mal war es (gefühlt) sogar noch lauter. Denn was Ozzy Osbourne auf dem Wacken 2011 losgetreten hat, könnte kaum besser zum Festival-Motto „faster, harder, louder“ passen: Schneller, härter, lauter. Ganz in Form ist der 61-Jährige zwar nicht mehr, doch kann er von einem schier unerschöpflichen Legendenbonus als einer der Urväter des Heavy Metal zehren. Da ist es nicht so wichtig, dass er mit dem Gesang manchmal daneben liegt. Ein gefeiertes Konzert – genau wie der Auftritte von Judas Priest, ebenfalls eine Legende. Es war eine der letzten Möglichkeiten, die Truppe rund um Rob Halford zu sehen – nach 40 Jahren Bühnenkarriere haben die Briten ihren Bühnenabschied angekündigt.

Mehr als 80 Bands haben in drei Tagen gespielt, darunter Blind Guardian, Airbourne und Motörhead. Allesamt Schwergewichte der Szene, die in Wacken zusammenfinden. Es ist eine Art Familientreffen, nur ohne den üblichen Verwandtschaftsstreit. Das Wacken Open Air ist eines der friedlichsten und entspanntesten Festivals der Welt.

„Wir wollen uns nicht kaputt wachsen“

Die Zahl der Fans könnte übrigens durchaus in den sechsstelligen Bereich gehen, doch die Veranstalter haben sich selbst einen Wachstumsstopp verordnet. „Wir haben eine Größe erreicht, die noch gut zu organisieren ist“, sagt Festival-Chef Thomas Jensen. „Die Fläche für die Camping-Plätze ist endlich, und wir wollen uns auch nicht kaputt wachsen.“

Aus einer anderen Sicht wächst das Festival kontinuierlich weiter – im Bereich der Angebote. Schon längst ist das Wacken Open Air weit mehr als ein einfaches Metal-Festival. Vor einigen Jahren kam ein Mittelalter-Markt hinzu, der sich mittlerweile über eine Größe von mehreren Fußballfelder erstreckt. Wrestling ist seit zwei Jahren im Programm – und nun ist auch Comedy. Mit Bülent Ceylan ist erstmals ein Comedian auf der großen Wacken-Bühne aufgetreten. Das kam gut an, „und das ist der Ausschlag gebende Punkt“, sagt Jensen. Werden die Angebote von den Fans angenommen, bleiben sie im Programm.

Sitzen für einen guten Zweck

So wie das Pfahlsitzen, das ebenfalls in diesem Jahr eingeführt wurde. Je länger Besucher es auf einem Baustamm sitzend ausgehalten haben, desto mehr Geld haben Sponsoren der Festival-eigenen „Wacken-Foundation“ gespendet. Ziel dieser Stiftung ist es, junge Heavy-Metal-Bands zu fördern. Ein guter Zweck also – aber ein Stückchen Eigennutz, wie Jensen zugibt: „Wir brauchen neue Bands in diesem Genre, damit wir auch in Zukunft Headliner für unser Festival haben.“

Denn die Legenden des Heavy Metal, sie sterben langsam aus.