Wacken..
1850 Einwohner, 4000 Kühe. Und 75.000 Heavy-Metal-Fans. Am Wochenende hatte der größte Rock’n’Roll-Zirkus der Welt seine Zelte aufgeschlagen: Das Wacken Open Air. Eine dreitägige Party im hohen Norden der Republik, die mittlerweile weitaus mehr ist als ein einfaches Festival.
Ein bierbäuchiger Mann trägt nur einen Schottenrock – und einen Baumstamm in seinen Händen. Den versucht er mit aller Kraft zu werfen. Nur zwei Meter weiter kracht der Stamm auf die Erde. Macht nichts, das Publikum johlt. Im Zelt nebenan kracht auch etwas auf den Boden: ein Catcher, der gerade den Showkampf gegen seinen muskelbepackten Gegner verloren hat. Das Publikum johlt. Es wird wieder johlen, wenn wenig später an gleicher Stelle Frauen nackte Haut zeigen...
Moment. War hier nicht von einem Heavy-Metal-Festival die Rede, von lauter, harter und schneller Musik? Ja, durchaus. Die Szenen spielen sich auf dem Mittelalter-Markt des Wacken Open Air ab - ein kleiner Punkt auf einer Riesenfläche: Das Wacken Open Air erstreckt sich über einen Raum, der 270 Fußballfeldern Platz böte. Es gilt größtes und bestes Metal-Festival der Welt. Als Party der Superlative, als Jahrmarkt des härtesten Musikgenres. Zum 21. Mal.
Alice Cooper, Iron Maiden, Slayer
Mehr als 90 Bands spielen in Wacken am ersten Augustwochenende, darunter Größen der Szene wie Iron Maiden, Alice Cooper oder Slayer. Alles, was Rang und Namen hat, ist auf dem seit Monaten restlos ausverkauften Festival zu sehen und zu hören. Pausen gibt es kaum, selbst zu nachtschlafender Zeit dröhnt es von den Bühnen. Nur ein paar Stunden, nachdem die letzte Band gespielt hat, geht es vormittags weiter. Das ist ganz nach dem Geschmack des Publikums. Drei Tage lang wird lautstark durchgefeiert – auch mitten im Dorf Wacken. Dort haben sich die Vorgärten der Bewohner in Biergärten verwandelt, viele Wackener nehmen am Festival teil, bieten Getränke oder Snacks an.
Das war nicht immer so. Als vor 15 Jahren das erste Mal mehr als 20.000 Zuschauer kamen, brach Chaos aus. Der Weg zum einzigen Festival-Zugang führte mitten durchs Dorf, die Bewohner wurden von martialisch aussehenden Besuchern überrannt. „Wir haben unsere Türen und Fenster verrammelt“, erinnert sich eine Anwohnerin.
Türen und Fenster werden für Besucher geöffnet
Solche Szenen spielen sich längst nicht mehr ab, stattdessen werden Türen und Fenster für die Besucher geöffnet. Das Festival ist allen Bereichen durchorganisiert, selbst bei der An- und Abreise gibt es keine Staus. Durchorganisiert ist auch die Sicherheit auf dem Gelände. Selbst wenn es bei den Auftritten von Iron Maiden oder Slayer eng werden kann, wenn sich 75.000 vor der Bühne drängen. „Das Publikum kann in fast alle Richtungen ausweichen, innerhalb einer Minute können wir das gesamte Gelände öffnen“, sagt Festival-Sprecherin Britta Kock. Und so hat Sicherheitschef Thomas Hess am Ende des Festivals nicht viel zu vermelden. „Die Zahl der Einsätze ist sogar rückläufig. Auf jedem mittelgroßen Stadtfest gibt es mehr Verletzte.“
- Einmal im Jahr wird ein kleines schleswig-holsteinisches Dorf zum Nabel der Metal-Welt. 1990 begann Wacken im Vergleich zu heute als Kleinveranstaltung - ein Drei-Tages-Ticket gab es für 12 Mark, heute wären das sechs Euro. Apropos Geld: Die Polizei registrierte bei Wacken 2010 gut 350 Anzeigen wegen Taschendiebstahls.