Köln. . Barbra Streisand gastiert auf ihrer Europatournee nur in fünf Städten. In Köln hat sie eines ihrer Konzerte gegeben. Es wurde ein dreistündiger Spaziergang - auch durch die 50 Jahre ihrer Karriere im Musikgeschäft. Vom ersten Moment an verzauberte die 71-Jährige das Publikum.
Im Tiefgarage herrscht Dickschiff-Alarm. Wer sich eine Konzertkarte für bis zu 565 Euro leisten kann, der kommt nicht mit dem Fahrrad, der Straßenbahn oder dem Zug. Und auch nicht mit einem Auto, das aus zweiter Hand stammt oder besonders sparsam im Spritverbrauch ist.
Mittwochabend in der Lanxess-Arena ist auch sonst vieles anders als gewohnt. Draußen verwaisen die Bierbuden, während die Sektverkäufer blendende Geschäfte machen, beim Hereinkommen wird man mit ausgesuchter Höflichkeit auf die Bodenausleger der Absperrungen hingewiesen („Vorsicht! Bitte nicht stolpern!“), und die Handtaschen bleiben für dies eine, besondere Mal, undurchsucht.
Auf ihrer Europatournee gastiert Barbra Streisand nur in fünf Städten. Nach London, Amsterdam und Paris ist Köln an der Reihe, als erste von nur zwei Stationen in Deutschland. Am Samstag folgt noch Berlin. Das war’s. Mit 13 000 Besuchern ist die Arena nicht ganz ausverkauft, aber so gut wie. Verglichen mit dem ganzen Hype und den strikten Auflagen – auf den Tickets steht, gleich unter dem Namen des Weltstars, „No Cameras/Video/Rec“, fast so, als wäre es der Name der Tour – wirkt die Hauptperson unglaublich warm und familiär.
Stimme von magischer Strahlkraft
Zwar sitzt im Graben ein ganzes Orchester, auch ein Gospelchor muss am Ende ran, aber die so gern gebrauchte Bezeichnung Diva will auf die inzwischen 71-Jährige so gar nicht passen. Vom ersten Moment an verzaubert sie das Publikum.
Mit Bildern aus ihrem Fotoalbum, die ein halbes Jahrhundert im Musik-, Show- und Filmgeschäft abdecken, mit ihrer Stimme, die nichts von ihrer magischen Strahlkraft verloren hat, Anekdoten aus ihrem Leben und einem Repertoire, das von Stücken der 1960er wie „Happy Days Are Here Again“ bis hinein in die 1980er reicht, als sie im Duett mit Barry Gibb „Guilty“ sang und als „Woman In Love“ die Charts eroberte.
In drei Stunden (mit Pause) lässt die schlanke Frau mit dem glatten, gescheitelten Blondhaar, deren Visagistin man nur zu gerne mal kennenlernen würde, Melodien aus Musicals („Funny Girl“) und Revuen passieren, erinnert an Filme („Yentl“, „The Way We Were“, „A Star Is Born“) oder nimmt sich Titeln aus dem Katalog der Jazzstandards („ My Funny Valentine“) an. Schon oft geplündert, aber selten mit soviel Herzblut erfüllt. Vor lauter Begeisterung kommt das Publikum mit Aufspringen, Jubeln und Wieder- Hinsetzen kaum nach.
„Die Leute sagen, ich sei witzig. Aber sie arbeiten für mich“
Begleitet auf Konzertreise wird Streisand von ihrem Sohn Jason Gould und ihrer Halbschwester Roslyn Kind, denen sie gerne den Platz im Rampenlicht gönnt. Dass beide vorzüglich singen, liegt klar in den Genen. Ein weiterer Triumph ist Weltklasse-Tenor Chris Botti, der sich mit Geigerin Lucia Micarelli ein furioses Duell liefert („Emanuel“). Während sich Fanny Brice, die Heldin aus „Funny Girl“ und „Funny Lady“, ganz furchtbar über ihre verzögerte Schlagfertigkeit ärgert – die richtigen, guten, Antworten fallen ihr immer erst hinterher ein – ist ihre Darstellerin durchaus mit Reaktionsschnelligkeit gesegnet.
Beim Vorlesen von Fragen aus dem Publikum, gerät ihr der Zettel von Britta aus Alfter in die Hände. Die will wissen: „Sind Sie ein Funny Girl? Können Sie einen Witz erzählen?“ Die Antwort: „Die Leute sagen, ich sei witzig. Aber sie arbeiten für mich.“ 13.000 Menschen in Köln tun das nicht. Aber sie würden dem unbedingt zustimmen.