Essen. Nach der Nominierung der umstrittenen Band Frei.Wild für den Musikpreis Echo ziehen andere Musiker erste Konsequenzen. Kraftklub lassen ihre Plattenfirma darum bitten, die eigene Nominierung zu streichen. “Wir möchten nicht in einer solchen Reihe genannt werden“, teilte die Chemnitzer Gruppe mit.

Erst hat die Nominierung der umstrittenen Südtiroler Band Frei.Wild für den Musikpreis Echo für Empörung und Aufregung in den Sozialen Netzwerken gesorgt - keine 24 Stunden später ziehen andere Musiker erste Konsequenzen: Die Indie-Rap-Gruppe Kraftklub will nicht gemeinsam mit Frei.Wild auf der Echo-Liste stehen - und deshalb im Zweifel auf den Preis verzichten.

"Wir haben unsere Plattenfirma gebeten, dafür zu sorgen, dass unsere Nominierung für den Echo in der Kategorie 'Rock/Alternativ National' zurückgezogen wird", teilte die Chemnitzer Band am Mittwochmittag auf ihrer Facebook-Seite mit. Sie hätten sich gefreut, zusammen mit Mia, den Toten Hosen, Unheilig und den Ärzten nominiert zu sein, schrieben Kraftklub weiter. Aber: "Wir möchten nicht weiter in einer solchen Reihe genannt werden."

Frei.Wild wegen völkischer Tendenzen in der Kritik

Offiziell distanziert sich Frei.Wild zwar von der rechten Szene. Wegen patriotischer Texte und völkischem Gedankengut in Liedtexten und der Neonazi-Vergangenheit von Sänger Philipp Burger gilt die Gruppe dennoch als Rechtsrock-Band.

Die Ärzte, in derselben Kategorie für den Echo nominiert, haben erst im vergangenen Jahr ihr Lied "Schrei nach Liebe" entsprechend abgewandelt. Live singen sie dort mittlerweile "zwischen Frei.Wild und den Onkelz steht ne Kuschelrock-LP".

Die Ärzte hat der "Echo sowieso nie interessiert"

Wegen seiner Neonazi-Vergangenheit steht Philipp Burger, Sänger von Frei.Wild, in der Kritik. Er distanziert sich offiziell von rechtem Gedankengut. Kritiker werfen der Südtiroler Band dennoch vor, in ihren Texte nationalistische und völkische Ideale zu bedienen.
Wegen seiner Neonazi-Vergangenheit steht Philipp Burger, Sänger von Frei.Wild, in der Kritik. Er distanziert sich offiziell von rechtem Gedankengut. Kritiker werfen der Südtiroler Band dennoch vor, in ihren Texte nationalistische und völkische Ideale zu bedienen. © Jan Dinter/WAZ FotoPool

Die Ärzte reagierten auch bereits auf Bekanntgabe der potenziellen Preisträger. "Beim 'Wichtigsten Deutschen Musikpreis' ist mal wieder eine politisch fragwürdige Band nominiert", schreibt die Band auf ihrer Homepage. Sie sieht die Situation eher emotionslos: "Da uns der Echo sowieso nie interessiert hat und unsere politische Einstellung hinreichend bekannt sein sollte, liegt der Rest in den Händen der sicherlich weisen Juroren."

Unterdessen mehrten sich auf den Facebook-Auftritten der ebenfalls nominierten Toten Hosen und Mia Aufforderungen von Fans, es Kraftklub gleichzutun und den Musikpreis ebenfalls zu boykottieren.

Lob und Kritik von Fans für Kraftklub-Ansage

Kraftklub jedenfalls bekommen für ihren Wunsch nach Ent-Nominierung viel Unterstützung von Fans. Mehr als 3800 Facebook-Nutzer klickten innerhalb einer Stunde "Gefällt mir", hundertfach wird das Statement zu Frei.Wild geteilt. "Jungs, ihr habt meinen größten Respekt", schreibt ein Fan.

Doch es gibt auch - wie immer in der Diskussion um die Südtiroler Rockband - Kritik: Nutzer werfen Kraftklub vor, Frei.Wild falsch zu verstehen und sich auf deren Kosten profilieren zu wollen. Für die Chemnitzer indes steht fest, dass der Echo dieses Jahr ohne sie stattfindet: "Schade um die schöne Aftershowparty..."

Frei.Wild bitten um ausreichend Bier auf der Echo-Aftershow-Party 

Auch bei Frei.Wild selbst ist der Boykott der Kollegen am Mittwochnachmittag längst angekommen. Auf ihrer Facebook-Seite kommentiert die Band "Da waren's nur noch vier." Anschließend wird der Wortlaut des Kraftklub-Postings imitiert: "Wir haben nach langem Überlegen unsere Plattenfirma, die wir selber sind :) gebeten, dafür Sorge zu tragen, dass nach der Nominierung für den Echo in der Kategorie 'Rock/Alternativ National' genug Bier auf der Aftershowparty steht", schreiben Frei.Wild. "Wir freuen uns auf die großartige Liste unserer Kategorie und hoffen, dass wir nicht als einzige übrig bleiben und den Echo trotz kleinerer Verkaufszahlen jetzt doch noch kriegen könnten."

Frei.Wild hatte in den vergangenen Monaten wiederholt für Wirbel in Sozialen Netzwerken und der Musikszene gesorgt. Im Oktober 2012 gab es vor einem Konzert in den Dortmunder Westfalenhallen Kritik. Beim Auftritt selbst skandierte Sänger Burger dann "Nazis raus" - Zweifel an der Gesinnung blieben jedoch.

Festival-Sponsoren zogen sich wegen Frei.Wild zurück

Im Februar gab es dann erneut Ärger: Nachdem Frei.Wild fürs Metal-Festival "With Full Force" angekündigt wurden, zogen sich das Musikmagazin Visions und Jägermeister als Sponsoren zurück. Am Ende sagte die Band ihren Auftritt ab.

Der Echo ist der größte deutsche Musikpreis, er wird am 21. März vergeben. Frei.Wild ist nach nach 2011 bereits zum zweiten Mal nominiert. Kriterium: die Album-Charts von Media Control, in diesem Fall zwischen Februar 2012 und Februar 2013. In der Vergangenheit war die Nominierung der Band eher unbemerkt geblieben - dieses Mal nicht. (shu)