Essen. . Die Südtiroler Band Frei.Wild unter dem Generalverdacht, verkappt rechtsradikal zu sein. Ein ZDF-Beitrag versuchte das auszuloten - darin kam der Sänger von Jupiter Jones mit einer kritischen Anmerkung zu Wort. Und darüber wiederum gerieten sich die Anhänger beider Gruppen in die Wolle.

Die Fans der Südtiroler Band Frei.Wild und Jupiter Jones liefern sich derzeit bei Facebook einen heftigen Schlagabtausch. Auslöser des Krachs war ein Beitrag in der ZDF-Sendung „Aspekte“. Darin ging es um die Frage, wo Frei.Wild politisch steht. Der Band werden regelmäßig rechte Tendenzen vorgeworfen. Ergebnis der ZDF-Sendung: Frei.Wild seien zwar keine Nationalsozialisten, sollten sich aber in der Öffentlichkeit besser gegen Rechts positionieren. In dem Beitrag hatte sich Jupiter Jones-Sänger Nicholas Müller geäußert und hatte Frei.Wild „keinen bloßen Patriotismus, sondern einen exklusiven Nationalismus“ unterstellt. Das Statement sorgte natürlich für heftige Resonanz im Netz. Facebook-Nutzerin Frost schreibt beispielsweise: „Freiwild sind Nazis. Scheiß Patriotenpack!“ Und Frei.Wild-Fan Enrico schießt gegen Jupiter Jones und deren Fangemeinde: „Ihr seid echt ein lächerlicher Kinderhaufen.“ In das gleiche Horn stoßt Hannes auf Facebook: „Ihr Affen! Ihr könnt es Euch nicht leisten, über Frei.Wild irgendeine Kritik zu äußern.“

Frei.Wild fühlt sich falsch dargestellt

Im Gespräch mit der WAZ-Mediengruppe erklärt Frei.Wild-Sänger Philipp Burger, dass er mit Reaktionen dieser Art gerechnet hat: „Natürlich haben wir das zumindest nicht ausgeschlossen. Wir hatten uns auf massig Reaktionen und Proteste seitens unserer Fans und auch der Zuschauer eingestellt, dass natürlich einige so weit übers Ziel hinausschießen, hat selbst uns verwundert.“

Die Vorwürfe gegen Frei.Wild

Die nationalsozialistischen Vorwürfe gegen Frei.Wild ergeben sich aus zwei Punkten. Gravierend wiegt die Neonazi-Vergangenheit von Sänger Philipp Burger. Von dieser distanziert er sich und stempelt sie, wie auch in einem im Dezember ausgestrahlten Beitrag in der ZDF-Sendung „Aspekte“, als Jugendsünde ab. Der zweite Punkt, warum Frei.Wild in das rechte Lager eingeordnet werden, liegt an ihren patriotisch-völkischen Texten über ihre Heimat Südtirol. Frei.Wild selbst ist sich der Wirkung ihrer Heimat-bejahenden Texte durchaus bewusst. Burger begründet diese im ZDF-Beitrag durch ihre Herkunft: „Wer versteht, dass wir Südtiroler und nicht Deutsche sind, und dass hier (in ihrer Heimat Tirol) jeder so denkt, wird merken, dass nicht wir auf dem Holzweg sind.“

Für Müller liegt genau darin das zentrale Problem: „Frei.Wild verkaufen hier in Deutschland und nicht in Südtirol die meisten Tonträger und füllen hier die Hallen. Natürlich wird es in Südtirol eine andere Auffassung von Heimat und Patriotismus geben als bei uns, aber aufgrund unserer Vergangenheit in Deutschland ist mit dem Thema Stolz auf die eigene Herkunft einfach anders umzugehen.“

Im ZDF-Beitrag wird ein Einspieler gezeigt, in dem sich NPD-Funktionär Patrick Schröder über den Stellenwert der Band äußert: „Die Band ist zwar nicht zu 100 Prozent auf unserer Linie, aber zumindest zu 80 Prozent.“ Schröder weiter: „Wir haben aus dieser Band die Möglichkeit, noch in extremeren Maße zu profitieren, als früher durch die Böhsen Onkelz.“ Der Verweis Schröders auf die Böhsen Onkelz liegt auf der Hand. An vielen Stellen der Diskussion um Frei.Wild fühlt man sich in die Zeit zurückversetzt, in der die Böhsen Onkelz sich vom damaligen Rechtsrock distanzierten.

Frei.Wild belegte mit ihrem jüngsten Album „Feinde deiner Feinde“ aus dem Stand Platz zwei der deutschen Albumcharts und füllte auf der dazugehörigen Tournee in diesem Jahr beispielsweise die große Westfalenhalle.

Burger fühlt sich und seine Band in der Öffentlichkeit falsch dargestellt: „Die letzten Wochen waren aus journalistischer Sicht nicht wirklich mit Glanzleistungen gesegnet. Wir hätten uns da zumindest von den öffentlichen-rechtliche Sendern und Berichterstattern etwas mehr Recherche und Feingefühl zu einem so sensiblen Thema erhofft. Dass hierbei unsere Texte völlig aus dem Zusammenhang gerissen wurden und schlichtweg weniger der Wahrheitsfindung als der Quotenjagd Tribut gezahlt wurde, ist schon erschütternd.“

Von Rechts vereinnahmt

Ebenfalls im Gespräch mit der WAZ-Mediengruppe beschreibt Nicholas Müller von Jupiter Jones, dass er es gefährlich findet, dass Frei.Wild stark durch die NPD vereinnahmt werden: „Das ist nicht im Sinne der Band und ihrer Fans. Sie müssen sich stärker gegen Rechts stellen, um dieses Image loszuwerden.“ In diesem Punkt stimmt ihm Burger zu: „Ja, ich verstehe seine Punkte und kann sie aus seiner Sicht auch durchaus nachvollziehen. Grundsätzlich liegen wir in unserer Anschauung auch auf einem Nenner.“

Dass sich aus dem Statement in dem „Aspekte“-Beitrag ein Streit zwischen den Fans entwickelte, war nicht im Sinne von Nicholas Müller: „Uns ging es mit dem Statement in dem Bericht nicht darum, irgendjemandem ein Hakenkreuz an das Revers zu heften. Ich glaube Frei.Wild, dass sie keine Nationalsozialisten sind. Das habe ich auch nie behauptet.“

Überrascht von der Heftigkeit der Attacken

Burger ist indes überrascht von der Heftigkeit der Anfeindungen, mit der die Frei.Wild-Fans gegen Jupiter Jones schießen - und verurteilt diese: „Keine Frage, diese Diskussionen und einige Kommentare haben einen absoluten Tiefpunkt in Sachen Niveau, Ausdrucksweise und Umgangston erreicht, auf beiden Seiten. Ganz klar, dass hier in Zukunft großer Handlungsbedarf besteht, den Menschen zu zeigen, dass so etwas kontraproduktiv ist. Ich wünsche mir diesbezüglich echt von allen Seiten etwas mehr emotionale Bedachtheit und Sensibilität.“

Einen ersten Schritt zur Entschärfung der Situation haben Frei.Wild bereits auf ihrer Facebook-Seite unternommen: „Nichts desto trotz bitten wir euch, bei so manchem Statement und Post, den Zorn und Hass außen vor zu lassen. Jupiter Jones haben ihre Meinung und die sollten wir tolerieren, genauso auch andersrum.“ Müller unterstützt das: „Ich bin für einen objektiven und respektvollen Umgang miteinander.“