Dortmund. . Als die Band R.E.M. im September 2011 ihr Ende verkündete, gab es keinen großen Aufschrei. So richtig waren die Amerikaner nur noch in den Köpfen ihrer Fans präsent. Ihre Werkschau auf CD zeigt, welches große Vermächtnis die Band hinterlässt.

Irgendwie war das Kapitel „Athens, Georgia“ für viele Musik-Fans schon lange erledigt. Kein Wunder, hatten R.E.M. doch spätestens mit ihrem Album „Automatic for the people“ einen Meilenstein in den Boden der Rock- und Popmusik gerammt, dessen Niveau sie später nur punktuell wieder erreichen konnten. Mit dem Vorgänger „Out of time“ machte die Band den Schritt vom Alternative Rock in den Mainstream, „Automatic for the people“ beförderte die Gruppe dann zum festen Inventar.

Nichtmal ein Geheimtipp

Dass R.E.M. vor „Out of time“ bereits sechs gute Alben veröffentlicht hatten, wusste in Deutschland höchstens eine kleine Anzahl Musikliebhaber. Die Band war vor ihrem Durchbruch in Europa nichtmal ein Geheimtipp. Dabei machen frühe Songs wie „Radio Free Europe“, „(Don’t go back to) Rockville“, „Fall on me“ – die schönste aller R.E.M.-Balladen – und erst recht „Superman“, „It’s the end of the world as we know it“ und das großartige „The one I love“ die späteren Hits à la „Losing my religion“ noch etwas leichter verstehbar.

Denn schon bei den frühen Songs zeigt sich, dass R.E.M. zwar nie richtig Mainstream waren, aber andererseits nie auf weit wentfernten musikalischen Abwegen gewandert sind. Dass die Band dann mit „Losing my religion“ plötzlich in aller Ohr und auf allen Radiosendern omnipräsent war, war ein Glücksfall für R.E.M. und auch für Musikkonsumenten, die plötzlich entdeckten, dass Alternativ gar nicht so fremd klingen muss, wie es der Name der Stilrichtung vielleicht vermuten lässt. So ist es wohl der größte Verdienst von Michael Stipes und seine Band-Genossen die Hörgewohnheiten von Otto-Normal-Musikhörern verändert haben, ohne sich selbst zu sehr verbiegen.

Anthologie mit 40 Songs

Jetzt, rechtzeitig vor dem Weihnachtsgeschäft, ist die Werkschau „Part Lies Part Heart Part Truth Part Garbage 1982-2011“ erschienen. Was sich nach schnödem Best of anhört, ist in Wahrheit eine Anthologie mit den 40 besten Songs (auf zwei CDs), die eine der wichtigsten Bands der vergangenen 20 Jahre hervorgebracht hat – leider ohne „Superman“ und leider mit dem überflüssigen Machwerk „Shiny happy people“.

Bis auf diese beiden Kritikpunkte lassen die zwei Scheiben jedoch keine Wünsche offen. Es wird deutlich, mit wie viel Liebe zum Detail die Songs produziert wurden. Alle Stücke, auch die alten, kommen mit Saft und Kraft ins Ohr. Abgerundet wird das Album durch drei neue Songs, von denen besonders „We all go back to where we belong“ noch einmal zeigt, was die Musikwelt an R.E.M. verloren hat.