Essen. . „Bad as me“ heißt das neue Album von Tom Waits, „Schlecht wie ich“. Es klingt nach so manchem von früher – aber siehe, der Herr schuf alles neu. Keith Richards singt auch mal mit, und überhaupt: Es ist alles drin, was Fans des Ausnahmekünstlers Waits berauscht.

Bei einem wie Tom Waits ist Treue natürlich relativ. Aber auf „Bad as me“ („Schlecht wie ich“, erschienen bei Indigo) hat er sie hörbar geschworen. Waits’ neues Album ist Bekenntnismusik zu sich selbst: Ein „Best Of“ ohne „Of“, alle Songs sind neu – und alle hemmungslos vertraut.

Das ist kein Vorwurf, das ist die schlichte Dankbarkeit. Ein 61-Jähriger, der sich partout nicht bequatschen lässt, mal was ganz anderes zu machen, ist ein Geschenk. Da das Geschenk aber Waits heißt, riecht das bunte Papier natürlich ein bisschen nach Schnaps, irgendwie scheint die Schleife aus Strapsen zu sein und hat man es ausgepackt, hält man sich erstmal die Ohren zu. Man hatte fast vergessen, wie er quietschen kann und dass Vokale bei Waits wie Sodbrennen klingen und selbst das Schöne längst entjungfert ist.

Wir wünschen diesem großen unter den U-Musikern ein langes Leben, aber wenn dieses Album das letzte sein sollte, dann wäre es ein schlaues Vermächtnis. Es ist alles drin, was Fans dieses Ausnahmekünstlers berauscht. Es ist die nie endende Bar-Verlorenheit („Kiss me“), ein schwarzer Rhythm’n’Blues aus Nimmerland. Immer denkt man: Wie einschüchternd abgeklärt die Stücke und die Texte sind. Bis man Lied für Lied den kleinen Spalt entdeckt, durch den blitzt, dass Dinge nie ganz kaputt sind. Leider auch: nie ganz heil. Wir hören neu – und wieder. Hier die Jahrmarktsorgeln, da ein kleines Glockenspiel, das im Dreck des Lebens wie aus dem Himmel zu klingen scheint.

Von Dreck und Himmel

Es gibt die ausgefransten Banjo-Töne, die (Ab-)Gesänge auf schöne Frauen zwischen Mutteroberin und Bitch, den wüsten Galopp („Chicago“), den Waits auf Kurzstrecken auch im Alter kann. Und es gibt viele kleine Elegien von der Straße, von der Trennung, vom Abstand zwischen zwei Drinks und der ewigen Lust, abzuhauen, obwohl das schlechte Leben ja immer mitkommt.

Für seinen vorwiegend gemütlichen Ritt durchs eigene Werk hat sich Waits Paradepferde ausgeborgt. Keith Richards etwa winselt sich mit Waits nicht nur schauersanft durchs Herbstlaub („Last Leaf“), er steckt auch willig ein, wenn Waits in „Satisfied“ den berühmtesten Hits der Stones am Schlafittchen packt. Und so selbstbewusst wie vermutlich echt hellsichtig zeigt, wo er in der Pop-Geschichte steht: „Now Mr. Jagger an Mr. Richards / I will scratch where I’ve been itching“ – tja, Ihr Lieben, da wo’s mich juckt, da kratz ich auch...