Essen. Der Ausnahmepianist Joja Wendt verbindet Humor und Gehalt an seinem Flügel. Dabei will der virtuose Piano-Entertainer vor allem junge Menschen begeistern.

Ein Klavierkonzert wird zum E-Wendt, Pardon: Event, wenn der Hamburger Ausnahmepianist in die Tasten greift. Ab heute gastiert Joja Wendt (45) mit seinem Programm „Das Beste am Klavier” in der Region und präsentiert allabendlich eine virtuose Mixtur aus U, E und ganz viel H (Humor). Vorab sprach Carsten Dilly mit dem Entertainer.

Herr Wendt, was ist „Das Beste am Klavier”? Vielleicht die vielen Tasten? Oder dass es sich als Möbelstück so gut macht?

Joja Wendt: (lacht) Nein, fürs neue Programm habe ich einfach nur die Stücke ausgewählt, die ich selber für die Besten halte. Das ist also eine rein autobiografische Sache.

Und wer ist für Sie „Der Beste am Klavier”? Klassik-Gigant Vladimir Horowitz, Jazz-Legende Oscar Peterson oder Klavier-Clown Victor Borge?

Joja Wendt: Eine gute Frage. Denn das hängt bei mir von der jeweiligen Lebensphase ab. Es gab eine Zeit, da stand ich total auf Jazzmusik. Dann gab es eine Zeit, in der ich sehr viel Klassik gehört habe. Und auch der Humor von Victor Borge hat mich sehr beeinflusst. Und insofern ist das neue Programm eine Art Retrospektive meines musikalischen Lebens.

Sie haben in sehr jungen Jahren mit dem Klavierspiel angefangen. Gab es bei Ihren acht Geschwistern keinen Ärger, wenn Sie sich beim Üben verspielt haben?

Joja Wendt: Üben ist nie schön für die Menschen um einen herum. Die Leute wissen schon: Oh, jetzt kommt wieder die Stelle, wo er sich verspielt! Deshalb habe ich mich nachts auch manchmal im Musiksaal der Schule einsperren lassen. Mit Butterbrot und Milch bewaffnet konnte ich dort ungestört am Klavier üben. Traumhaft. Damals war ich ein klein wenig autistisch unterwegs.

Können Sie sich an Ihren ersten Klavierlehrer erinnern? Ich an meinen schon . . .

Joja Wendt: Ach, dann spielen Sie auch Klavier?

Nein, eben nicht. Was hat Ihr Lehrer richtig gemacht?

Joja Wendt: Ein guter Lehrer fördert die Stärken. Und das war bei mir die Improvisation. Ich habe aber auch sehr viele Lehrer verschlissen. Bei uns zu Hause bekam meine ältere Schwester als Erste Klavier-Unterricht – von einer einarmigen Lehrerin. Eine sehr humorvolle Frau war das, bei der das Spielen immer Laune gemacht hat.

Apropos: Schlechte Laune können Sie sich auf der Bühne nicht leisten. Aber wie sieht es mit dem Klavier aus? Ist Ihr Bühnenpartner nicht manchmal verstimmt?

Joja Wendt: (lacht) In der Tat. Wissen Sie, wie ich meinen Flügel nenne: Othello!

Das müssen Sie erklären.

Joja Wendt: Gerne. Erstens ist er schwarz. Und zweitens: Wenn ich lange nicht da war, ist er tatsächlich meist etwas verstimmt. Und was meine eigene Laune angeht: Ich bin gesegnet mit einem grenzenlosen Optimismus. Damit treibe ich die Menschen zum Wahnsinn.

Sie waren unlängst zu Gast bei „Wetten, dass..?” in China und haben dort auf dem Flügeldeckel Ping Pong spielen lassen. Was kann man auf einem Klavier denn noch alles anstellen?

Joja Wendt: Oh, da sprechen Sie was an! Ich habe mit meinem Management darüber gesprochen und gesagt: „Jetzt spiele ich Tischtennis auf dem Klavier, mit dem Rücken zum Instrument und auch die schwierigen Stücke – was soll noch kommen?” Ehrlich gesagt bin ich ratlos. Aber Hintergrund dieser kuriosen Aktionen ist, junge Leute fürs Klavier zu begeistern.

Eine Gitarre hat für junge Menschen trotzdem mehr Ausstrahlung. Ein Piano ist einfach nicht sexy . . .

Joja Wendt: Mag sein. Aber ein Klavier hat ja viel mehr Möglichkeiten. Ein Klavier ist wie ein ganzes Orchester, das man vor sich hat. Kein anderes Instrument kann so viele verschiedene Dinge abbilden. Klar, große Rockstar-Posen sind da weniger möglich. Aber Jerry Lee Lewis zum Beispiel ist doch auch cool, wenn er loslegt.

Wären Konzerte nur für Kinder auch eine Idee? Leonard Bernstein hat mit seinen „Young People's Concerts” in den 50er-Jahren den Grundstein gelegt . . .

Joja Wendt: Ja, so etwas möchte ich bald tatsächlich angehen. Mit Kinder-Konzerten, die ein wenig humorvoll sind, wo man auch mal vom Stuhl fallen darf. Denn wenn man die Leute auf der Straße fragt, ob sie Klaviermusik mögen, antworten die meisten mit „Ja”. Aber in Klavierkonzerte würden trotzdem die wenigsten gehen. Das möchte ich ändern. Schließlich kann ein Konzert lustig und trotzdem gehaltvoll sein.

Joja Wendt live: 7.11. Bochum (Jahrhunderthalle), 19.11. Dortmund (Konzerthaus), 13.12. Mülheim (Stadthalle), 25.1. Gelsenkirchen (MiR), 6.3. Düsseldorf (Tonhalle). Konzertkarten gibt es in unserem Ticket-Shop.