Essen. . Warum sind Imitatoren heute beinahe so beliebt wie die erfolgreichsten Musiker von damals? Allein die Tribute-Band The Australian Pink Floyd Show füllt in den kommenden den Tagen die Arenen der Region. Ein Erklärungsversuch.
Totgeglaubte spielen länger: Pink Floyd sind wieder da, Genesis und die Beatles, Abba und Queen auch. Natürlich nicht im Original. Aber um den Zauber einer verstrichenen Jugend mittels Live-Musik wiederauferstehen zu lassen, reicht heute vielen Fans auch eine bis ins Detail nachempfundene Kopie.
Tatsächlich erfreuen sich so genannte Copy- oder Tribute-Bands eines stetig wachsenden Zulaufs, abzulesen etwa an Konzerten der Australian Pink Floyd Show, die Anfang der kommenden Woche zwei Konzerte vor geschätzt je 10 000 Fans spielen wird.
Pakt zwischen Musikern und Publikum
„Es ist ja nicht so, dass wir versuchen, Pink Floyd abzuzocken“, sagt Colin Wilson, seit 1992 Sänger und Bassist bei Aussiefloyd, wie die Fans die Band liebevoll abkürzen. „Wir spielen eben die Musik, die wir lieben. Und die unser Publikum liebt. Wir versuchen, das in eine Show zu packen, die den Namen Pink Floyd verdient.“ Inklusive quadrophonischer Soundeffekte und in konsequenter Fortentwicklung alter Optik für das Jahr 2011: mit Animationen in 3D.
„Es ist schon merkwürdig: Die Musiker tun so, als wären sie jemand anders und das Publikum tut auch so, als wäre es auf einem Original-Konzert. Erstaunlich, dass das funktioniert“, sagt Marc Pendzich, Musikwissenschaftler und ausgewiesener Experte für Coverversionen und -bands. Dieser Pakt zwischen Musikern und Fans besteht in beinahe noch größerem Maße als bei – zuweilen doch recht eigenwilligen – Originalkünstlern. „Alle wissen genau, was sie geliefert bekommen. Das ist wie bei einem Big Mac. Wenn man nach 20 Jahren Abstinenz in den Burger beißt, schmeckt er exakt so wie vor 20 Jahren. Das ist eine eigene Qualität“, sagt Pendzich.
Wie ein museales Konzert aus den 70er-Jahren
Tatsächlich reproduzieren die Bands alte Konzerte von der Lichtshow bis zur Setlist, von Kostümen und Make-up bis hin zu den Bühnenansagen. „Es ist, als würde man ein museales Konzert aus den 70er-Jahren besuchen, das in die heutige Zeit versetzt wurde. Es fühlt sich oft verstaubt an, denn man würde das heute nicht mehr so machen. Aber es hat einen eigenen Reiz“, so der Musikwissenschaftler.
Was mit einer Band wie Pink Floyd funktioniert, lässt sich natürlich auch mit anderen anstellen. Von „Rain“, die die Beatles imitieren, über „Abba – The Show“ bis hin zur „Musical Box“, die Genesis-Touren komplett nachstellen, zum Entzücken der Besucher, die wissen, dass sie nie wieder in den Genuss des Originals kommen werden. „In den frühen Jahren wurden wir von manchen Pink-Floyd-Fans angefeindet“, sagt Colin Wilson. „Sie haben nicht geglaubt, dass jemand tun könnte, was wir tun – und dass wir gut genug wären. Aber glücklicherweise hat sich diese Einstellung geändert. Wir zollen ja der Band Tribut. Dazu haben wir sogar den Segen von Pink Floyd.“
Ständchen für Gilmour
Noch mehr als dies: Zum 50. Geburtstag von David Gilmour 1996 waren die australischen Floyd sogar eingeladen, nicht als Gäste, sondern als Band. „Es war für David Gilmour das erste Mal, dass er bei einem Pink-Floyd-Konzert im Publikum stehen und einfach nur zuschauen durfte. Er hat das sehr genossen“, so Wilson.
Wo eine Band mit solch einer Masche Erfolg hat, bleiben andere nicht fern. Deutschland wimmelt von Beatles-Veranstaltungen, von Abba-Nachfolgern. Und, die gibt es ja selbstverständlich auch noch: eine Armee Elvis-Imitatoren. „Ich war neulich auf einer Show, die hieß ,The Three Elvisses’“, sagt Popexperte Pendzich, der an einem Abend Imitatoren aus drei verschiedenen Phasen des King Of Rock’n’Roll sah.
Das Phänomen beschränkt sich nicht auf längst aufgelöste Bands, auch Metallica, Motörhead, AC/DC und die Stones, also mehr oder minder lebendige Künstler, können sich nicht vor Nachahmern retten.
Die Armee der Elvisse
Immerhin sind die Karten für die Imitatoren noch nicht auf dem Preisniveau der Originale angelangt, auch wenn sie nicht günstig sind. Im Schnitt kostet eine kopierte Show nur halb so viel. Was, wenn man es bedenkt, fair ist für ein nur fast authentisches Erlebnis.
Schließlich stehen dort oben nicht die Schöpfer von Meilensteinen der Rockmusik, sondern „nur“ virtuose Musiker. Die kreative Befriedigung sucht sich Wilson in seiner eigenen Band El Vato. Aber: „Ich würde keine meiner Bands missen wollen.“
Wenn Roger Waters im Sommer selbst mit Pink Floyds „The Wall“ wieder auf Tour geht, erweckt das beinahe den Eindruck eines Selbst-Covers. Als Fan dürfte Wilson dann übrigens der Ironie des eigenen Erfolgs zum Opfer fallen: „Es wird extrem schwierig für uns, Waters zu sehen, weil wir ja selbst auf Tour sind.“
- Live: The Australian Pink Floyd Show 21.Februar, Köln, Arena, 22. Februar, Oberhausen, Arena. Roger Waters „The Wall“ 18. Juni, Düsseldorf, Arena