Köln. .
Ihre amerikanische Rootsmusik passt kein bisschen ins Kölner Gewerbegebiet. Trotzdem haben The Avett Brothers am Mittwoch im Gebäude 9 die paar hundert Fans schwer begeistert - und mit Folk, Bluegrass und Country so gerockt, dass am Banjo gleich neue Saiten aufgezogen werden mussten.
Es sind gerade ein paar Songs gespielt, da müssen an Scott Avetts Banjo schon neue Saiten aufgezogen werden. Genau, Banjo - ein eher ungewöhnliches Instrument für Musiker Mitte 30. Scott Avett hat mal gescherzt, er sei von der Gitarre aufs Banjo umgestiegen, weil’s lauter ist. Dass der Mann gehört werden will, ist offenbar: Seit vielen Jahren singt er sich (sehr schön) die Seele aus dem Leib. Am Mittwochabend auch im Kölner Gebäude 9.
Sein Bruder Seth singt mit, nicht minder schön, und beim Harmoniegesang der Musiker aus Concord, North Carolina, gibt’s Gänsehaut und Instant-Melancholie im Doppelpack. In Deutschland wissen das noch nicht so viele, und so war die Fan-Gemeinde eher überschaubar - aber angemessen hingebungsvoll und erstaunlich textsicher dafür, dass gerade erst das erste Album auf einem Major Label erschienen ist. Bevor Produzenten-Legende Rick Rubin die Avetts unter Vertrag nahm, um mit ihnen an „I And Love And You“ zu arbeiten, hatten sie ihre Alben auf einem Label veröffentlicht, dass so indie ist wie ihre Musik weiterhin klingt.
90 energiegeladene Minuten voller Leidenschaft
Sie wissen, was sie tun. Tun’s auch schon lang genug. Bevor die Avett-Brüder Scott und Seth vor runden acht Jahren als akustisch ausgerichtete Avett Brothers auf die Bühne gingen, hatten sie schon in ihrer Band „Nemo“ elektrisch hart gerockt. Das blitzt immer noch hin und wieder durch und macht den Musik-Quilt, den sie aus so vielen verschiedenen Stilen zusammensteppen, noch ein bisschen bunter. Folk, Country, Bluegrass, Rock - auf jeden Fall erdig. Da passt’s, dass die Brüder gerne mal so zugewuchert sind wie Waldschrate.
In Köln spielten sie sich quer durch ihre Platten, machten dem Publikum mit Stücken von „I And Love And You“ genauso Spaß wie mit Songs vom Album „Mignonette“ oder „The Second Gleam“. Scott und Seth wechselten sich neben ihren Jobs an Banjo und Gitarre auch am Schlagzeug und am Keyboard ab, Bob Crawford ist mit mannsgroßem Kontrabass so zurückhaltend wie häufig die Kollegen mit dem handlicheren E-Bass und Joe Kwon ist möglicherweise der erste headbangende Cellist: Kein Wunder, dass diese spannendende Mischung aus traditionell und originell auch mal aus Punkgrass bezeichnet wird. Wer sich in Köln auf den Geheimtipp eingelassen hatte, erlebte energiegeladene Minuten voller Leidenschaft.