Düsseldorf. .

Ist ja auch ganz schön, wenn’s mal zügig geht mit der Parkplatzsuche. Auch drinnen Platz satt: 3000 zahlende Gäste bei Joan Baez in der abgehängten Philipshalle - ausverkauft sieht anders aus. Egal, der Empfangsbeifall zum unverwehbaren Traditional „Lily Of The West“ ist warm. Es gibt jüngere Songs, es gibt ältere Songs - und solche, „die Ihr hören wollt“, das weiß auch Joan Baez.

Im Januar ist die US-Sängerin mit den schottisch-mexikanischen Wurzeln 69 Jahre alt geworden, hier steht ein halbes Jahrhundert Folk-Geschichte auf der Bühne - mit der Frau, der Geliebten, die Bob Dylan in den 60er-Jahren zum großen Publikum verholfen hat. Am Ende wird sie dessen „Blowin’ in The Wind“ ohne Wehmut, ja routiniert aufführen. Gesungen, mit einem Ich in der Stimme, hat sie eher die zärtliche Abrechnung mit „His Bobness“, einer ihrer schönsten Songs überhaupt: „Diamonds & Rust“.

Ein Hauch von Raspel

Und als sie „Don’t Think Twice, It’s Alright“ mit einem Hauch von Raspel anstimmt, stimmt wirklich einmal alles. Denn selbstverständlich ist ihre Stimme gealtert und trägt sie nicht mehr in jene Höhen, die mal ihr Markenzeichen waren, das Begnadete an ihrem Gesang, das ihren Sicherheitsabstand von Kitsch und Kunstgewerbe gewährleistete. Auf der Bühne unternimmt Joan Baez hier und dort noch Anläufe, sich in sopraneske Höhen aufzuschwingen, das mag schiere Gewohnheit sein oder gar eine vermeintlich nötige Konzession ans reminiszenzverliebte Publikum. Aber es sind nicht die Glanzmomente des Konzerts.

Das Kristallklare ist perdu, und wie schön gerade die Gesang gewordenen Lebensschrammen klingen können, wie viel sie erzählen jenseits aller Songtexte, das ist ihrem 2008er-Album „Day After Tomorrow“ abzulauschen. Damit ist sie halbwegs von der Folk- auf die Country-Schiene eingeschwenkt, „Scarlet Tide“ und „God is God“ bezeugen das live mit einer leichten Blues-Note obendrauf. Die grandiose A-Capella-Nummer „Jericho Road“ blieb leider im Gepäck.

Stattdessen „Sag mir, wo die Blumen sind“ zum Mitsingen (Höchstausschlag auf dem Applausometer), tunesische und brasilianische Preziosen im Original und jener Woodstock-erprobte „Sweet Sir Galahad“, der als langhaariger Hippie bei ihrer Schwester durchs Fenster eingestiegen war: „Schade, das gibt’s heute gar nicht mehr, bei den Gittern davor…“ Hinter Gittern saßen am Ende, nach fast zwei Stunden, wieder Sacco und Vanzetti, und fast symptomatisch mündet „Here’s to you“ in ein „La, lala, lalalalala“.