Essen. Ginger Baker schrieb am Schlagzeug Rockgeschichte. Genial und wegweisend am Instrument, streitsüchtig gegen andere und zerstörerisch gegen sich selbst, verschliss er vier Ehefrauen und zersprengte doppelt so viele Bands. Ein Dokumentarfilm zeichnet das Leben des heute 74-Jährigen nach.

„Wer ein Problem mit mir hat, kann ja herkommen und mir eins auf die Nase geben. Ich werde bestimmt keinen verklagen, aber ich schlage zurück.“ Der Mann, der das sagt, ist 74 Jahre alt und kein Mann, der schnell Freundschaften schließt. Selbst im guten Falle ist Vorsicht geboten. Wo bei anderen das Schild an der Tür vor dem Hund warnt, heißt es bei ihm: „Beware of Mr. Baker“, und genau so heißt auch der ihm gewidmete Dokumentarfilm des Amerikaners Jay Bulger.

Ginger Baker, der 1939 im Londoner Vorort Lewisham zur Welt kam und sich mit 14 zum Trommeln bekannte, schrieb am Schlagzeug Rockgeschichte. Genial und wegweisend am Instrument, streitsüchtig gegen andere und zerstörerisch gegen sich selbst, verschliss er vier Ehefrauen und zersprengte doppelt so viele Bands, darunter die Graham Bond Organization, Cream, Blind Faith, und Air Force. Er konsumierte harte Drogen im Exzess, und sein Zigarettenkonsum übertrifft den Helmut Schmidts um ein Vielfaches.

Interviewer holte sich gebrochene Nase

Und doch lautet ein frühes erstauntes Fazit im Film: „Ginger Baker ist nicht nur immer noch am Leben, er ist immer noch ein Verrückter.“ Der Mann lebte auf einem abgezäunten Grundstück in Tulbagh, als ihn Jay Bulger, Ex-Boxer und Ex-Model, dort aufspürte und in einem Artikel porträtierte. Für die Dreharbeiten zum zweiten Interview blieb er über Wochen auf Bakers Ranch und holte sich am Ende eine gebrochene Nase.

Ein reiner Gesprächsfilm ist es aber längst nicht. Bulger unterschneidet die Lebensbeichte Bakers mit zeitgenössischen TV- und Filmaufnahmen und mit Kommentaren berühmter Wegbegleiter. Zudem illustrieren animierte Fotos und Zeichentricksequenzen in Aquarellfarben besonders dramatische Zuspitzungen aus Bakers ereignisreichem Leben, das er von einem Fernsehsessel aus hinter dunkelster Sonnenbrille in knochentrockenen Worten Revue passieren lässt. Das anzuschauen ist faszinierend aus nostalgischer und menschlicher Sicht.

  • Wertung: Vier von fünf Sternen