Essen. Exit Marrakech heißt das neue Familien-Drama von Erfolgs-Regisseurin Caroline Link. In den Hauptrollen spielen Ulrich Tukur und ein sympathisch offener Samuel Schneider. Nordafrika ist hier der gefällige Hintergrund für die Standardsituation eines Vater-Sohn-Konflikts.

Caroline Link ist eine Regisseurin mit einem klaren Thema, in ihren Filmen geht es hauptsächlich um die Beziehungsprobleme in Familienverbänden. Ob das nun ein taubstummes Elternpaar ist, das sich einer musisch begabten Tochter gegenübersieht („Jenseits der Stille“), ob eine Familie, die während des Exils auf dem schwarzen Kontinent auseinander zu brechen droht („Nirgendwo in Afrika“) oder ob Mutter und Tochter, die mit ihrer Trauer nach dem Selbstmord des Sohnes sehr unterschiedlich umgehen („Im Winter ein Jahr“).

Das zeigt eine konsequente Haltung, die sie bereits zweimal in Oscar-Nähe gebracht hat, einmal davon erfolgreich. Auch bei ihrem neuen Film „Exit Marrakech“ bleibt Link diesem Thema treu.

Ben auf Konfrontationskurs mit seinem Erzeuger

Diesmal steht der knapp 17-jährige Ben (sympathisch offen: Samuel Schneider) im Zentrum, Sohn eines geschiedenen Paares, den Vater Heinrich (Ulrich Tukur) in den Ferien gerne einmal bei sich hätte. Daddy ist ein erfolgreicher Theaterregisseur, der mit seiner Inszenierung von „Emilia Galotti“ gerade in Marrakesch gastiert.

Ben geht schon sehr bald wieder auf Konfrontationskurs mit seinem Erzeuger. Weder kann er einen Sinn darin erkennen, einen deutschen Klassiker für die Bildungsbürger in Marokko aufzuführen, noch fühlt er sich auf Dauer in der 5-Sterne-Herberge bei seinem Vater wohl. Ganz davon zu schweigen, dass der sich seine Kenntnisse von Land und Leuten aus Reiseführern oder Büchern zusammensucht.

Auf der Suche nach dem wahren Marrakesch

Doch damit zeigt er lediglich eine Haltung, die leider auch dieser Film über weite Strecken einnimmt. Nordafrika, das ist hier meist nicht mehr als der gefällige Hintergrund für die Standardsituation eines Vater-Sohn-Konflikts im Umfeld gehobener Kultur-Schickeria. Auch Ben wird irgendwann mal dazu gehören, denn schon jetzt schreibt er Kurzgeschichten, die den Rektor seines Internats (Gastauftritt: Josef Bierbichler) haben aufhorchen lassen.

Ben (Samuel Schneider) und Karima (Hafsia Herzi).
Ben (Samuel Schneider) und Karima (Hafsia Herzi).

Jetzt aber gibt er noch den Rebellen, sucht er noch das wahre Marrakesch, das aber leider auch nur aus Gauklern und Marihuana-Dealern besteht. Und aus der jungen Prostituierten Karima (Hafsia Herzi), die ihren Körper in der Stadt verkauft, um die Familie auf dem Land zu versorgen. Als sie ihre Eltern besuchen will, schließt Ben sich ihr an.

Die Nähe in der Enge eines Autos

Der Zuschauer lernt nun wenigstens etwas über die strengen Regeln der Moral im ländlichen Marokko, aber das hatte er wahrscheinlich schon vermutet. Ansonsten nimmt er an dem Schicksal eines zweistündigen Films teil, den Link weiter vor sich hin plätschern lässt, ohne Ansätze von Gefahr oder Dramatik zu zeigen. Erst als Heinrich seinen Sohn endlich aufgespürt hat, er in einsamer Umgebung einen Unfall baut und dem Diabetiker Ben die Medikamente ausgehen, hebt ein Schwung an.

Natürlich kommen sich Vater und Sohn in der Enge eines Autos schrittweise wieder näher. Und es sind dies die einzigen Momente des Films, in denen tatsächlich so etwas wie Wahrhaftigkeit ins Spiel kommt. Heinrich beginnt danach wieder zu hoffen, dass sein Sohn ihn am Ende der Ferien doch noch begleiten wird zu Vaters neuer Frau und der kleinen Halbschwester, die Ben noch nie gesehen hat. Der alte Mann, der sich noch einmal eine Jungfamilie gebastelt hat — ein Klischee, das dem Film schließlich als Ausdruck wahren Glücks reicht.

Wertung: Drei von fünf Sternen