Essen. Er mache Filme für die nächsten 40 Jahre, stellt Quentin Tarantino ohne falsche Bescheidenheit fest. Bloß nicht zu früh am Tag, sagt der Regisseur von "Inglourious Basterds": "Ich stehe nicht um 9 Uhr auf und fange mit Schreiben an – das wäre ja wie ein richtiger Job".

Er gilt als der Mister Übercool des Kinos: Mit den „Reservoir Dogs" hat Quentin Tarantino in Cannes auf sich aufmerksam gemacht, mit „Pulp Fiction" holte er die Goldene Palme. Wegen seiner drastischen Gewaltdarstellung ist der einstige Videotheken-Kassierer nicht unumstritten. Nach „Kill Bill" und „Death Proof" widmet sich Tarantino nun mit den „Inglourious Basterds" dem Kriegsfilm.

Was hat es mit dem Titel Ihres Filmes auf sich? Es handelt sich ja nur sehr entfernt um das Remake der italienischen Vorlage aus den 70ern

Quentin Tarantino: Stimmt, die einzige Gemeinsamkeit mit dem Original ist dieser Titel. Aber genau diesen Titel liebe ich schon seit sehr langer Zeit, seit ich mit 17 Jahren diesen Film im Fernsehen gesehen habe. Damals wollte ich sogar ein Buch mit diesem Titel schreiben und darin Interviews mit meinen Lieblingsregisseuren veröffentlichen. Aus dem Projekt ist dann nichts geworden - kein Wunder, wenn man 17 ist.

Ist die absichtlich falsche Schreibweise „Basterds" ein Werbetrick, damit die Leute stolpern und sich dann den Titel besser merken?

Tarantino: Nein. Aber ich möchte die Schreibweise nicht kommentieren, sie ist mein künstlerischer Federstrich. Das zu analysieren oder zu erklären, wäre verkehrt. Man fragt den Maler Basquiat ja auch nicht, warum er die Rechnung eines Restaurants auf seine Leinwand klebte.

In Berlin gibt es ein Restaurant, das ein Fan nach Ihnen benannt hat und seit kurzem auf dem Filmgelände in Babelsberg auch eine Straße, die nach Ihnen heißt.

Tarantino: Das war eine ganz fantastische Sache für mich. Ich war bereits beim Drehen völlig begeistert von diesen Straßennamen, die nach diesen großartigen Regisseuren aus Babelsberg benannt wurden - und nun gibt es dort eine Kreuzung Pabst-Straße/Tarantino-Straße.

Wie sehr interessiert Sie die Zeit des Zweiten Weltkriegs?

Tarantino: Ich habe mich schon immer für Geschichte interessiert, allerdings ich bin jetzt kein Zweiter-Weltkrieg-Freak. Mich faszinieren die Filme aus dieser Zeit enorm. Oft wird das als Hollywood-Propaganda gegen die Nazis beschrieben, aber so sehe ich das überhaupt nicht. Viele der Regisseure mussten aus Europa fliehen, oft mit Sorgen um ihre Angehörigen in der Heimat. Dennoch schufen sie im Exil so verblüffend unterhaltsame Filme mit viel Humor und grandiosen Dialogen.

Sind Sie bisweilen genervt von dem Wirbel, der um Sie gemacht wird? Kultfilmer und Kino-Ikone?

Tarantino: Nein, das hat überhaupt keinen Einfluss auf mein Leben. Ich mache meine Arbeit, nur das ist wichtig. Auch wenn es angeberisch klingen mag, meine ganze Karriere basiert auf Mut. Ich mache nicht Filme für den Augenblick. Ich mache Kino für die nächsten 40 Jahre.

Wie diszipliniert arbeitet ein Tarantino? Stehen Sie um acht Uhr auf wie Woody Allen und schreiben dann? Oder ist alles eher Chaos?

Tarantino: Ich bin nicht chaotisch. Allen muss so arbeiten, weil er jedes Jahr einen Film macht. Zum Prozess des Schreibens gehört das Nachdenken über das Schreiben. Also gibt es Zeiten, wo ich über das Schreiben nachdenke. Ich stehe nicht um 9 Uhr auf und fange mit Schreiben an – das wäre ja wie ein richtiger Job.

Wie steht es um den Erwartungsdruck? Sie sollen jedes Mal das Rad neu erfinden mit ,tarantinoeskem Stil'.

Tarantino: Ich bin wohl der einzige, der nicht weiß, was „tarantinoesk" bedeuten soll. Ich schreibe ganz normal meine Sachen – natürlich ist das dann alles „tarantinoesk", aber eben nur, weil es von mir stammt. Jede weitere Bedeutung des Wortes wäre mir unklar.

Haben Sie neben der Liebe zum Kino noch Zeit und Leidenschaft für eine andere Liebe?

Tarantino: Wenn ich verliebt bin, bin ich ausgesprochen leidenschaftlich. Wie wohl die meisten von uns bin auch ich dann am glücklichsten, wenn ich jemanden liebe.