Essen. Der britische Schauspieler Jude Law hat im Laufe seiner steilen Karriere schon viele interessante Rollen absolviert. In Steven Soderberghs Thriller „Side Effects“ sieht man ihn nun als Psychiater mit depressiver Patientin. Im Interview spricht er über Rollenwahl und gelegentliche schlechte Laune.
Für seine Rolle in „Der talentierte Mr. Ripley“ wurde Jude Law anno 2000 für den Oscar nominiert. Danach engagierten ihn renommierte Regisseure wie Steven Spielberg („A.I. – Künstliche Intelligenz“), Mike Nichols („Hautnah“) oder Martin Scorsese („Hugo Cabret“). Zum Kassenknüller avancierte sein Auftritt als Dr. Watson in „Sherlock Holmes“. Nun gibt der 40-jährige Brite in Steven Soderberghs Pharmazie-Krimi „Side Effects“ einen wackeren Psychiater. Mit dem Schauspieler unterhielt sich Dieter Oßwald.
Mister Law, Sie geben hier den gutgläubigen Psychiater. Haben Sie zur Vorbereitung auf die Rolle psychiatrische Hilfe in Anspruch genommen?
Jude Law: Ein langjähriger Freund des Drehbuchautors arbeitet als Psychiater und war zugleich ausführender Produzent des Films. Mit ihm sprach ich stundenlang über diese Rolle und alle Details der Szenen. Wobei ich finde, dass Schauspieler mittlerweile viel zu viel über ihre Recherchen erzählen.
Haben Sie eigene Erfahrungen mit Psychiatern?
Law: Ich hatte selbst schon einige Sitzungen mit einem Psychotherapeuten aber noch nie eine Begegnung mit einem Psychiater. Die Herausforderung bestand für mich darin, diese Welt der Psychiatrie möglichst schnell zu begreifen ohne auf ein fünfjähriges Studium zurückgreifen zu können.
„Side Effects“ handelt von einer Heldin, die Ihre Depressionen mit starken Psychopharmaka in den Griff bekommen will. Wie weit sehen Sie die Krankheit Depression als Spiegel unserer Gesellschaft?
Law: Depressionen gab es schon immer. Allerdings hat sich die Sache durch die moderne Technologie schon ziemlich verschärft. Heute soll jeder rund um die Uhr funktionieren und Leistung bringen, ständig ist man erreichbar. Wenn der Schalter permanent auf „Ein“ steht und keine freie Minute mehr möglich ist, hat das mit Sicherheit auch Auswirkungen auf das Befinden.
Was tun Sie selbst gegen miese Stimmung?
Law: Ich habe gelernt, das Beste daraus zu machen. Meine Mutter sagte immer: ,Miese Stimmung ist genauso interessant wie gute Laune!’ (lacht) Je älter ich werde, desto mehr versuche ich, mich in solchen Situationen an meinen Beruf zu erinnern und ich sage mir: ,Jetzt lebe ich meine dunklen Seiten aus!’. Tatsächlich hilft allerdings am besten, wenn man Sport macht. Das vertreibt die trüben Gedanken.
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Haben Sie oft trübe Gedanken?
Law: Ich gehöre zu jenen Leuten, die schon mit schlechter Laune morgens aufwachen. Es ist jedoch keineswegs so, dass ich nun ständig niedergeschlagen wäre, das ist ganz einfach mein Gemütszustand am frühen Morgen. Ich brauche nur einen kleinen Kickstart und dann ist alles gut.
Schwarzer Kaffee zum Beispiel?
Law: Nein, ich trinke nie Kaffee. Das macht mich nervös und bereitet Magenprobleme. Ich bin ein totaler Fan von grünem Tee, der enthält ebenfalls viel Koffein, das jedoch viel besser verträglich ist. Ohnehin halte ich mich von Aufputschmitteln oder Pillen möglichst fern. Schwach werde ich nur dann, wenn es um Whiskey geht.
Was braucht eine Rolle, damit Sie Jude Law gefällt?
Law: Eine Rolle begeistert mich eigentlich erst dann richtig, wenn ich Angst vor ihr habe. Nur dann nämlich strengt man sich wirklich an und arbeitet sehr hart, um diese Angst zu überwinden.
Wie gehen Sie nach all den Jahren im Scheinwerferlicht mit dem Ruhm um?
Law: Wer prominent ist, verliert zwangsläufig Teile seines Privatlebens. Leute urteilen über dich, ohne dass sie dich kennen. Viele sind allerdings fest davon überzeugt dich zu kennen, weil sie in den Medien etwas gelesen haben oder weil sie die Rollen für bare Münze nehmen. Weil ich schon so lange im Scheinwerferlicht stehe, ist das für mich eigentlich der Normalzustand. Ein echtes Privatleben kenne ich schon lange nicht mehr.
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Sie sind gerade 40 geworden – ist das für Sie ein schwieriges Alter?
Law: Überhaupt nicht, ich habe mich die letzten zehn Jahre schon wie vierzig gefühlt! (lacht) Ich habe eine große Familie und damit große Verantwortung. Wenn man dann diese Zahl 40 erreicht hat, ist das eine wunderbare Gelegenheit zurückzuschauen auf das, was man erreicht hat. Für mich war die 40 also kein Grund zum Jammern – höchstens ein bisschen!
Keine Spur von Midlife-Crisis?
Law: Nein, ich war immer schon ein ziemlich analytischer Mensch. Um nachdenklich zu werden, benötige ich keinen runden Geburtstag. Gewissermaßen stecke ich in dieser Midlife-Crisis schon, seit ich 25 geworden bin! Aber fragen Sie mich noch mal in zehn Jahren, was ich darüber denke, dass ich nun 50 bin!