New York.. Große Namen aus der Nachbar-Industrie Film sind seit Jahren die solideste Versicherung für einen Hit im New Yorker Theater-Distrikt. Tom Hanks, zum Beispiel, war noch nie so ein liebenswürdiges Schwein wie in „Lucky Guy“. Broadway im Glück mit einer wahren Geschichte.
In den rauen 80er und 90er Jahren liegen die Geschichten für Reporter der New Yorker Revolverblätter auf der Straße; meist in ihrem eigenen Blut. 2000 Schusswaffentote im Jahr, Drogen im Überfluss und eine von Korruption zerfressene Polizeibehörde machen Tag für Tag Auflage.
Mike McAlary, mal Witwenschüttler, mal gnadenloser Faktenchecker, immer trinkfest und laut, liefert den Stoff für die Schlagzeilen. Unaufhaltsam scheint sein Aufstieg. Bis ihn der Suff, ein Autounfall und der Krebs ausbremsen. Am Ende schleicht er sich nach der Chemotherapie in das Krankenhaus, in dem ein Haitianer liegt, verdroschen von New Yorker Cops. Mike McAlary schreibt die Geschichte auf und bekommt den Pulitzerpreis. Monate später, Weihnachten 1998, ist er tot. 41 Jahre alt. Will man sowas sehen? Im Theater? Man muss. Tom Hanks war noch nie so ein liebenswürdiges Schwein wie in „Lucky Guy“. Broadway im Glück mit einer wahren Geschichte.
Al Pacino, Ethan Hawke, Jude Law und Julia Roberts
Große Namen aus der Nachbar-Industrie Film sind seit Jahren die solideste Versicherung für einen Hit im Theater-Distrikt, jedenfalls finanziell. Wenn Stars wie Julia Roberts, Al Pacino, Ethan Hawke oder Jude Law zwischen der 42. und 46. Straße anrücken, ist fast unerheblich, was in den gut 40 Musentempeln abseits der Musical-Konfektionsware gegeben wird. Oder ob die alles andere als leicht zu befriedigende Kritiker-Gilde den Daumen senkt oder hebt.
Dass es bei weitem schwieriger ist, einen großen Theatersaal mit Präsenz zu füllen, als in Nahaufnahme mit einer Studio-Kamera zu flirten, ist gleichwohl nicht allen Hollywood-Importen immer bewusst. Ex-Tom Cruise Gattin Katie Holmes landete kürzlich mit „Dead Accounts“ einen formidablen Flop. Ebenso Debra Winger („Rachels Hochzeit“), die in „Die Anarchistin“ keine revolutionäre Darbietung zustande brachte. Scarlett Johanssons Mitwirkung in der diesjährigen Tennessee Williams-Adaption von „Die Katze auf dem heißen Blechdach“ dagegen war schauspielerisch nicht zu beanstanden, entfaltete nur am Kassenhäuschen nicht die erhoffte Magie.
Zuschauerandrang war schon vor der Premiere enorm
Danach sieht es bei Tom Hanks, 56, zweifacher Oscar-Preisträger und nach Großtaten wie „Forrest Gump“ und „Philadelphia“ eines der werthaltigsten Kino-Dickschiffe, nun wirklich nicht aus. Der Zuschauerandrang war schon vor der offiziellen Premiere am Ostermontag enorm. Die Eintrittskarten für die Voraufführungen im Broadhurst Theater kosteten im Schnitt 134 Dollar. Platz zwei in der Statistik. Wer für den regulären Spielplan, der zunächst bis Mitte Juni reicht, eine Karte mit barrierefreiem Sichtfeld anstrebt, muss 250 Dollar und mehr hinlegen.
Für Hanks ist die von einem erlesenen Ensemble mitgetragene Aufführung Herausforderung und Herzensangelegenheit zugleich. „Ich weiß nicht, ob ich das hinkriege und die schauspielerischen Mittel besitze“, gestand der täglich mit der U-Bahn anreisende Mime vor einigen Tagen in einem Interview. Noch wach sind die Erinnerungen an die ersten Vorsprech-Termine am Broadway Anfang der 80er Jahre, als Regisseure ihm nach wenigen Minuten die Tür wiesen. „Ich konnte nicht tanzen, ich hatte kein Stimmtraining und ich hatte kein Selbstbewusstsein.“ Alles inzwischen im Überfluss vorhanden.
Schlagzeilen im Kopf
Trotzdem zögerte Hanks, als Nora Ephron, die ihm fürs Kino Romanzen „Schlaflos in Seattle“ und „E-Mail für Dich“ auf den Leib schrieb und vor der Inszenierung im Sommer an Leukämie starb, das Skript präsentierte. Hanks größte Sorge: McAlary ist kein Sympath, den man als Zuschauer in den Arm nimmt. Erst mit der Zeit gewinnt Hanks seinem fluchenden, kettenrauchenden und sensationsgeilen Charakter nachdenkliche Züge von Würde und Ehrbarkeit ab. Und setzt der nicht nur in New York darbenden Zeitungsbranche nebenbei im Online-Einerlei-Zeitalter ein kleines Denkmal. „Mein größter Traum ist“, sagte Hanks vor der Premiere, „dass es jeden Abend Faustkämpfe an der Theaterkasse um die restlichen Stehplatzkarten geben wird.“ Typisch McAlary. Nichts als Schlagzeilen im Kopf.