Essen. Es hat schon viele Filme über Künstler gegeben. „Renoir“ besticht durch die Besonderheit, dass die Filmbilder in hohem Maße mit den impressionistischen Bildern Auguste Renoirs korrespondieren. Und dass sich das junge Modell Renee darin sichtbar wohlfühlt.

Von dem taiwanesischen Kameramann Mark Ping Bing Lee hat man noch nicht viel gehört. Wer jetzt aber den französischen Film „Renoir“ von Gilles Bourdos betrachtet, dem wird sich dieser Name einprägen. Bing Lee („In the Mood For Love“) schafft darin von Sommerlicht durchflutete Bilder und grünsatte Naturszenerien, die in ihrer flirrenden Leichtfüßigkeit den Geist des großen Impressionisten Auguste Renoir atmen. Derart sinnlich abgestimmt, denkt man unwillkürlich, müssten Biographien über Künstler stets verfilmt werden. Und wendet sich mit großer Lust der Geschichte zu, die Bourdos hier erzählen will – von dem alt gewordenen Künstler und der schönen letzten Muse seines Lebens.

Fortschreitende Arthritis

Die heißt Andree Heuschling (Christa Theret), ist ein schönes, rothaariges Bauernmädchen mit höchst unkonventionellen Ansichten für ihr jugendliches Alter und für die Zeit des Ersten Weltkriegs.

Michel Bouquet in seiner Rolle als Auguste Renoir (l) und Vincent Rottiers als Jean Renoir. Foto: Arsenal Filmverleih
Michel Bouquet in seiner Rolle als Auguste Renoir (l) und Vincent Rottiers als Jean Renoir. Foto: Arsenal Filmverleih

Man schreibt das Jahr 1915, als Andree am Alterssitz Renoirs in der ländlichen Idylle an der Cote d’Azur eintrifft. Der „Meister“, großartig verkörpert von dem greisen Chabrol-Star Michel Bouquet, hat den Tod seiner Ehefrau noch nicht überwunden. Er leidet an fortschreitender Arthritis, kann den Pinsel nur noch beschwerlich handhaben und sorgt sich um Sohn Jean, der gerade auf Krücken aus dem Krieg heimgekehrt ist. Die schöne Bauerstochter aber regt seine Lust aufs Malen wieder an. Sie hat die samtene junge Haut, die so wunderbar mit dem Sonnenlicht verschmilzt, ganz so, wie Renoir sich seine Modelle immer erträumt hat.

Vom Werden und Vergehen

Andree, unzweifelhaft auch eine sehr berechnende junge Dame, präsentiert ihm diese Haut nur zu gerne, die Aktbilder mit ihr wachsen sich zu Renoirs letzter großer Werkreihe aus. Es ist ein Film vom Werden und Vergehen: Während André unbekleidet durch die Wiesen tänzelt, sieht man die vier Damen des Künstler-Haushalts die arthritischen Hände des Malers waschen und neu verkleben. Ihre Anwesenheit hier lässt etwas von der Anziehungskraft des Impressionisten erahnen, denn man kann gewiss sein, dass auch sie einst seine Modelle oder seine Geliebten waren.

Einfach nur beobachten

Gilles Bourdos sucht nicht nach dem großen Drama, er will einfach nur beobachten und findet dafür genau den richtigen Rhythmus der Bilder. Tatsächlich erfährt man mit der Zeit eine ganze Menge. Über den Charakter des schönen Eindringlings beispielsweise, der sehr forsch auftaucht, sich auf eine Empfehlung von Henri Matisse beruft und wie selbstverständlich Teil des Lebens rund um Renoir wird.

Ein Teil auch des Lebens von Sohn Jean im übrigen, mit dem sie eine Affäre beginnt und dem sie ihre Sehnsucht nach der Schauspielerei offenbart. Nur ihretwegen, so heißt es, sei er später jener renommierte Regisseur geworden, dessen Filme das französische Kino nicht unwesentlich beeinflusst haben. Andree war der Star seiner ersten Erfolge, nannte sich Catherine Hessling und spielte die „Nana“ ebenso wie „Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern“.

Aber das ist eine spätere Geschichte, von der dieser Film nur kündet. Erst einmal sollte man „Renoir“ genießen.