Essen. . Dustin Hoffman, Hollywoods „Little Big Man“, inszenierte seinen ersten Spielfilm vergangenes Jahr im Alter von 75 Jahren. „Quartett“ spielt in einem Alterssitz für Musiker und Sänger aus dem klassischen Fach - Spätsommer hat dem Kino noch nie geschadet, wenn er so warmherzig und scharfzüngig erstrahlt wie in diesem Film.

Schauspieler fühlen sich gern auch zur Regie hingezogen. Nur wenige aber lassen sich dafür so viel Zeit wie Dustin Hoffman. Hollywoods „Little Big Man“ inszenierte seinen ersten Spielfilm letztes Jahr im Alter von 75 Jahren. „Quartett“ spielt dabei zwar in einem Seniorenheim, aber altbacken oder gar langweilig ist er auf gar keinen Fall.

Beecham House ist ein Alterssitz für Musiker und Sänger aus dem klassischen Fach. Und wie einst zu Karrierehochzeiten, so werden auch im vorgerückten Alter Kapriolen der Eitelkeit geschlagen, wird getuschelt und intrigiert, damit das eigene Ego ein wenig heller erstrahlen kann als das der Konkurrenz.

Alljährlicher Gipfelpunkt des Jahrmarkts der gespreizten Gefieder ist der große Verdi-Abend, für den auch dieses Mal der egozentrische Cedric (Michael Gambon) sich zum Regiedompteur aufschwingt. Vorerst aber stellt ein anderes Ereignis alles in den Schatten. Jean Horton (Maggie Smith), eine der ganz großen Primadonnen des Landes, wird in Beecham House Einzug halten. Eine delikate Situation eröffnet sich damit, denn Jeans Ex-Mann Reggie (Tom Courtenay) ist hier ebenfalls zu Hause. Aber auch die Sangeskollegen Wilf und Cissy (Bill Connolly und Pauline Collins) fühlen sich durch Jeans Ankunft befeuert. Denn vor drei Jahrzehnten sang man gemeinsam eine gefeierte Schallplattenaufnahme von Verdis „Rigoletto“ ein. Was läge also näher, als sich zum Galaabend noch einmal am Quartett „Bella figlia dell’amore“ zu versuchen? Noch aber stellen Jeans Ablehnung und die Schrullen aller anderen Beteiligten unüberwindliche Gräben dar.

Das Spiel mit geschliffenen Pointen über tiefen Seelengräben

Ein bisschen Spätsommer hat dem Kino noch nie geschadet, wenn er so warmherzig und scharfzüngig erstrahlt wie in diesem Film, mit dem Dustin Hoffman nun sein Regiedebüt im Spielfilm feiert. Dafür suchte er sich ein Bühnenstück von Ronald Harwood aus, in dem sich Eifersüchteleien und Grantelmanien entfalten, als ob die Muppet-Opas Waldorf und Stadler ein eigenes Seniorenheim eröffnet hätten.

Das Spiel mit geschliffenen Pointen über tiefen Seelengräben, die auch durch die Gebrechen des Alters keineswegs weniger scharf stechen, bietet weidlich Auslauf für schauspielerische Glanzleistungen aus Englands Charakterpool. Und Hoffman lässt seinem erlesenen Ensemble gerne alle Freiheiten dafür. Die filmische Ausgestaltung fällt dagegen ab, zu allgegenwärtig ist der Bühnencharakter der Erzählung, zu formelhaft der Schnitt beim Szenenwechsel. Es ist eben zuerst und vor allem ein Schauspielerfilm, hier finden sich Tiefe und Geschlossenheit, wenn Blicke in Dekolletees gleiten, amüsiert eine Schnurrbartspitze gezwirbelt wird oder wenn man mit einer Schulklasse die Vorzüge von Klassik und Rap erörtert.

Dustin Hoffman hat erkannt, dass filmische Neuerungen seine Sache nicht sind. Dafür kennt er sich mit Gefühlen aus – sein Film ist zeitlos gut.