Essen. Der amerikanische Kultfilmer Quentin Tarantino huldigt mit seinen Filmen am liebsten den Helden seiner Jugend, speziell den Regisseuren und Schauspielern von B-Pictures. „Django Unchained“ ist eine Erinnerung an den Italo-Western, vor allem an Sergio Corbuccis „Django“.

In der großen Masse der in den USA produzierten Western, klagt Quentin Tarantino, habe es nur fünf gegeben, die sich des Themas Sklaverei angenommen hätten. Diese blamable Statistik will der ehemalige Videothekar und heutige Kultregisseur nun ein wenig aufbessern: Sein neuer Film „Django Unchained“ (ab Donnerstag im Kino), ästhetisch eine Hommage an die Italo-Western im Allgemeinen und Sergio Corbuccis „Django“ von 1966 im Besonderen, nimmt sich mit blutiger Ausdauer dieses düsteren Kapitels amerikanischer Geschichte an.

Und da Tarantino nicht zimperlich ist, führt er uns die Großgrundbesitzer des Südens dabei durchweg als sadistische Triebtäter vor, würdige Nachfolger der Nazi-Figuren in „Inglourious Basterds“.

Es erwächst eine Partnerschaft

Für diesen Film hatte er damals Christoph Waltz für das internationale Kino entdeckt und ihn als charmantes Monster gleich reif für den „Oscar“ gemacht. Auf diesen Schauspieler wollte der Regisseur auch bei seinem neuen Film nicht verzichten, weshalb wir den ehemaligen Wanderer durch deutsche Fernsehfilme nun als Kopfgeldjäger King Schulz wiedersehen, der seine Zielobjekte zwar emotionslos liquidiert, daneben aber ein Herz für Farbige besitzt, die ihrem Sklavendasein entkommen möchten.

Django (Jamie Foxx) befreit er noch aus eigenem Interesse aus den Händen seiner Peiniger, weil dieser „Nigger“ (ein damals noch sehr gebräuchlicher Ausdruck) ihm helfen kann, die gefürchteten Brittle Brothers zu identifizieren. Aus dem anfänglichen Zweckbündnis mit Django erwächst allmählich eine Partnerschaft, bei der man den ehemaligen Sklaven schon bald hoch zu Ross erleben kann. In den Südstaaten eine eher bizarre Erscheinung.

Suche nach Broomhilda

Es macht schon großen Spaß, Waltz dabei zuzuschauen, wie er als deutscher Emigrant ungemein wortreich Dinge beschreibt, bei anderen penibel auf den Satzbau achtet und überhaupt ein gebildeter Gentleman alter Schule zu sein scheint. Ritterlich wie er nun mal ist, verspricht er Django auch, dass er ihm bei der Suche nach dessen Frau Broomhilda behilflich sein wird, zumal dieser Name der Nibelungen-Sage entstammt. Mit diesem Unternehmen beginnt gleichzeitig auch eine Reise in die Finsternis menschlicher Brutalität.

Ausgerechnet Leonardo DiCaprio spielt in seiner ersten Schurkenrolle mit Calvin Candie den berüchtigtsten Sklavenhalter des Südens. Er veranstaltet in erlesenem Clubhaus-Interieur so genannte Mandingo-Kämpfe, bei denen alles erlaubt ist, weil nur einer überleben darf. Er ist es auch, der missliebige Sklaven gern von seinen Bluthunden zerfleischen lässt. Broomhilda auf Candies Plantage zu wissen, ist nicht gerade beruhigend.

Menschen in geschlossenen Räumen

In „Django Unchained“ erzählt uns Tarantino erneut von seiner Liebe zum Genrefilm alter Prägung, ebenso wie von seiner Verehrung für die Akteure in den B-Pictures vor allem der Siebziger. Vielen von ihnen verschafft er hier Gastauftritte, wobei Namen wie Bruce Dern, James Remar, James Russo oder Michael Parks wohl nur noch Kinogängern mit der Gnade der frühen Geburt geläufig sein werden.

Auf Candies Farm kann der Regisseur endlich auch seine Meisterschaft im Inszenieren von Menschen in geschlossenen Räumen unter Beweis stellen. Das Esszimmer wird in diesem Fall zum vibrierenden Spannungsfeld, wo jedes falsche Wort die Lage kippen kann, sollte der Hausherr die wahren Absichten seiner Besucher erahnen. Man kennt solche Nervenbelastung seit „Revoir Dogs“, die ganze Bauernstuben-Eröffnung von „Inglourious Basterds“ ist schwelende Bedrohung. Und auch in „Django“ versteht Tarantino es wieder meisterlich, seine Zuschauer zu Mitleidenden zu machen.