Essen. . Fahrradboten führen ein Berufsleben auf der Überholspur. Das birgt eine Menge Nervenkitzel, naturgemäß aber auch Risiken. Im Stile eines Thrillers mit besonders scharfer Action-Beschleunigung versucht der Kinofilm „Premium Rush“ daraus Kapital zu schlagen.

Fahrradkuriere auf den Straßen von New York müssen härter drauf sein als anderswo auf der Welt. Wilee ist der beste von allen und ganz besonders dann, wenn er mit seinem Rad ohne Schaltung und Bremse einen besonderen Eilauftrag, eben einen Premium Rush zu bestreiten hat.

Aber auch Wilee gerät an seine Grenzen, als er eine Briefsendung nach Chinatown bringen soll und sich ihm plötzlich ein zwielichtiger Polizist (ganz psychotisch: Michael Shannon) an die Fersen heftet, der sich für keine Lüge und keine Gewalttat zu schade ist. Dass auch noch Konkurrenz aus dem eigenen Lager sowie ein verfolgungswütiger Fahrradcop mitmischen, macht die Sache nicht einfacher.

Das ist die Ausgangslage der neuen Regiearbeit des erfolgreichen Drehbuchautors David Koepp („Jurassic Park“), der als Regisseur zumindest optisch mächtig dazu gelernt hat. „Premium Rush“ sieht klasse aus und drückt pausenlos auf die Tube. Aus jeder Kreuzung und jedem Bordstein, Passanten, Autoverkehr und plötzlich sich öffnenden Türen und anderen Hindernissen wird mit potenziellen Kollisionsmanövern und Zwischensprints maximale Actionrasanz gezaubert.

Das Grinsen lässt ihn jung erscheinen

Das funktioniert eine Zeitlang richtig gut, zumal es mit Joseph Gordon-Levitt einen charismatischen Hauptdarsteller gibt, der die drahtige Physis eines Rennfahrers mitbringt und dazu noch über ein Bubigesicht verfügt, das den 31-Jährigen auch mal je nach Grinsen zehn Jahre jünger erscheinen lässt. Was insofern passt, weil der Mann schon seit über zehn Jahren im Geschäft ist und keinen Tag gealtert scheint, seit er als Tommy Solomon in der Kultserie „Hinterm Mond gleich links“ erste nachhaltige Duftmarken setzte und dann als Einzelgänger in „Brick“ auch in Hollywood salonfähig wurde.

Ganz cool im Designeranzug war er der erste Partner von Leonardo DiCaprio in „Inception“, außerdem war er Teil des Actionteams in „G.I. Joe – Geheimakte Cobra“. Dieses Jahr aber hat richtig gezündet, zuerst als Krebskranker in „50/50“, dann als Polizist und kommender Robin in „The Dark Knight Rises“, auf DVD als „Hesher – Der Rebell“ und zuletzt als Auftragsmörder in „Looper“.

Stets sieht Gordon-Levitt gleich aus mit den verquollenen Augen, dem glucksenden Grinsen und der Frisur eines Musterschülers, und doch wirkt er jedes Mal anders. Und schrittweise wird er auch immer besser; sogar als Fahrradkurier, der ganz unerwartet eine besonders heiße Ware für einen besonders guten Zweck zu transportieren hat.

Er ist nicht Indiana Jones

Als Leichtgewicht glaubt man ihm die schnellen Sprints, nicht aber das Höllentempo quer durch Manhattan. Wenn einer nie ermüdet, muss er schon Indiana Jones sein, wovon Gordon-Levitt (noch) ein paar Klassen entfernt ist. Und letztlich ist es ja nicht seine Schuld, wenn das Drehbuch die Glaubwürdigkeit bis zum Exzess überstrapaziert. Aber eine dumme Story ist nun mal eine dumme Story.

Und jeder Schauspieler hat das Drehbuch vorher zu lesen bekommen. Aber irren ist menschlich und Joseph Gordon-Levitt hat noch viel Luft nach oben.